Die Bewirtschaftung von Barreserven bereitet Anlegern Kopfzerbrechen, weil Festverzinsliche kaum mehr Rendite bringen. Dabei sah es im vergangenen Jahr nach einer allmählichen Zinswende nach oben aus. Doch mittlerweile sind die Renditen – vor allem in Europa – wieder im Keller. Zehnjährige Eidgenossen werfen weniger als 80 Basispunkte im Jahr ab. In Deutschland lag die Rendite von Staatsanleihen Anfang Jahr noch bei knapp 2 Prozent. Mittlerweile rentieren sie wieder mit 1,4 Prozent.
Steigerungen sind im Moment nicht in Sicht, denn gerade hat die Europäische Zentralbank ihre Geldpolitik abermals gelockert. Schon allein deswegen ist vorerst nicht davon auszugehen, dass die Schweizerische Nationalbank von ihrer expansiven Gangart abweichen wird.
Referenzanleihen – zusätzliches Ausfallrisiko
Seit jeher buhlen die Anbieter von strukturierten Produkten um die Gunst der Investoren. Zertifikate mit Referenzanleihe haben hier einen festen Platz. Im bisherigen Jahresverlauf nahmen die Börsenumsätze in dieser Kategorie deutlich zu. Solche Produkte werfen im Vergleich zu klassischen Varianten eine Mehrrendite ab. Möglich macht dies die Einbindung eines Drittschuldners.
Das heisst, die Tilgung ist nicht nur an die Bonität des Emittenten gebunden, sondern Anleger müssen auch das Ausfallrisiko eines weiteren Gläubigers in Kauf nehmen. Die Banken stellen solche Strukturen dar, indem sie die Referenzanleihe kaufen. Alternativ können sie auf Credit Default Swaps (CDS) zurückgreifen. Dabei handelt es sich um eine Kreditausfallversicherung. Ihr Wert spiegelt die Gefahr wider, dass es bei einem bestimmten Schuldner zur Zahlungsunfähigkeit kommt. Dabei gilt: Je höher der CDS notiert, desto höher ist der Renditebeitrag der Referenzanleihe für das strukturierte Produkt.
Vontobel als Vorreiter
Vor mittlerweile drei Jahren führte Vontobel die ersten derartigen Zertifikate im Schweizer Markt ein. Dabei ging es der Privatbank nicht nur darum, die Renditen aufzupeppen. «Mit strukturierten Produkten mit Referenzanleihe haben Anleger erstmals die Möglichkeit, das Schuldnerrisiko ausserhalb des Finanzsektors aktiv zu bewirtschaften», erklärt Eric Blattmann, Head of Public Distribution bei Vontobel. Dieses Kalkül ging seiner Ansicht nach auf. Blattmann verweist auf die Verteilung der lancierten Produkte. Im Herbst des vergangenen Jahres hatten Anleger bereits auf Schuldner aus 20 verschiedenen Sektoren zurückgegriffen.
Neben der Baubranche sind Versicherer und Rohstoffunternehmen beliebt. Aus dem letztgenannten Wirtschaftszweig stammt der Referenzgläubiger einer aktuellen Neuemission. Dabei paart Vontobel ein Kapitalschutz-Zertifikat auf den Euro Stoxx 50 mit einer Obligation des russischen Energieriesen Gazprom. Diese Kombination macht es möglich, dass Anleger zum Laufzeitende vollumfänglich an Zugewinnen des Blue-Chip-Index partizipieren. Sollte der Höhenflug beim europäischen Aktienmarkt ein Ende finden, greift der Kapitalschutz. Die Tilgung beläuft sich mindestens auf 90 Prozent des Nominalwertes.
Gazprom und Euro Stoxx 50
Wie gewohnt, verpasst Vontobel dem Produkt das Label «COSI». Dadurch ist das Ausfallrisiko der Emittentin de facto ausgeschlossen. Gefahr besteht aber, falls Gazprom in Schwierigkeiten geraten sollte. Während der Laufzeit hat die Bonität respektive der CDS des Konzerns unmittelbar Einfluss auf den Wert des Zertifikats. Dabei kann der Kurs durchaus unter die Kapitalschutzmarke von 90 Prozent fallen. Im Worst Case, sprich bei einem Ausfall von Gazprom, wäre das Derivat vorzeitig fällig. Die Rückzahlung würde dann hauptsächlich vom Marktwert der Referenzanleihe abhängen – der Investor müsste mit hohen Verlusten rechnen.
