Ein Platzen der kreditfinanzierten US-Immobilienblase stand im Jahr 2007 im Zentrum der letzten grossen volkswirtschaftlichen Krise in den USA. Deshalb überrascht es nicht, dass der Sektor auch heute noch von Anlegern kritisch gesehen wird. Aber die Nachrichten aus diesem Bereich sind derzeit besonders ermutigend. Insgesamt befindet sich das Segment in einem steten Erholungsprozess.
Ein paar Daten. Die in dieser Woche gemeldeten Verkäufe bestehender Häuser sind im August zwar deutlich gefallen, aber als Beleg für die positive Brancheneinschätzung dient ein NAHB-Hausmarktindex, der im September laut National Association of Home Builders (NAHB) um einen Punkt auf 62 Punkte gestiegen ist. Der Index notiert damit auf dem höchsten Stand seit Oktober 2005. Der NAHB-Index ist ein Stimmungsbarometer der nationalen Organisation der Wohnungsbauunternehmen, und Werte über 50 Punkte signalisieren eine positive Lagebeurteilung durch eine Mehrheit der Häuserbauer. Auch die schwebenden Hausverkäufe, die ebenfalls als guter Indikator für den Immobilienmarkt dienen, stiegen zuletzt im Jahresvergleich um 7,2 Prozent.
US-Immobilien – Preise auf Rekordniveau
Weitere Beispiele für die gute Verfassung des Sektors: Laut dem Verband der Immobilienmakler bewegt sich der landesweite mittlere Hauspreis bei 236'400 Dollar. Dieser Wert liegt inzwischen sogar über dem bisherigen Hoch vom Juli 2006. Dann stieg das Volumen der Hypothekenkredite jüngst mit einer Jahresrate von 2,2 Prozent. Laut Ned Davis Research war das der stärkste Zuwachs seit dem ersten Quartal 2008.
Zudem sind die Verkäufe bestehender Häuser seit dem Jahresbeginn um 16 Prozent gestiegen, während das Angebot an Häusern auf ein Zehnjahrestief gefallen ist. Trotz der wieder gestiegenen Preise bleiben Immobilien im Durchschnitt bezahlbar, wenn man Hotspots wie San Francisco oder New York einmal ausklammert. Dafür sorgen eine gefallene Arbeitslosenquote, moderat steigende Löhne, günstige Immobilienkredite und ein wieder einfacher Zugang zu Finanzierungsoptionen.
Immobilienmarkt hat noch Nachholbedarf
Geht es nach Marktbeobachtern wie Immobilien-Volkswirt Matthew Pointon vom bankenunabhängigen Research-Institut Capital Economics, dann wird sich an den günstigen Rahmenbedingungen auf absehbare Zeit selbst im Fall einer US-Leitzinswende nichts ändern. «Der Wohnungsmarkt ist derzeit gut aufgestellt und wird wohl auch mit einem allmählichen Anstieg der Zinsen zurechtkommen. Tatsächlich gibt es sogar Hinweise, dass ein leichter Anstieg der Zinssätze potenzielle Käufer anspornen könnte, noch auf den Markt zu kommen, bevor die besten Angebote weg sind. Das könnte kurzfristig sogar moderate positive Impulse bewirken», vermutet Pointon.
Macht das volkswirtschaftliche Umfeld keinen Strich durch die Rechnung, dann besitzt der US-Immobilienmarkt trotz der bereits verbuchten Verbesserungen sogar noch weiteres Potenzial. So betrug die Zahl der Hausbaubeginne zuletzt zwar 1,126 Millionen Einheiten und bewegte sich damit nicht weit unter dem höchsten Stand seit acht Jahren, aber laut Yardeni Research gab es Anfang der 1970er-Jahre auch schon Phasen, in denen mehr als doppelt so viele neue Häuser gebaut worden sind. Zudem bewegt sich laut Yardeni Research der Leerstand bei vermietbaren Wohnobjekten auf dem tiefsten Niveau seit drei Jahrzehnten, und die Quote der Hausbesitzer liegt mit 63 Prozent auf dem niedrigsten Stand seit Anfang 1995.
Geburtenboom schafft Potenzial
Mit Blick auf die Generation der zwischen 1982 und 2000 geborenen Millennials, deren Zahl mit 83,1 Millionen grösser ist als jene der 75,4 Millionen Babyboomer, stellt Volkswirt Ed Yardeni folgende Rechnung an: «Wenn sich konservativ gerechnet nur ein Prozent der Millennials zu einem Hauskauf in einem Jahr entscheidet, dann steigt dadurch in den kommenden Jahren die Nachfrage nach Eigentümer-genützten Einfamilienhäusern um 830'000 Einheiten p.a.»
Martin Roberge, Nordamerika-Portfolio-Stratege beim Vermögensverwalter Canaccord Genuity, erinnert ausserdem daran, dass die zuletzt erreichten 1,126 Millionen Hausbaubeginne noch immer unter dem historischen Durchschnittswert von 1,4 Millionen Einheiten liegen. Auch rechnet der Experte wegen der deutlich gesunkenen Holzpreise derzeit noch nicht mit Margendruck bei den Hausbauern. Nach seiner Ansicht sollte ihre Preisfestsetzungsmacht angesichts des niedrigen Bestands an verfügbaren Objekten ebenfalls nicht leiden.
