Der Alternative Investment Market, kurz AIM genannt, hat im Juni das 20-jährige Bestehen gefeiert. Doch im Grunde genommen gab es für das Handelssegment für Wachstumsunternehmen an der Londoner Börse höchstens selektiv Veranlassung zum Feiern. Dagegen, diesen Geburtstag an die grosse Glocke zu hängen, spricht die bisherige Wertentwicklung des Index, notiert der AIM All-Share Index doch deutlich unter dem Startniveau des Jahres 1996 und noch weiter unter den im Zuge der Tech-Blase markierten Rekorden.

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Doch, wenn man es positiv sehen will, dann hat der Alternative Investment Market immerhin überlebt, was anderen vergleichbaren Handelssegmenten, wie dem Neuen Markt in Deutschland, nicht vergönnt war.

Bürde Branchengewichtung

Zieht man die jüngere Vergangenheit als Leistungsnachweis heran, dann steht seit Beginn der laufenden Hausse im März 2009 zwar immerhin eine Index-Verdoppelung zu Buche, doch das ist nicht nur im internationalen Vergleich relativ schwach, sondern auch weniger, als etwa bei anderen britischen Nebenwerteindizes wie dem FTSE Mid 250 und dem FTSE SmallCap.

Als Bürde des AIM erwies sich dabei rückblickend die Branchengewichtung. In den jungen Jahren war phasenweise die hohe Gewichtung der Tech-Firmen eine Belastung, während zuletzt der relativ hohe Anteil von Rohstoffunternehmen wegen ihrer Kursschwäche zum Nachteil wurde. Ausserdem gab es auch auf der Ebene von Einzelaktien einige Enttäuschungen, was sicherlich teilweise auch den laxeren regulatorischen Vorschriften geschuldet ist.

Markt für Stockpicker

Wer aber die richtigen Einzelwerte im Depot hatte, der konnte ganz dick verdienen. Von den Mitgliedern dieses Segmentes haben seit März 2009 mit 44 Aktien immerhin rund 10 Prozent der Titel den Status eines Kursverzehnfachers, eines Tenbaggers, erreicht. Für den Strategen Ian Williams und den Research-Chef Charles Hall vom renommierten britischen Broker Peel Hunt handelt es sich folglich eindeutig um einen Markt für Stockpicker.

Gleichzeitig weisen sie aber darauf hin, dass Anleger auch deshalb genau hinsehen sollten, weil Analysten auf Sicht von zwölf Monaten bei fast einem Drittel der annähernd 500 AIM-Mitglieder mit operativen Verlusten rechnen.

Die Analysten von Peel Hunt, die in den Extel Rankings 2015 für das angebotene Research zu britischen Mid- und Small-Caps als Nummer eins geführt werden, haben kürzlich ihre Favoriten mit einem AIM-Listing genannt. Von diesen Titeln versprechen sich die Peel-Hunt-Experten einen guten Start für die AIM in den kommenden zwei Jahrzehnten.

Die AIM-Favoriten: Gesundheitstitel …

Auf eine bereits sehr respektable Performance hat es in den vergangenen Jahren schon Abcam Plc. (ISIN: GB00B6774699) gebracht. Hier handelte der Kurs Anfang November 2005 noch bei 0,42 Pfund, aktuell sind es rund 5,0 Pfund. Abcam zählt damit also zu den Tenbaggern. Möglich gemacht hat das ein sehr gut funktionierendes Geschäftsmodell. Denn hinter Abcam steckt ein britischer Online-Händler für polyklonale und monoklonale Antikörper sowie für weitere Reagenzien für die Grundlagenforschung, die weltweit über das Internet vertrieben werden.

Geht es nach Peel Hunt, geht die jüngst zur Stärkung des langfristigen Wachstums eingelegte Transformationsphase des Unternehmens bald zu Ende. Dann soll es mit dem Gewinn auch wieder etwas stärker nach oben gehen als zuletzt. Beim Ergebnis je Aktie wird für 2017 mit 0,23 Pfund gerechnet – 21er-KGV. Für Peel Hunt ist diese Bewertung aber wegen der starken Marktstellung mehr als gerechtfertigt, und als Kursziel werden auch deshalb sechs Pfund genannt. Das verschafft weiteres Kurspotenzial von rund 20 Prozent.

