Aktien von Automobilherstellern sind in den vergangenen Tagen abgestürzt. Vor allem die Valoren der deutschen Konzerne BMW, Daimler und Volkswagen kamen unter die Räder. Der Kartellskandal um die drei Unternehmen strahlt aber auch auf den Rest der Branche ab: Die Autoindustrie steckt in der Krise.
Anleger müssen sich deshalb nicht vollständig vom Automobilmarkt abwenden. Es gibt Autobauer und Zulieferer, deren Aktienkurse zuletzt gestiegen sind, und in denen noch Fantasie steckt: Hersteller von Elektroautos und von Produkten für den Bau solcher Fahrzeuge haben nach Einschätzung von Marktbeobachtern grosses Potenzial. Bis die Elektromobilität sich endgültig durchsetzt, dürften noch einige Jahre vergehen. Wer langfristig denkt, kann sich jetzt positionieren.
Die Nachfrage wächst stark
Noch fahren auf Schweizer Strassen nur wenige Elektroautos. Auch, weil es noch an Infrastruktur, also einer ausreichenden Zahl an Ladestationen, mangelt. Im vergangenen Jahr waren in der Schweiz 4,5 Millionen herkömmliche Autos registriert und gerade einmal 10’724 reine Elektroautos. Das geht aus Zahlen des Bundesamts für Statistik (BFS) hervor. In der Europäischen Union (EU) liegt der Marktanteil von Elektroautos bei gerade einmal 0,6 Prozent.
Die Nachfrage zieht allerdings an, wie Zahlen des Branchenverbandes European Automobile Manufacturers‘ Association (ACEA) zeigen: Im ersten Quartal wurden in der EU 24’592 batteriebetriebene Autos neu zugelassen. Das waren 49 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Es tut sich also etwas am Mobilitätsmarkt der Zukunft.
Volvo übernimmt eine Pionierrolle
Unternehmen und Politiker strengen sich an, um den Durchbruch zu beschleunigen: So hat der schwedische Autobauer Volvo angekündigt, dass ab dem Jahr 2019 jedes neu eingeführte Modell über einen Elektromotor verfügen wird. Frankreich plant, den Verkauf von Autos mit Verbrennungsmotoren ab dem Jahr 2040 ganz zu verbieten.
Jüngst sind zudem die ersten Exemplare des neuen Model 3 von Tesla vom Band gerollt: Nachdem der Elektroautohersteller jahrelang hochpreisige Luxuskarossen mit Elektroantrieb hergestellt hat, gibt es nun das erste Tesla-Modell für die Mittelklasse. Mit einem Preis von 35'000 US-Dollar ist es derzeit das preisgünstigste reine E-Auto am Markt.
Teslas Model 3 als Wendepunkt
Die Markteinführung des Tesla markiere einen Wendepunkt bei der Nachfrage nach Elektrofahrzeugen, sagt Craig Bonthron, Fondsmanager bei Kames Capital. Künftig würden wesentlich mehr Konsumenten Elektrofahrzeuge kaufen als bisher.
«Die rege Nachfrage eröffnet attraktive Anlagechancen», sagt Bonthron. Er hat Unternehmen aus verschiedenen Ländern und Branchen ausgemacht, denen die steigende Nachfrage künftig auch steigende Erträge bescheren dürfte: Etwa Albemarle, Produzent von Lithium-Chemikalien mit Sitz im US-amerikanischen Baton Rouge. Das chemische Element ist ein Schlüsselprodukt für die Herstellung von Lilonen-Akkus. «Der Trend zum Elektroauto wird die Nachfrage beleben», sagt Bonthron.
Kursgewinn der Tesla-Aktie
Die Tesla-Aktie hat in den vergangenen Monaten steile Kursanstiege hingelegt. Wenn das Model 3 erfolgreich ist, dürfte es nach Einschätzung von Analysten weiter aufwärts gehen. Auch Zulieferer profitieren vom Bau des neuen Elektroautos für die Massen: So sind etwa Chips des deutschen Halbleiterherstellers Infineon bereits im Model S von Tesla verbaut, auch beim Model 3 ist Infineon mit an Bord.
Die Aktienkurse des deutschen Maschinenbauers Aumann, des Sicherungsherstellers Littelfuse aus den USA und des japanische Konzerns Shimano könnten ebenfalls steigen, wenn die Nachfrage nach Elektroautos weiter steigt und das Geschäft der Unternehmen belebt, erwartet der Fondsmanager. Shimano ist bislang hauptsächlich als Produzent von Fahrradkomponenten bekannt. «Inzwischen hat das Unternehmen sich auch Zugang zum Markt für Elektrofahrräder verschafft. Die neuen Produkte sind stark gefragt und kosten mehr als andere Shimano-Produkte. Das beschert dem Konzern höhere Einnahmen», erklärt Bonthron.
Geely ist eine Option
Wer nicht in Zulieferer, sondern direkt in Hersteller von Elektroautos investieren will, sollte neben Tesla auch den chinesischen Autobauer Geely ins Auge fassen: Der Konzern hat jüngst mit Volvo ein Joint-Venture zum Austausch von Technologie gegründet. Ebenfalls aus China stammt BYD. Der Auto- und Batterienhersteller gilt bei Marktbeobachtern als Geheimtipp. Der Kurs des Valors ist in den vergangenen Monaten gefallen – eine Einstiegschance für zukunftsorientierte Investoren.
Nicht zuletzt könnte auch ein Schweizer Unternehmen in hohem Masse von der Stromauto-Entwicklung profitieren: Denn E-Autos brauchen leistungsfähige Batterien, und in diesen stecken kiloweise Metalle wie Kupfer. Das kommt dem Zuger Rohstoffgiganten Glencore zugute: Der Konzern zählt zu den weltweit grössten Metallproduzenten.
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