Kurszyklus bei Hausbauaktien: Ab Oktober sind höhere Kurse zu erwarten, …
Zu guter Letzt macht sich Roberge momentan auch noch keine allzu grossen Sorgen um die Bewertungen der Branchenvertreter. Denn bezogen auf das Kurs-Buchwert-Verhältnis ist derzeit erst das historische Durchschnittsniveau erreicht worden. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch ein saisonales Detail, auf das UBS in einer Branchenstudie hinweist. Demnach verbuchten US-Hausbauaktien in der Vergangenheit im Zeitraum Oktober bis April mit Ausnahme des Monats Februar, der kleine Verluste brachte, im Durchschnitt deutliche Kursgewinne. Zwischen Mai und September lief es hingegen eher schlecht mit diesen Aktien. Wiederholt sich die Geschichte, wäre somit bis Ende des Monats noch eine günstige Einstiegsgelegenheit.
Der günstigste Zeitpunkt liegt allerdings vielleicht sogar bereits hinter uns. Denn im August vollzog der Philadelphia Housing Sector Index eine Korrektur – von deren Tief haben sich die Notierungen inzwischen aber wieder abgesetzt. Grundsätzlich betrachtet ist dadurch der langfristige charttechnische Aufwärtstrend weiterhin intakt.
… und auch die Gewinne sollen steigen
Auch das Umfeld für Aktien der Hausbauindustrie ist weiterhin gut. So erwarten die Analysten von S&P Capital IQ Recht bei den US-Hausbauern in diesem und im nächsten Jahr, begünstigt von steigenden Absatzzahlen und höheren Preisen, Umsatzsteigerungen von 15 und 11 Prozent. UBS erwartet zudem, dass die Verkäufe neuer Häuser bis 2017 um 15 bis 20 Prozent p.a. zulegen werden. Das wäre eine gute Basis für Gewinnverbesserungen der Hausbauer.
Das spiegelt sich auch in den Gewinnschätzungen für die im S&P Homebuilders Select IndustryTM Index gelisteten Branchenmitglieder wider. Der Konsens der Analysten erwartet hier nämlich in den kommenden drei bis fünf Jahren Gewinnsteigerungen von mehr als 15 Prozent p.a.
Vielversprechende Investments – Homebuilder ETF und DR Horton Inc.
Wer auf höhere Gewinne und Kurse im Sektor breit gestreut setzen will, greift zu ETFs wie SPDR S&P Homebuilders (ISIN: US78464A8889) oder zu iShares U.S. Home Construction (ISIN: US4642887529). Die beiden ETFs enthalten 35 und 44 Firmen aus dem Immobilienbereich.
Bei Einzelwerten ist unter den Hausbauern sicherlich die in 27 Bundesstaaten vertretene DR Horton Inc. (ISIN:US23331A1097) gut aufgestellt, die alle Preissegmente abdeckt. Der gemessen am Umsatz grösste US-Hausbauer hat überzeugende Quartalszahlen vorgelegt, und Analysten rechnen im Durchschnitt für die kommenden fünf Jahre mit einem Ergebnisplus von 18,5 Prozent pro Jahr, was über dem für 2015 geschätzten KGV von 15,6 liegt. Das Chartbild der mit einer sehr soliden Bilanz ausgestatteten Gesellschaft spricht ebenfalls für weiter steigende Kurse, vielleicht sogar in Richtung des im Jahr 2005 markierten Rekordhochs von 42,11 Dollar.
Lennar Corp – die Nummer zwei der Branche übertrifft die Erwartungen
Ebenfalls einen guten charttechnischen Eindruck hinterlässt die Lennar Corp. (ISIN: US5260571048). Die landesweite Nummer zwei unter den Hausbauern konnte mit ihren gerade vorgelegten Quartalszahlen die Erwartungen übertreffen.
Das 1954 gegründete Unternehmen ist in 17 Bundesstaaten aktiv, und der Konsens der Analysten geht für den Zeitraum 2014 bis 2017 von einem Anstieg beim Gewinn je Aktie von 2,80 auf 4,38 Dollar aus. Für das übernächste Jahr wäre da ein moderates 11er-KGV drin.
Vielversprechende Bauzulieferer
Wachstumsstark sind auch einige Bauzulieferer unterwegs. Das gilt für den Baumaterialien-Anbieter Masco Corp. (ISIN: US5745991068) und für den Fussboden-Spezialisten Mohawk Industries Inc. (ISIN: US6081901042), ebenso wie für den Hersteller von Baumaterialsystemen und Verbundwerkstofflösungen Owens Corning Inc. (ISIN: US6907421019).
Analysten trauen diesen drei Unternehmen in den kommenden fünf Jahren im Durchschnitt in der genannten Reihenfolge ein Wachstum beim Gewinn je Aktie von 18, 21 und 28 Prozent p.a. zu. Das bietet reichlich Potenzial für weitere Kurssteigerungen der drei Titel.
Home Depot – hohe Kursgewinne, aber nicht mehr ganz günstig
Zu einem Standardinvestment im US-Immobilien- und Bausegment hat sich zudem Home Depot Inc. (ISIN: US4370761029) gemausert. Für einen Neueinstieg könnte es dort derzeit aber bereits etwas spät sein, denn nach den starken Kurssteigerungen der letzten zwölf Monate um 50 Prozent liegt das KGV der weltweit grössten Baumarktkette mit geschätzten 21,6 für 2015 klar über dem Zehnjahresdurchschnitt von 18,2.