Am 5. Juni stimmt die Schweiz über ein bedingungsloses Grundeinkommen ab. Selbst im Fall einer Annahme des Vorschlages ist fraglich, wie selbstbestimmt sich wirklich mit dem angedachten Freibetrag von 2500 Franken im Monat leben lassen würde. Schliesslich sind die Lebenshaltungskosten auch vergleichsweise hoch.
Bestätigt wird diese These in einer aktuellen Studie, die Llewellyn Consulting im Auftrag von Glassdoor Economic Research durchgeführt hat. Bei der Untersuchung der Lebenshaltungskosten kommen die Autoren zum Schluss, dass diese in Genf und in Zürich zusammen mit London europaweit am höchsten sind. Der Preis für den Kauf eines standardisierten Korbes an Gütern und Dienstleistungen, der Nahrungsmittel, Restaurantbesuche, Transport, Energie und Mieten berücksichtigt, ist bei den beiden genannten Schweizer Städten jeweils sogar höher als in New York (3 Prozent mehr in Genf und 1 Prozent mehr in Zürich). Alle anderen untersuchten europäischen Städte liegen bei den Lebenshaltungskosten hingegen unter der Benchmark der US-Metropole.
Auf die Kaufkraft kommt es an
Allerdings ist das nur ein Teil der Antwort auf die Frage, wie gut oder schlecht es sich in der Schweiz leben lässt. Dazu ist vielmehr auch zu berücksichtigen, wie hoch die Löhne und die Kaufkraftparität sind. Erfreulicherweise nimmt die Schweiz auch hier basierend auf Daten von 2014 wie bereits schon 2007 die Spitzenplätze ein. Laut dem Karrierenetzwerk Glassdoor sind die Nominallöhne in der Schweiz mit 72'000 Euro im Durchschnitt europaweit am höchsten. Auf den Plätzen zwei und drei folgen mit bereits einigem Abstand Norwegen (61'000 Euro) und Dänemark (56'000 Euro). Deutschland landet übrigens unter den berücksichtigten 17 europäischen Ländern mit rund 44'000 Euro weit abgeschlagen auf dem elften Platz.
Aussagekräftiger als dieser Vergleich sind zumindest aus Konsumentensicht die Kaufkraftparitäten. Denn nur mit Hilfe der Bereinigung von Unterschieden im Preisniveau zwischen verschiedenen Ländern lässt sich genau beurteilen, wie viel man sich letztlich leisten kann. Bei der Berechnung der Durchschnittslöhne auf der Basis von Kaufkraftparitäten fallen die Unterschiede geringer aus, als wenn auf reiner Lohnkostenbasis gerechnet wird. Mit rund 42'000 Euro hat auch hier die Schweiz die Nase vorne, Irland und Norwegen kommen aber auf fast ähnlich hohe Werte.
New York – teures Pflaster, arme Bürger
Wer festangestellt und zur Bestreitung des Lebensunterhaltes nach wie vor auf diese Arbeit angewiesen ist, für den ist die Schweiz als Standort kaum zu toppen. Zumindest ist das der Fall, wenn zur Beurteilung des Lebensstandards die verfügbaren Einkommen sowie das Preisniveau berücksichtigt werden. Denn basierend darauf rangiert die Schweiz in der Glassdoor-Studie mit einem klaren Vorsprung auf Platz eins. Auf den Rängen zwei und drei folgen Dänemark und Deutschland fast gleichauf und liegen damit jeweils mit einem knappen Vorsprung vor den USA als aussereuropäischem Vergleichswert.
Interessant mit Blick auf die USA sind übrigens auch zwei weitere Aspekte der Glassdoor-Studie zur Lebensqualität. Erstens sind die Einkommen in Europa im Durchschnitt oft höher als in New York. Konsumenten können sich somit mehr Dienstleistungen und Güter kaufen als am «Big Apple». Zweitens können sich in Schweizer Städten Beschäftigte ungefähr sogar doppelt so viel leisten wie ihre Pendants in New York City. Die Beschäftigten in britischen Städten haben dafür rund 30 Prozent mehr zur Verfügung als die New Yorker. Das heisst, wer einen Umzug nach New York plant und dort ähnlich gut leben will, der muss deutlich mehr verdienen als bisher.
Niedrige Preise und oft tiefe Löhne
Ansonsten fällt in der Glassdoor-Rangliste auf, dass sich auf den ersten drei Plätzen Länder tummeln, in denen die Lebenshaltungskosten relativ hoch sein können. Doch das wird in diesen Fällen wieder aufgeholt durch ebenfalls hohe Werte bei Löhnen und Kaufkraft. Im Fall Deutschlands wird die schwache Platzierung beim Lohnniveau jedenfalls dadurch wieder wettgemacht, dass man sich letztlich für das verdiente Einkommen viel leisten kann.
Darüber hinaus zeigt die Studie auch eindeutig, dass geringe Lebenshaltungskosten nicht gleichzeitig auch zu einer hohen Lebensqualität führen. Ablesen lässt sich das an Beispielen wie Griechenland, Portugal oder Estland. So bewegen sich die Lebenshaltungskosten in Städten wie Tartu und Tallinn (beide Estland), Lissabon und Porto sowie in Athen und Thessaloniki um 60 bis 70 Prozent unter dem Niveau von New York. Unter den verglichenen Städten lässt es sich damit dort theoretisch am günstigsten leben. Doch das wird relativiert durch die vor Ort gezahlten Löhne. Für Griechenland wird das durchschnittliche Nominaleinkommen auf 18'500 Euro beziffert, für Portugal auf 15'500 Euro und für Estland auf 13'000 Euro. Wird alles das auf die bereinigten Kaufkraftparitäten umgerechnet, ergeben sich laut Glassdoor für diese drei Länder Werte von 20'000 Euro oder weniger und damit nicht einmal halb so viel wie für die Schweiz. Nicht gerade gut schneiden in Sachen Lebensqualität auf der skizzierten Kalkulationsbasis auch Italien und Spanien ab. Die beiden südeuropäischen Länder belegen dabei den viert- und fünftletzten Platz.
Urteile zur Lebensqualität sind subjektiv geprägt
Allerdings sind Löhne, Lebenshaltungskosten oder Kaufkraftparitäten nicht die einzigen Determinanten, die darüber entscheiden, wie gut oder schlecht einem das Leben in einem bestimmten Land gefällt. Über das Wohlbefinden entscheiden vielmehr auch andere Faktoren, wie etwa Infrastruktur, Gesundheitssystem, Kultur/Lebensstil, Korruption und oftmals nicht zuletzt auch einfach das Klima. Zum anderen kann sich für Gutbetuchte, Bezieher einer relativ hohen Rente oder Freiberufler/Selbstständige basierend auf den eigenen finanziellen Möglichkeiten subjektiv eine ganz andere Reihenfolge in Sachen Lebensstandard ergeben.
Was Studien wie die von Glassdoor aber liefern, sind Information über das Wohlstandsniveau in verschiedenen Ländern. Und dabei fällt auf, dass die Schweiz regelmässig Spitzenplätze einnimmt. Dazu passt auch die eingangs erwähnte Abstimmung über das bedingungslose Grundeinkommen. Denn eine Vorreiterrolle bei derartigen Themen haben in der Regel wohlhabende Länder wie die Schweiz, die auch die Zeit und Musse haben, sich derart avantgardistischen Themen widmen zu können.