Clinigen mit gutem Ausblick

Ebenfalls sehr überzeugt von einem als einzigartig bezeichneten Geschäftsmodell ist der britische Broker bei der Clinigen Group Plc. (ISIN: GB00B89J2419). Dieser Konzern verfügt mit Specialty Pharmaceuticals (Clinigen SP), Clinical Trials Supply (Clinigen CTS) und Global Access Programs (Clinigen GAP) über drei operativ tätige Unternehmen. Clinigen GAP entwickelt und implementiert dabei «Global-Access-Programme» für Pharma- und Biotechunternehmen und bietet Zugangslösungen für nicht zugelassene und zugelassene Produkte bzw. für Produkte, deren Lebenszyklus beendet ist.

Peel-Hunt-Analyst Stefan Hamill traut Clinigen von 2014 bis 2017 einen Gewinnsprung von 0,237 auf 0,506 Pfund zu. Für 2017 ergibt sich auf dieser Basis ein 12er-KGV. Für Hamill ist das zu niedrig, und er veranschlagt den fairen Wert auf zehn Pfund, was erheblich über den derzeit gehandelten 6,25 Pfund liegt.

… sowie Immobilien- und Investmentspezialisten

Ebenfalls optisch günstig bewertet ist Telford Homes Plc. (ISIN: GB0031022154). Zumindest lässt dieses Urteil ein für 2015 geschätztes KGV von 10,7 zu. Allerdings ist dieser vor allem in Nord- und Ost-London tätige Immobilienentwickler stark von der Entwicklung des Immobilienmarktes in der britischen Hauptstadt abhängig. Das ist deshalb ein etwas kritischer Faktor, weil der dortige Markt als etwas überhitzt gilt. Zu beachten ist ausserdem die weitere Zinspolitik der britischen Notenbank, von der spätestens mittelfristig eine Zinserhöhung erwartet wird.

Doch die Geschäfte bei Telford Homes laufen derzeit gut, und laut Peel-Hunt-Analyst Gavin Jago soll das so bleiben. Er rechnet bis 2018 mindestens mit einer Gewinnverdoppelung. Auch bei der Dividende geht Jago von 2015 bis 2018 von einer kontinuierlichen Erhöhung von 0,11 auf 0,19 Pfund je Aktie aus. Das Kursziel für den momentan bei 4,27 Pfund gehandelten Titel sieht der Experte bei 5,50 Pfund.

Dividendenstory

Eine noch lukrativere Dividendenstory hat möglicherweise Polar Capital Holdings Plc. (ISIN: GB00B1GCLT25) zu bieten. So sieht Peel-Hunt-Analyst Stuart Duncan für die Geschäftsjahre 2015 bis 2017 Ausschüttungen von 0,25, 0,28 und 0,32 Pfund je Aktie voraus. Bei aktuellen Kursen von 4,33 Pfund ergeben sich daraus Dividendenrenditen von 5,8 Prozent, 6,5 Prozent und 7,4 Prozent. Der im Jahr 2001 gegründete britische Investmentmanager, der zum Ende des ersten Quartals Gelder von 12,3 Milliarden Dollar verwaltete, ist nach Einschätzung von Duncan mit einer so starken Bilanz ausgestattet, dass eine Umsetzung der von ihm erwarteten Dividendenpolitik kein Problem sein sollte.

Den Gewinn je Aktie sieht er in diesem Jahr bei 0,272 Pfund und im Jahr 2017 bei 0,34 Pfund. Für das übernächste Jahr bewegt sich damit das geschätzte KGV bei 12,7. Für Duncan ist diese Bewertung zu günstig, und er hält Kurse von 5,05 Pfund für angemessen.