Gazprom ist auch bei den Kunden von Leonteq ein gefragter Referenzschuldner. In puncto Produktgattung kommen nach Auskunft von Manuel Dürr, Head Public Solutions, im aktuellen Umfeld unter anderem Floored Floater gut an. «Dabei erhält der Anleger eine fixe Verzinsung in Form eines vierteljährlichen Coupons», erklärt der Produktexperte. Am 27. Juni fällt der Startschuss für ein solches Derivat.
Glencore und Euribor
Leonteq zahlt alle drei Monate mindestens 1,80 Prozent p.a. aus. Sollte es in der Eurozone zu einer Zinswende kommen, würde der Coupon mit nach oben gehen. Massgeblich ist dabei der Dreimonats-Euribor-Satz. Zum Laufzeitende besteht darüber hinaus vollständiger Kapitalschutz. Wobei der Anleger neben dem Bonitätsrisiko der Emittentin auch dasjenige der Referenzanleihe, in diesem Fall von Glencore, in Kauf nimmt.
Leonteq hat eine Obligation des Rohstoffriesen in die Struktur eingebaut. Zwar ist ein Ausfall unwahrscheinlich, gleichwohl gilt auch bei diesen Zertifikaten die Wechselwirkung zwischen Chance und Risiko. Insofern sollten Anleger von der Zahlungsfähigkeit des involvierten Gläubigers überzeugt sein und dessen Entwicklung im Auge behalten – so lässt sich Kopfzerbrechen vermeiden.
Referenzanleihen – von Emerging Markets bis US-Zinsen
Die Bank Vontobel greift bei diesem in Euro denominierten Produkt auf eine Referenzanleihe von Gazprom zurück. Die mit einem Coupon von 6,21 Prozent ausgestattete USD-Obligation macht folgende Konditionen möglich: Zum Laufzeitende in zwei Jahren ist das Produkt bei Zugewinnen beim Basiswert vollumfänglich beteiligt. Gleichzeitig ist das Kapital zu 90 Prozent bedingt garantiert.
Floored Floater (ISIN: CH0242058623)
Mit 1,80 Prozent p.a. liegt der minimale Coupon dieses Euro-Produkts deutlich über den am Geldmarkt erzielbaren Konditionen. Möglich macht dies eine auf Glencore lautende Referenzanleihe. Der Nominalbetrag des mit einer Laufzeit von fünf Jahren ausgestatteten Derivats beträgt 1000 Euro. Vorausgesetzt, weder Glencore nach Leonteq geraten in Schieflage, bekommt der Anleger diese Summe zum Verfall vollumfänglich zurück. Handel ab 27. Juni.
Bei diesem Zinsprodukt leistet Julius Bär eine an den Dreimonats-USD-Libor gekoppelte Ausschüttung. Dabei erhalten Anleger eine Mindestzahlung (Floor) von 1,60 Prozent p.a. Sollten die Geldmarktsätze in den USA kräftig steigen, momentan liegt der massgebliche Zins bei 0,23 Prozent, würde es auch mit dem Coupon nach oben gehen. Dass dabei in den kommenden fünf Jahren die maximale Ausschüttung (Cap) von 5 Prozent p.a. erreicht wird, ist nicht sonderlich wahrscheinlich. Die Referenzanleihe kommt vom spanischen Konzern Telefónica.
Ein 4,75-Prozent-USD-Bond der China Development Bank fungiert als Referenzanleihe dieser von Leonteq frisch emittierten Struktur. Anleger haben die Möglichkeit, auf steigende Aktienkurse in den Emerging Markets zu setzen. Zum Laufzeitende ist das Kapital zu 100 Prozent garantiert. Ohne Einbindung der Referenzanleihe könnte Leonteq nur 95 Prozent versprechen.