Börsianer sind genervt und müde. Seit einem Jahr klebt der SMI mehr oder weniger an der Marke von 9000 Punkten und schafft es einfach nicht, diese Hürde nachhaltig zu überspringen. Kein Wunder, dass angesichts solch zäher Seitwärtsbörsen immer mehr Anleger das Handtuch werfen und Aktien für immer den Rücken kehren. So stieg zwar laut dem statistischen Monatsheft, Ausgabe August, der Schweizerischen Notenbank der Anteil von Aktien an den Wertschriftenbeständen in den Depots heimischer Banken zwischen Ende 2012 und Juni 2015 von 36,3 auf 39,7 Prozent, doch die Kurse an der Börse gingen im selben Zeitraum um 30 Prozent nach oben. Es liegt daher nahe, dass die Bedeutung von Aktien, bereinigt um diese Kursgewinne, gesunken ist.
Das ist die Gefahr: Viele Anleger blicken tagaus tagein, nicht selten sogar mehrmals täglich, auf den Kurszettel. Kleinste Schwankungen nach unten frustrieren dann und verbreiten Nervosität. Und zähe Seitwärtsbörsen wie in den letzten zwölf Monaten, noch dazu verbunden mit mehrfachen schnellen Kurseinbrüchen wie im Januar und August, teilweise um mehr als 10 Prozent, machen vielen sogar Angst.
Dividenden nicht vergessen …
Allerdings: Schon 2013 kämpfte der SMI fast das gesamte Jahr über, damals mit der Marke von 8000 Punkten. Jetzt notiert der Index bei 9000 Zählern und bringt damit inklusive Dividende in 22 Monaten seit dem Sprung über die 8000er-Marke Anfang 2014 immerhin ein Plus von rund 16 Prozent.
Ein wichtiger Punkt: Während der SMI auf den ersten Blick seit fast zehn Jahren nicht von der Stelle kommt und dabei immer noch am 2007er-Hoch laviert, sieht die Lage unter Berücksichtigung der Dividendenzahlungen dennoch erfreulich aus. So notiert der SMIC, in dem die Dividenden mitgerechnet werden, mit rund 16'600 Punkten bereits um rund 25 Prozent über dem 2007er-Rekord von 13'500 Zählern.
… und auch an den Zinseszinseffekt denken
Und wer sich schon mit Finanzmathematik beschäftigt hat, der weiss: Der wichtige Zinseszinseffekt wirkt erst so richtig auf ganz lange Sicht gesehen. Zwar hat der SMI auf den ersten Blick in den letzten 20 Jahren nur ein jährliches Indexplus von 5,3 Prozent gebracht, – doch der Zinseszinseffekt wirkt sich bei der Gesamtperformance gewaltig aus. So notiert der Leitindex der Schweizer Börse heute dreimal so hoch wie im November 1995. Und rechnet man die ausgezahlten Dividenden oben drauf, ergibt sich ein Indexanstieg in 20 Jahren auf das Viereinhalbfache.
«Kaufen Sie Aktien, nehmen Sie Schlaftabletten und schauen Sie die Papiere nicht mehr an. Nach vielen Jahren werden Sie sehen: Sie sind reich.» – diesen Rat von Börsenaltmeister André Kostolany sollten alle Anleger beachten.
Richemont – 958 Prozent Kursgewinn in 20 Jahren
Es gibt einige Titel an der Börse, die deutlich schneller und auch beständiger nach oben laufen als der breite Markt. Zu den absoluten Dauerläufern im SMI, der auch keine extremen und allzu langen Rückschlagphasen hatte, zählt beispielsweise die Aktie von Richemont. Der Kurs des Luxuskonzerns hat in den letzten 20 Jahren schon ohne Dividende einen Gewinn von 958 Prozent gebracht und ist damit seit November 1995 auf das Zehneinhalbfache gestiegen – ein jährliches Plus von 12,5 Prozent.
