Mit einer Kundenbasis von derzeit 96 Millionen zahlenden Abonnenten ist Spotify der grösste Musikdienstleister der Welt. Diesen Rang könnte das Unternehmen mit Sitz in Stockholm jedoch bald an einen neuen Aspiranten verlieren. Mit der Tencent Music Entertainment Group ist im Dezember letzten Jahres ein weiterer Player aus dem Sektor an die Börse gegangen. Für Spotify kann dies in den kommenden Jahren zu einer ernst zu nehmenden Bedrohung werden.
Spotify – fehlende Profitabilität belastet
Die Geschäftsentwicklung von Spotify im abgelaufenen Geschäftsjahr sieht auf den ersten Blick recht positiv aus. Zwar hat Spotify auch im zwölften Jahr seiner Unternehmensgeschichte auf Jahresbasis einen Verlust erwirtschaftet. Das Unternehmen schloss jedoch die zweite Jahreshälfte mit einem Gewinn ab und erweckt den Eindruck, dass die Trendwende in Richtung Profitabilität endlich gelungen ist.
Bei genauerer Betrachtung des Geschäftsberichts stellt man aber fest, dass diese Gewinne auf Einmaleffekte zurückzuführen sind und somit den moderaten Jahresverlust von 78 Millionen Euro erklären. In den Jahren 2017 und 2016 lag der Verlust mit 1,24 Milliarden Euro und 539 Millionen Euro deutlich höher.
Und auch die Umsätze scheinen sich auf den ersten Blick gut zu entwickeln. So stieg der Umsatz 2018 im Vergleich zu 2017 um gute 32 Prozent. Die Wachstumsrate lag drei Jahre zuvor jedoch bei 78 Prozent. Dies deutet auf einen Verlust an Momentum hin.
Darüber hinaus ist Spotify stark von seinen Premium-Kunden abhängig, die 90 Prozent des Gesamtumsatzes generieren. Die restlichen 10 Prozent stammen von der kostenlosen Nutzung einer eingeschränkten Version des Dienstes, der mit Werbung gegenfinanziert wird.
Der Branchendruck nimmt zu
Mit Amazon Music, Apple Music und Youtube Music hat Spotify in den westlichen Ländern zudem eine starke Konkurrenz. Das ist insbesondere für die Endnutzer erfreulich, da der Preisdruck zunehmen dürfte. Während für Spotify das Musikstreaming die Haupteinnahmequelle darstellt, ist dieses Segment für die genannte Konkurrenz lediglich ein Nebengeschäft. Um sich Marktanteile zu sichern, dürften sie bereit sein, dieses Segment für längere Zeit mit einem Verlust laufen zu lassen, um somit Spotify aus dem Markt zu drängen.
Für Spotify bedeutet dies schon heute deutlich fallende Margen. So sank für das schwedische Unternehmen die durchschnittliche Profitabilität pro Premium-User von 6.20 Euro in 2016 auf 4.81 Euro in 2018.
Tencent Music Entertainment könnte den Musik Markt revolutionieren
Mit Tencent Music Entertainment bekommt Spotify nun auch Druck aus dem Osten. Nicht etwa weil Tencent den Schweden in Asien Marktanteile abnimmt. Zum einen spielt für Spotify der asiatische Markt derzeit in der Bilanz kaum eine Rolle. Zum anderen ist Tencent in Asien bereits heute der grösste Anbieter von Musikstreaming. Druck baut Tencent vielmehr durch ein vollständig neues Konzept als ganzheitlicher Musikdienstleister an. Dieses wird in den kommenden Jahren wohl auch in der westlichen Welt an Popularität gewinnen.
Die monatliche Gebühr für ein Musikabo, so wie es Spotify anbietet, ist vielen Chinesen zu teuer. Weiter stellt die Musikpiraterie in China noch ein grosses Problem darstellt. Deshalb hat Tencent sein Angebot revolutioniert. Tencent hat es in China geschafft seinen Nutzern ein soziales Ökosystem von verschiedenen Apps anzubieten Nutzer werden animiert mehr Zeit mit den Apps zu verbringen und der Wechsel zur Konkurrenz wird erschwert. Dieses Angebot reicht von Online Musik, über Live Streaming bis hin zu Online-Karaoke. Die Anwender können somit eigene Inhalte posten und mit Freunden und Bekannten teilen.
Tencent – Wachstumsstark und profitabel
Der Umsatz von Tencent ist von 2017 auf 2018 um 73 Prozent auf 2.8 Milliarden US Dollar gestiegen. Gleichzeitig konnte Tencent im abgelaufenen Geschäftsjahr einen Gewinn in Höhe von 266 Millionen US Dollar erzielen. Der Gewinn wäre noch höher ausgefallen, wenn ein Einmaleffekt in Höhe von 221 Millionen US-Dollar zur Aktienbeteiligung der Warner Music Group und von Sony Music Entertainment die Bilanz nicht belastet hätte. Damit erreicht Tencent das Ziel der Profitabilität direkt im ersten Jahr des Börsendebüts.
Gleichzeitig erzielen die Chinesen lediglich 30 Prozent ihrer Umsätze von monatlichen Abogebühren und sind somit weniger stark von einer einzelnen Nutzergruppe abhängig. 70 Prozent der Umsätze generiert das Unternehmen von freiwilligen Beiträgen, die die Nutzer nach eigenem Ermessen den Künstlern spenden – eine weitere Revolution im Musikgeschäft. In-App Käufe waren bislang ein hochprofitables Phänomen bei App-Spielen. Da verwundert es kaum, dass die Tencent Holding auch im Gaming Markt stark verankert ist und in Blockbuster wie Clash-of-Clans, League of Legends und Fortnite investiert.
Aber auch beim Onlinemusikstreaming müssen sich die Chinesen nicht verstecken. Mit Warner, Sony und Universal konnte sich Tencent die Unterstützung der Giganten im Musikgeschäft sichern. Mit mehr als 30 Millionen Musikstücken stehen die Chinesen den Schweden mit ihren 35 Millionen Liedern in (fast) nichts nach. Dies hat auch der Markt erkannt. Seit des IPOs Mitte Dezember 2018 legt die Aktie um 21 Prozent zu.
Für Spotify wird die Luft dünner
Zum einen droht Spotify aus dem Westen ein zunehmender Preiskampf. Zum anderen betritt mit Tencent ein profitables und revolutionäres Unternehmen die Bühne, das nur darauf wartet, den westlichen Markt zu erobern.
Spotify muss sich in den kommenden zwei Jahren neu erfinden. Die deutliche Erweiterung des Angebots und exklusive Angebote für die Premiumkunden sind dabei zentral. Sonst dürfte es für die Schweden schwer sein, das verlustreiche Geschäftsmodell fortzuführen. Spätestens dann nämlich sollten die Chinesen die Schienen für ihren Markteintritt in Europa und den USA gelegt haben und mit innovativen Ansätzen schnell Marktanteile gewinnen.
Ein spekulativer Ansatz, um auf eine Aufholjagd der Chinesen zu setzen, könnte ein Spreadtrade der beiden Unternehmen sein mit einer Long-Position in Tencent und einer gleichzeitigen Short-Position in Spotify.
*Christos Maloussis ist Market Analyst und Premium Client Manager bei der IG Bank.
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