Die Schweizer Börsenschwergewichte lassen sich vorerst nicht von der Auseinandersetzung zwischen der Schweiz und der EU aus der Ruhe bringen. «Abwarten und beobachten», lautet die Devise. Grosse Auswirkungen erwartet kaum ein Unternehmen.
Am Montag ist der Zugang der Schweizer Börse zu den europäischen Finanzmärkten ausgelaufen. Die Nachrichtenagentur AWP hat alle 20 Unternehmen, die im Schweizer Leitindex SMI enthalten sind, zu ihren Plänen befragt. 13 der zwanzig Konzerne haben am Montag noch keinen Abwanderungsplan in Aussicht gestellt. Sechs nahmen bisher nicht Stellung, einer lehnte eine Stellungnahme ab.
«Für uns ändert sich im Moment nichts», hiess es etwa bei der UBS. Auch ABB und SGS wollen an der Schweizer Börse kotiert bleiben, erklärten die beiden Unternehmen auf Anfrage. «Wir werden der Schweizer Börse sicher treu bleiben», hiess es auch bei Sika.
«Wir verfolgen die Entwicklung der Äquivalenzdiskussion und sehen keinen Anlass, die Notierung unserer Aktien an der Schweizer Börse zu überdenken», erklärte Swiss Life und der Rückversicherer Swiss Re sieht «keine Notwendigkeit von Sofortmassnahmen.»
Auswirkungen noch unbekannt
Der mittlerweile aktivierte Notfallplan des Bundesrates verbietet jenen ausländischen Börsen den Handel mit Schweizer Aktien, deren Länder ihrerseits nicht uneingeschränkt den Handel mit Schweizer Aktien erlauben. Das Verbot gilt also für Börsen in EU-Staaten.
Und zum heutigen Zeitpunkt ist es noch kaum möglich, die Auswirkungen der Nichtverlängerung der Börsenäquivalenz auf das Handelsvolumen und den Schweizer Aktienmarkt abzuschätzen. Die SMI-Unternehmen scheinen sich denn momentan vor allem darauf zu fokussieren, was genau mit der Marktliquidität ihrer Aktien passiert.
Wait and see
Novartis etwa rechnet mit «keinen wesentlichen» Folgen. Ähnlich tönt es bei Roche, Nestlé, ABB oder LafargeHolcim. Die genannten Unternehmen gaben zwar in ihren Stellungnahmen kein klares Bekenntnis zur Schweizer Börse ab, deuteten aber auch keine Abwanderungspläne an.
Interessant in diesem Zusammenhang: Vor sieben Monaten signalisierten den Tamedia-Zeitungen noch 14 der 20 SMI-Unternehmen explizit, sie würden dem heimischen Handelsplatz treu bleiben, auch wenn die Börsenäquivalenz auslaufe. Sechs SMI-Unternehmen bezogen seinerzeit keine Stellung.
Eines wird aus den bisher bei AWP eingegangenen Antworten klar: Die Firmenverantwortlichen haben die Entwicklungen genau im Auge. «Wir beobachten die politischen Diskussionen sehr genau», war eine der meistgenannten Antworten. Man werde sich «bei Bedarf an die weitere Entwicklung anpassen», ergänzte der Versicherer Zurich.
Mehrfachkotierung kein Problem
Kein Problem haben Firmen mit einer Mehrfachkotierung in der Schweiz und im Ausland. Einige Unternehmen haben ihre Aktien aus historischen Gründen noch an einer europäischen Börse gelistet. So etwa LafargeHolcim (Euronext Paris), ABB (Nasdaq SE in Stockholm) und Aryzta (ISE in Dublin)
Wenn diese Zweitkotierung aber bereits vor dem 30. November 2018 bestand, greift eine Ausnahmeregelung im Notfallplan des Bundesrates. Ausländische Börsen benötigen für den Handel mit diesen Titeln keine Anerkennung. LafargeHolcim, ABB und Aryzta müssen sich also nicht entscheiden, wo sie künftig kotiert sein wollen.
Laut dem Zementkonzern LafargeHolcim wird die überwiegende Mehrheit von mehr als 95 Prozent der Aktien ohnehin in Zürich gehandelt und nur ein kleiner Teil in Paris. «Wir beobachten die Situation sehr genau», sagt auch LafargeHolcim.
Newron hat gehandelt
Etwas komplizierter wird es für ausländische Firmen mit einer Kotierung in der Schweiz. Denn die Massnahmen des Bundesrates betreffen nur Gesellschaften mit Sitz in der Schweiz. Zu dieser Kategorie gehören Firmen wie AMS, Cosmo oder Newron.
Erste Konsequenzen hat der Pharmakonzern Newron getroffen. Dessen Aktien sind seit vergangener Woche nun auch an der Börse Düsseldorf handelbar. Newron begründete die Zweitkotierung ausdrücklich mit den «andauernden Diskussionen um den Rahmenvertrag zwischen der EU und der Schweiz.»
(awp/mlo)