Sie verantworten sozusagen die Königsklasse der Credit-Suisse-Privatkunden. Wie viel Geld ist nötig, um in Ihrem Bereich Aufnahme zu finden?
Rolf Bögli: Grundsätzlich betreuen wir im Bereich «Premium Clients Switzerland» Kunden ab einem Vermögen von 25 Millionen Franken. Falls der Kunde noch bei einer anderen Bank Vermögenswerte und spezielle Bedürfnisse hat, nehmen wir ihn natürlich auch mit geringeren Vermögenswerten bei uns auf.

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Wie kommt man an so vermögende Kunden heran?
Telefon-Akquise funktioniert da natürlich nicht. Am erfolgversprechendsten sind sogenannte Einführungen, indem potenzielle Kunden von der bestehenden Klientel vorgestellt werden. Solche Empfehlungen von zufriedenen Kunden sind der allerbeste Türöffner. Der Vorteil bei einer integrierten Bank wie der CS ist auch, dass wir mögliche Premium-Kunden aus einem anderen Geschäftsbereich der Bank, beispielsweise dem Firmenkundengeschäft oder Investment Banking, kennen und so die Einführung ins Private Banking erleichtert wird.

Wie viele Superreiche mit 25 Millionen Franken gibt es denn hierzulande?
Schätzungen gehen für die Schweiz von rund 4000 Personen oder Familien aus, die insgesamt etwa 430 Milliarden Franken besitzen. Internationalen Studien zufolge wird erwartet, dass das Segment der äusserst wohlhabenden Klientel jährlich deutlich über dem Durchschnitt von etwa 6 Prozent wachsen dürfte.

Wie viel davon betreut die Credit Suisse?
Das legen wir nicht offen.

Wer sind Ihre wichtigsten Konkurrenten?
Der Markt ist hart umkämpft. Wir zählen sicherlich die andere Grossbank auf dem Platz, zudem die Genfer Privatbanken und Julius Bär zu unseren aktivsten Mitbewerbern. Insgesamt ist der Markt aber stark fragmentiert. Es gibt eine Vielzahl von Akteuren. Dazu gehören auch unabhängige Vermögensverwalter und Family Offices.

Wenn von sehr grossen Vermögen die Rede ist, kommt schnell das Thema Steuerhinterziehung auf. Wie gehen Sie mit diesen Risiken um?
Kunden im Premium-Segment sind steuerehrlich. Sie bezahlen ihre Steuern. Oder anders gesagt: Das Letzte, was sehr vermögende Familien wollen, ist, auf dem Radar einer Steuerbehörde zu erscheinen.

Wie halten Sie es mit sehr reichen US-Kunden?
Die Credit Suisse ist 2008 aus dem grenzüberschreitenden Geschäft mit den USA ausgestiegen. Heute erfolgt bei der Credit Suisse die Vermögensberatung für amerikanische Kunden nur noch aus den USA selber.

Hat das Bankgeheimnis in Ihrem Geschäft überhaupt noch eine Bedeutung?
Durchaus. Gerade in Ländern, wo man «gläserne Kunden» hat ...

... wie zum Beispiel?
... in Deutschland, dort überlegen sich manche Leute, ein Konto in der Schweiz zu haben. Da geht es nicht um steuerliche Themen, sondern um Schutz der Privatsphäre, Diskretion, Servicequalität und Sicherheit.

Die Credit Suisse ist daran, ihr Private-Banking-Geschäft mit dem Asset Management, der Vermögensverwaltung für institutionelle Anleger, zusammenzulegen. Inwiefern sind Sie davon tangiert?
Mein Bereich wird ebenfalls von den vereinfachten Prozessen und der kürzeren Reaktionszeit profitieren

Wo steht die Credit Suisse bei dieser Reorganisation?
Per Ende Juni 2013 haben wir kommuniziert, wie die neue Organisation aussehen soll. Das Haus ist gebaut. Die verantwortlichen Personen sind bestimmt. Jetzt geht es an die Detailarbeit. (Weitere Fragen zu dem Thema Reorganisation will Rolf Bögli nicht beantworten, da sie nicht in seinen Verantwortungsbereich fallen.)

Was braucht es eigentlich, um das Personal alle zwei Jahre auf eine neue Organisation einzuschwören?
Guter Punkt. Steter Wandel ist anspruchsvoll. Grundsätzlich ist es ja nicht so, dass wir permanent umorganisieren, sondern sich das Umfeld verändert. Darauf müssen wir reagieren, genauso wie jeder Unternehmer. Das führt zu strukturellen Veränderungen, auf die nicht alle Mitarbeiter prima vista positiv reagieren. Meine Erfahrung ist, dass Mitarbeitende Verständnis aufbringen, wenn man die Gründe für die organisatorischen Veränderungen und die Marktentwicklungen transparent macht und erläutert.

Stellen Sie noch neue Leute an?
In meinem Bereich halten wir laufend Ausschau nach guten Kundenberatern. Wir führen insofern regelmässig Bewerbungsgespräche. Das Anforderungsprofil und damit die qualitative Hürde ist hoch gesetzt, was den Kreis der Kandidaten eher begrenzt. Und zudem besteht auch in diesem Bereich ein Kampf um die besten Talente.

