Aufspalten, in Einzelteile zerlegen – dieses Geschäft beherrschen Raider optimal. Diese feindlichen Investoren, die oft Unternehmen aufkaufen und in ihre Bestandteile zerschlagen, konnten in der Vergangenheit schöne Gewinne einfahren. Ein Raider ist der US-Milliardär Carl Icahn. Der Investor geht bei Ebay zwar nicht mit Brachialgewalt vor, würde aber auch bei der Handelsplattform am liebsten einen Unternehmensteil abspalten und eigenständig an die Börse bringen: Die Bezahltochter Paypal.
Nach einer Aussprache mit dem Vorstand ist diese Idee aktuell zwar vom Tisch, die Diskussion zeigt aber, dass speziell in den USA sogenannte Spin-offs ein gängiges Instrument sind. Dort gab es in diesem Jahr bisher schon fünf solche Abspaltungen von Töchtern, und in den ersten drei Monaten wurde die Rekordzahl von 28 Spin-offs angekündigt. Am prominentesten unter den in Planung befindlichen Spin-offs dürfte das unter Time Inc. firmierende Zeitschriftengeschäft sein, ein Ausgliederungsvorhaben des Medienunternehmens Time Warner.
Heisser Spin-off-Kandidat in Österreich: Buwog
Etwas gemächlicher geht es in Europa zu und her. Auf dem alten Kontinent wurden im ersten Quartal neun Spin-offs angekündigt, was in etwa dem Quartalsschnitt der vergangenen drei Jahre entspricht. Experten können sich mittelfristig aber auch in Europa eine grössere Zahl an Ausgliederungen vorstellen.
Im deutschsprachigen Bereich kommen Spin-offs nur sporadisch vor. Allerdings könnte sich noch in diesem Monat etwas tun, denn der österreichische Immobilienkonzern Immofinanz will die Wohnimmobilientochter Buwog abspalten und deren Aktien an der Frankfurter Börse handeln lassen.
75 Prozent Abspaltungs-Gewinn bei Siemens
Dort ist auch der Siemens-Ableger Osram notiert, das wohl bekannteste Beispiel für ein Spin-off im deutschsprachigen Raum in der jüngeren Vergangenheit. Noch dazu handelt es sich hierbei um ein erfolgreiches Beispiel, da der Hersteller von elektrischen und elektronischen Leuchtmitteln mit einem aktuellen Kurs von 42,25 Euro deutlich über dem Startpreis von 24,00 Euro gehandelt wird. Seit dem Osram-Börsengang im Juli 2013 ergibt sich damit ein Plus von 75 Prozent in nur neun Monaten.
Diese überzeugende Performance passt zu den Ergebnissen, die empirische Studien, etwa von Cusatis, Miles und Woolridge (1993) oder Desai und Jain (1999) ergeben haben. Denn, obwohl diese Ableger von den Börsianern oft zunächst eher kritisch beäugt werden, weil die Ausgliederung und Verselbstständigung eines Unternehmensteiles oft aus der Not heraus geboren wird, schneiden sie im historischen Vergleich im Schnitt relativ gut ab.
Klare Outperformance bei Spin-off
Das gilt sowohl gegenüber dem Aktienkurs der eigenen Mutter als auch im Performance-Wettstreit mit dem Gesamtmarkt. Der deutsche Asset Manager Source For Alpha S4A hat für den Zeitraum 1990 bis 2013 die Überrendite von US-Spin-offs im Vergleich zum S&P 500 ermittelt. Danach lag die Outperformance der Abspaltungen nach 200 Tagen bereits bei 12 Prozent und stieg nach 500 auf 18 Prozent. Der Vermögensverwalter hat auf diese Strategie mit dem S4A-US-Long-UI-Fonds (ISIN: DE000A1H6HH3) einen Fonds aufgelegt.
Für das oft gute Abschneiden der Spin-offs sind verschiedene Faktoren verantwortlich. So werden Randbereiche in einem grossen Konzern oft etwas stiefmütterlich behandelt, und als Folge davon fehlt es an einer klaren Strategie oder am nötigen Kapital, um das Geschäft dort konsequent voranzutreiben. Erst nach der Entlassung in die Freiheit kann ein fähiges und motiviertes Management die eigenen Pläne dynamischer und effektiver umsetzen.
