Keine Frage, der kleine Privatanleger hat es schwer. An die «heissen» Tipps und Informationen kommt er erst heran, nachdem die Profis schon längst davon erfahren haben. Wenn er Pech hat, springt der Kleinanleger zu spät auf einen Trend auf, und schon bald darauf hat dieser in sein Gegenteil umgeschlagen. Entsprechend gern spotten die «smarten Investoren» über das «dumme Geld». Manche rühmen sich gar, sie könnten die «Hausfrauen-Hausse» als Kontraindikator nutzen.
Die sogenannten Profis haben indes wenig Anlass zu Hochmut. Kaum ein Ökonom sah vor sieben Jahren den Crash voraus. Anfang 2008, als der SMI bei 8400 Punkten notierte, setzten sämtliche Banken ein Zwölf-Monats-Kursziel von über 9000 Punkten, nicht wenige sahen den SMI über der 10‘000er-Marke. Stattdessen verlor der Index in jenem Jahr nicht weniger als 34 Prozent. Umgekehrt waren die Prognosen nach dem Einbruch viel zu düster: Anfang 2012, der SMI notierte damals bei 6000 Punkten, sagten die Analysten unisono eine Fortsetzung der Stagnation voraus. Aufgrund der geringen Prognostizierbarkeit der kurzfristigen Aktienkursentwicklung publiziert die Migros Bank übrigens bewusst keine solchen Kursziele.
Konstanz zahlt sich aus
Fazit: Das dumme und das smarte Geld – die Privatanleger und die Profis – weisen wohl mehr Gemeinsamkeiten auf, als Letztere gerne wahrhaben möchten. Beide neigen nach einem Boom zu überhöhtem Optimismus und unterschätzen umgekehrt nach einer Verlustphase die Widerstandskraft der Wirtschaft. Beide tendieren zu Käufen, wenn die Kurse hoch sind und zu Verkäufen, wenn die Börse korrigiert hat. Zu den Übereinstimmungen von Privaten und Profis gehört ausserdem, dass sie ihre eigenen Analyse- und Prognosefähigkeiten oftmals überschätzen.
Ein Privatanleger hat somit zwei Optionen: Er kann dem «Smart Money» nacheifern und versuchen, sein Market Timing zu verbessern, indem er rascher auf bestimmte Trends aufspringt. Oder aber er betreibt keinerlei Market Timing und setzt stattdessen auf ein langfristiges «Buy and Hold».
«Kaufen und Liegenlassen» liefert die besseren Ergebnisse
In einer aktuellen Studie haben wir die effektive Aktienperformance der Schweizer Haushalte einer konsequenten «Kaufen und Halten»-Strategie gegenübergestellt. Das Ergebnis: Seit Anfang 2002 haben die Anleger durch ungünstiges Market Timing ihre Rendite um rund 0,6 Prozent pro Jahr geschmälert. Weil die Anleger die Aktienquote nach der Verlustphase gesenkt haben, profitieren sie nur in einem reduzierten Umfang vom aktuellen Börsenboom. Hochgerechnet auf den gesamten Aktienbesitz der Haushalte haben wir einen entgangenen Wertgewinn von 24 Milliarden Franken errechnet. Weitere Informationen dazu finden Sie übrigens im Blog der Migros Bank.
Dieser Befund wird durch andere wissenschaftliche Studien bestätigt. Zum Beispiel schätzt Professor Ilia Dichev von der University of Michigan aufgrund einer breit angelegten Untersuchung, dass US-Investoren durch schlechtes Timing der Käufe und Verkäufe ihre Rendite gegenüber einer «Kaufen und Halten»-Strategie um 1,3 Prozent pro Jahr verminderten.
Einfache Produkte bewähren sich
Zu viel Aktivismus schadet der Rendite. Und doch fällt es vielen Investoren schwer, die nötige Disziplin für eine langfristig ausgerichtete Strategie aufzubringen. Hier kommt der Vorteil eines Strategiefonds oder eines Fondssparplans zum Tragen. Während der eine die Aktienquote durch Rebalancing auf einem konstanten Niveau hält, erfolgen beim anderen die Einzahlungen stets im gleichen Rhythmus – und wichtig: Beides passiert völlig unabhängig von der momentanen Börsenstimmung. Gewiss, der Strategiefonds und der Fondssparplan funktionieren nach einfachen Prinzipien. Doch genau diese mechanische Konstruktionsweise bewahrt den Anleger davor, aufgrund von kurzfristigen Einflüssen Fehlentscheide zu treffen.
Der Börsenerfolg ist somit nicht primär eine Frage von dumm versus smart. Die Gegensätze lauten vielmehr: Labil versus beständig. Geht es aber um die Ausdauer, so kann der Privatanleger durchaus mit dem Profi mithalten.
Albert Steck, Markt- und Produktanalyse Migros Bank