Zwar läuft der Titel seit zwei Jahren nur noch seitwärts, doch solche längeren Handelsspannen hat es bei diesem Konzern aus Genf in den letzten 20 Jahren schon wiederholt gegeben und dann doch den nächsten Kursausbruch. Es könnte sein, dass die Aktie schon kurzfristig interessant sein wird, denn nach dem leichten Kursverfall der letzten Wochen ist die starke Unterstützung bei 70 Franken fast erreicht worden. Von dort konnte die Notierung seit 2013 aber bereits dreimal wieder schnell in Richtung 85/90 Franken nach oben drehen.
Nestlé – der zweite Marathonläufer im SMI
Ein Titel mit ähnlichen Dauerläuferqualitäten ist auch Nestlé. Der Nahrungsmittelhersteller brachte seinen Aktionären in den letzten 20 Jahren die Versechsfachung und damit ohne Dividende ein jährliches Plus von im Durchschnitt 9,5 Prozent. Anders als Richemont, zeigt Nestlé allerdings auch jetzt, in der allgemeinen Seitwärtsbörse, keine Ermüdungserscheinungen. Die Aktie konnte nicht nur Anfang Oktober die wichtige 100- und 200-Tage-Linie im Chart durchbrechen, sondern notiert nun, nach den Kursgewinnen der letzten zwei Monate, auch im Bereich der oberen Begrenzungslinie des Aufwärtstrends vom Mai. Der Sprung über die Linie könnte die Tür in neue Kursregionen öffnen und neue Allzeithochs bringen.
Ähnliche Ausdauer haben im SMI jedoch keine anderen Titel. Viele Unternehmen weisen ohnehin nur eine kürzere Kurshistorie aus, und die meisten bringen es auch nicht nur annähernd auf einen vergleichbar nachhaltigen Aufwärtsschub.
Beiersdorf – Allzeithoch und als nächstes Ziel die 100-Euro-Marke
Immerhin finden Anleger Marathon-Aktien mit Dauerläuferattributen ohne starke und langanhaltende Rückschlagphasen vereinzelt auch in anderen Indizes. Während es im Dow Jones zwar viele Titel mit hohen langfristigen Kursgewinnen gibt, aber teilweise solche, die unter heftigen Schwankungen auch nach unten gehen, werden Anleger auf der Suche nach Langläufern im DAX etwa bei Beiersdorf fündig. Die Aktie des Spezialisten für Haut- und Schönheitspflegeprodukte hat sich seit Ende 1996 versechsfacht und bringt es damit auf ein jährliches Plus von 9,6 Prozent – ohne Dividende.
Aktuell ist auch der Chart vielversprechend. So konnte der Titel nach dem Sprung über die 80-Euro-Marke im Oktober weitere Kursdynamik entfalten und notiert jetzt an der oberen Begrenzung des mittelfristigen Aufwärtstrends aus 2013. Fällt diese Linie, dürften die Börsenbullen wohl als Nächstes die psychologische Marke von 100 Euro ins Visier nehmen.
Fresenius SE – 15 Prozent pro Jahr auf lange Sicht
Zu den besonders ausdauernden Langstreckenläufern, denen die Luft einfach nicht ausgehen will, zählt Fresenius SE. Die Notierung des Gesundheitskonzerns hat sich in den letzten 17 Jahren verzehnfacht und bringt es damit auf ein jährliches Kursplus von rund 15 Prozent! Die Aktie hat inzwischen alle charttechnischen Begrenzungen hinter sich gelassen und notiert nun an der Marke von 70 Euro. Fällt die Zone, wird es wohl den Kurs weiter nach oben ziehen.
Henkel – neues Allzeithoch im Visier
Mit einem durchschnittlichen jährlichen Kursplus von 13,1 Prozent – ohne Dividende – ist auch Henkel einer der absoluten Marathon-Klassiker. Die Aktie des Konsumgüterkonzerns ist so in den letzten 20 Jahren auf das Zwölffache gestiegen und hat aktuell die obere Begrenzungslinie des kurzfristigen Abwärtstrends erreicht. Da könnte noch in diesem Jahr ein neues Allzeithoch drin sein. Vielleicht fällt sogar bald die 120-Euro-Marke.