Erste Chance: Verkaufsdruck nach Notierungsaufnahme
Hinzu kommt, dass unbeliebte Töchter oft unterbewertet an die Börse kommen, weil die Konzernmutter sie oft einfach nur loswerden will. Bei Aufnahme des Börsenhandels ist auch zu beobachten, dass die Neulinge unter Verkaufsdruck geraten, weil sie in der Regel zunächst in keinem Index enthalten sind. Benchmarkorientierte Fonds, welche die Aktie durch ein bestehendes Investment an der Konzernmutter in einem bestimmten Verhältnis zugeteilt bekommen haben, steigen aus.
Dinge wie diese führen dazu, dass Spin-offs in den ersten 30 Tagen ihres Börsen-Daseins eher schlecht laufen. Danach wechseln sie dann aber auf die Überholspur, was auch damit erklärt werden kann, dass sich weniger komplexe Unternehmen einfacher bewerten lassen als ein Konglomerat, und das kann im Laufe der Zeit dann zu einer Höherbewertung führen.
Zweite Chance: Spekulation auf Übernahme
Diese auf Studien basierenden Erkenntnisse bringen Heiko Geiger, Spezialist für strukturierte Produkte beim Bankhaus Vontobel, zum folgenden Schluss: «Dem Timing kommt für einen Einstieg in Spin-offs eine ganz besondere Bedeutung zu.» Nicht zu vernachlässigen als Kursfaktor ist auch die bei Spin-offs erhöhte Chance auf eine Übernahme. «Die Übernahmewahrscheinlichkeit von Spin-offs ist besonders hoch», bestätigt auch Funke. «In den USA wurden 62 der 280 Spin-offs in den vergangenen 20 Jahren innerhalb der nächsten fünf Jahre übernommen.»
Wer sich wegen der genannten Argumente für Spin-offs als Alternative zur Geldanlage interessiert, der kann gezielt auf einen Ableger setzen, der demnächst an die Börse kommen wird. Verbunden ist damit allerdings ein Klumpenrisiko, das sich etwa über den Einsatz eines Zertifikats senken lässt. Ein passendes Produkt hat Vontobel mit dem Solactive-Global-Spin-off-Performance-Open-End-Index-Zertifikat (ISIN DE000VZ2SP07, Managementgebühr 1,5 Prozent) im Bestand, das sich auf den gleichnamigen Index vom deutschen Indexanbieter Solactive bezieht.
240 Prozent Gewinn seit 2009
Mit dieser Konzeption macht sich der Index und damit auch das Zertifikat die Erkenntnis zunutze, wonach Spin-offs im ersten Monat nach dem Listing eher schlecht laufen, nur, um dann im restlichen ersten Jahr ihres Börsen-Daseins die auf annualisierter Basis grösste Mehrrendite einzufahren. Wie eine Rückberechnung gezeigt hat, wäre das Konzept in der Vergangenheit aufgegangen. Von Anfang 2009 bis Ende 2013 hätte sich ein Plus von gut 240 Prozent ergeben.
Möglicherweise ist es aber besser, vor einem Investment in Spin-offs eine Marktberuhigung abzuwarten. Zumindest, wenn das relativ schwache Abschneiden von Spin-offs in den Krisenjahren 2008/09 ein Hinweis auf eine Underperformance in schwierigen Zeiten sein sollte.
Riskante Spin-offs in schweren Börsenzeiten
Für Investmentanalyst Berndt Fernow, der ansonsten auch an Spin-offs als Anlageidee glaubt, ist genau das denkbar: «In rauen Börsenphasen ist zu beachten, dass Spin-offs risikoreicher und mit einer höheren Volatilität behaftet sind. Zusammen mit einer eventuell schlechteren Bonität kann das in schwierigen Zeiten zu einer temporär schlechteren Wertentwicklung führen.» Ein Freifahrtschein auf Kursgewinne in allen Börsenphasen sind somit auch Spin-offs nicht, diese Anlageidee hat aber trotzdem durchaus ihre Reize.
Spin-off-Ideen für Privatanleger
S4A-US-Long-UI-Fonds (ISIN: DE000A1H6HH3)
Hier werden US-Spin-offs dem Portfolio beigemischt.
Solactive-Global-Spin-off-Performance-Open-End-Index-Zertifikat (ISIN DE000VZ2SP07)
Das Zertifikat bildet die Entwicklung von Unternehmen ab, die in der jüngeren Vergangenheit im Rahmen einer Abspaltung von einem existierenden Unternehmen neu zur Notierung an einer Börse aufgenommen worden sind. Der Index wird als Performance-Index in Euro berechnet. Er beinhaltet 20 Mitglieder, die an den vierteljährlichen Anpassungstagen zu gleichen Teilen gewichtet werden. Die erste Anpassung erfolgte im März, als acht Unternehmen ausgetauscht wurden.