Welche Botschaft geben Sie jenen Leuten auf den Weg, die sich bei Ihnen bewerben?
Dass wir unseren Marktanteil stark ausbauen wollen. Einerseits über die Anwerbung neuer Kunden und anderseits durch die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Bereichen innerhalb der Credit Suisse.

Überdurchschnittlich wachsen – wie soll das konkret vor sich gehen?
Die Wahrnehmung im Markt muss sein, dass die Credit Suisse betreffend Qualität und Breite der Dienstleistungen führend ist, insbesondere auch dank der Zusammenarbeit in der integrierten Bank. Das ist quasi die Voraussetzung. Wir betreuen über 2 Millionen Privatkunden bei der Credit Suisse. Darunter gibt es viele, die heute nur einen Teil ihres Vermögens bei uns haben. Diese Leute wollen wir ansprechen. Dazu kommt natürlich auch die klassische Neukunden-Akquisition. Tatsache ist aber, dass die Intensivierung einer bestehenden Kundenbeziehung einfacher ist als die Akquisition eines Neukunden. In beiden Fällen geht es darum, möglichst konkret auf die Bedürfnisse der Klientel einzugehen.

Das können alle anderen Banken auch.
Grundsätzlich schon, aber ich gebe Ihnen noch ein konkretes Beispiel. Wenn ein Kunde einen 300-Millionen-Franken-Kredit haben will und dafür als Bürgschaft eine einzige Aktienposition anbietet, stellt dies für manche Banken ein enormes Klumpenrisiko dar. Als grosses Institut mit einer Investmentbank können wir diese Position jedoch absichern – und den Kredit vergeben.

Mit Ihrem Fokus auf sehr reiche Menschen gehen wohl viele aktuelle Probleme des Schweizer Finanzplatzes an Ihnen vorbei.
Dem würde ich widersprechen. Unsicherheit ist grundsätzlich schlecht fürs Geschäft. Und dennoch bleibt der Finanzplatz Schweiz attraktiv. Nicht nur als Finanzplatz, sondern auch als Lebensmittelpunkt für sehr wohlhabende Menschen. Damit ist eine Wohnsitzverlagerung in die Schweiz weiterhin eine wichtige Option. Die Schweiz bietet sowohl wirtschaftlich als auch politisch eine gute Basis; auch aus Sicherheitsüberlegungen ist unser Land für Vermögende mit Kindern interessant.

Welche Prioritäten setzen Sie in den nächsten sechs Monaten?
Zum einen müssen wir sicherstellen, dass wir weiterhin den regulatorischen und gesetzlichen Anforderungen und Veränderungen zu 100 Prozent entsprechen. Hier investieren wir viel in Ausbildung und Training unserer Mitarbeitenden. Zum andern wollen wir eine wachstumsbezogene Kultur etablieren.

Wie bitte?
Es ist unser Ziel, dass sowohl der Kunde wie auch die Bank Erfolg haben – in der Vermögensvermehrung wie auch in der Erzielung von Rendite. Intern bedeutet das, dass sich unsere Kundenberater auch für Neugeld verantwortlich fühlen.

Wie muss man sich das vorstellen?
Jeder Kundenberater entwickelt gemeinsam mit dem Teamleiter Ideen, wie er potenzielle Neukunden angehen kann – dies zusätzlich zur Entwicklung der bestehenden Kunden. Im nächsten Schritt wird es dann darum gehen, diese Kunden anzusprechen, sei es über eine Empfehlung, also einen Türöffner, ober über eine Fachveranstaltung, wie wir sie regelmässig organisieren, oder über einen Event, der sich nicht mit Geld kaufen lässt. Meist braucht es eine Kombination der verschiedenen Vorgehensweisen.

Mussten die Kundenberater denn früher nicht akquirieren?
Klar ist, dass der Konkurrenzkampf heute viel grösser ist als früher. Der Kunde vergleicht gerade im Premium-Segment laufend die Qualität der Dienstleistungen. Damit spielen heute Ausbildung und Entwicklung der Kundenberater eine viel wichtigere Rolle.

Worauf kommt es an?
Weniger reden und mehr zuhören ist die Kunst. Gerade die sehr begüterte Klientel weiss in den meisten Fällen ganz genau, was mit ihrem Vermögen geschehen soll. Für einen Kundenberater ist es daher zentral, dass er zuhört, so dass er die Bedürfnisse erkennt und die nötigen Spezialisten innerhalb der Bank beiziehen kann. Das braucht viel Einfühlungsvermögen und Geduld. Langfristiges Denken ist angesagt. Das meine ich mit wachstumsbezogener Kultur. Ich bin sicher, das werden Sie vermutlich nicht von vielen anderen Bankern hören.

Der Mensch

Name: Rolf Bögli
Funktion: Leiter Premium Clients Switzerland & Global External Asset Managers
Alter: 49
Wohnort: Hilterfingen BE
Familie: Verheiratet, drei Kinder

Ausbildung:
1980–1983: Banklehre
1990: Betriebsökonom, HWV Bern
1995: Executive MBA, Universitäten Rochester-Bern

Karriere:
Bis 2009: Diverse Führungspositionen im Private Banking der UBS
2009–2011: Leiter Private Banking Switzerland, Credit Suisse
2011–2012: Chief Operating Officer, Private Banking, Credit Suisse
Seit 2013: Leiter Premium Clients Switzerland & Global EAM