Nebenwerte-Investoren setzen auf den Small-Cap-Effekt. Dieser zeigt, dass die Aktien von kleineren Unternehmen langfristig gesehen besser laufen als die grossen Standardwerte. Für den Zeitraum von 75 Jahren zwischen 1925 bis 1999 beispielsweise ermittelte das Researchhaus Ibbotson Associates für US-Blue-Chips jährliche Kursgewinne von 11,0 Prozent. Small Caps hingegen kamen im selben Zeitraum auf Wertsteigerungen von pro Jahr 12,7 Prozent.
Einen Performance-Vorsprung weisen Small- und Mid-Caps auch im laufenden Bullenmarkt aus. Beispielsweise legte der Russell 2000 im vergangenen Jahr um rund 33,0 Prozent zu. Der S&P 500, mit den 500 grössten Unternehmen der USA, schaffte nur 25,2 Prozent. Doch diese Outperformance scheint jetzt zu drehen. So hat sich in den USA der S&P-500-Index in diesem Jahr deutlich besser entwickelt als der Nebenwerteindex Russell 2000. Während die grossen Titel seit Jahresanfang ein Plus von rund 10 Prozent bringen, sind es im Russell 2000 knapp 6 Prozent. Wieder unter den Favoriten zu finden, sind dabei insbesondere die grossen Mega-Caps. Aus einem langen Dornröschenschlaf aufgewacht, sind zuletzt beispielsweise Tech-Dinosaurier wie Microsoft oder Intel.
Nebenwerte – teuer wie seit Jahrzehnten nicht mehr
Das ist ein Trend, der durchaus anhalten könnte. Einer der Hauptgründe für diese Annahme sind Bewertungsüberlegungen. Denn infolge der langen Rally sind Nebenwerte zurzeit vergleichsweise hoch bewertet. Auf diesen Einflussfaktor stellt auch Citigroup-Aktienstratege Tobias Levkovich ab: «Die Bewertungsprämie, welche die Nebenwerte verglichen mit den Standardtiteln derzeit aufweisen, erhöht die Wahrscheinlichkeit dafür, dass der S&P-500-Index besser laufen wird.» Passend dazu ein Bewertungsvergleich: Der 30 Standardwerte enthaltende Dow Jones Industrial Average kommt derzeit auf ein KGV von 15,7. Das KGV beim Russell 2000 bewegt sich hingegen bei gut 23, was so hoch ist wie noch nie seit der Einführung des Index im Jahr 1984.
Beobachten lässt sich der Bewertungsunterschied auch auf Branchenebene. Bis auf die Finanzbranche sind die Bewertungen bei den Nebenwerten laut Bank of America Merrill Lynch in den USA in allen Sektoren höher als im historischen Durchschnitt. Am unattraktivsten verglichen mit den Standardwerten gestaltet sich der Bewertungsvergleich für Nebenwerte in den Sektoren Energie und Basiskonsumgüter. Small Caps weisen generell höhere Bewertungen auf als Blue Chips, und dieser Bewertungsaufschlag ist derzeit sogar um 8 Prozent höher als im langfristigen Durchschnitt.
Gewinnprognose: Small Caps wachsen schneller als Standardwerte
Teilweise wird das aber wieder wettgemacht durch bessere Gewinnaussichten. Und ausserdem sind bei den Nebenwerten die Gewinnspannen nicht so hoch wie bei den Standardwerten, was Raum für Einsparungen und damit für weitere Gewinnsteigerungen lässt. Obendrein wachsen Small Caps wegen der geringeren Ausgangsbasis schneller als Blue Chips. So erwartet die Bank of America Merrill Lynch bei den Titeln im S&P 500 in diesem Jahr ein durchschnittliches Gewinnwachstum von 8,0 Prozent, bei den Small Caps im S&P 600 hingegen um 13,6 Prozent höhere Gewinne.
Der Bewertungsaufschlag der Nebenwerte dürfte sich aber in einer möglichen konjunkturellen Schwächephase – aber auch bei einer allgemeinen Korrektur an der Börse – rächen. Dann nämlich halten sich die grossen Standardwerte stabiler. Das hat sicherlich auch damit zu tun, dass grosse Unternehmen Krisen besser überstehen. Auf jeden Fall könnte das im langfristigen Vergleich gegenüber Small Caps günstige Bewertungsniveau der Standardwerte auch in den nächsten Monaten und Quartalen eine Outperformance der Large Caps bringen.
Global Titans vor dem Sprung über technische Hürden
Wer auf die Fortsetzung der jüngsten Outperformance der grossen Titel setzen will, greift beispielsweise zum iShares-Dow-Jones-Global-Titans-50-Index-ETF (ISIN: DE0006289382). Dort sind die weltweit 50 grössten börsennotierten Unternehmen zu finden. Derzeit kommen die Index-Mitglieder im Durchschnitt auf einen Börsenwert von 172,6 Milliarden Dollar. Das geschätzte KGV der 50 Global-Titans-Titel liegt bei 13.
Regional gesehen betrug Ende Juli der Anteil von US-Gesellschaften am Index 68,5 Prozent. Die zweitplatzierten Unternehmen aus Grossbritannien und aus der Schweiz folgten mit Anteilen von 8,3 Prozent und 7,7 Prozent. Hinsichtlich Sektorgewichtung waren Titel aus dem Technologiesektor mit einem Anteil von 24,2 Prozent, gefolgt von Öl- und Gas- sowie Gesundheitsaktien mit Anteilen von 17,0 Prozent und 15,0 Prozent, am stärksten vertreten. Charttechnisch besteht Spannung, denn der DJ Global Titans notiert derzeit mit 245,5 Punkten knapp unter dem Widerstand vom Juli um 247 Punkte und auch nicht weit unter der wichtigen psychologischen und technischen Hürde von 250 Punkten aus 2007. Klappt der Sprung, könnte das dem Index neue Dynamik geben.