Die Investoren zittern um die Zustimmung der EU-Wettbewerbshüter zum bislang grössten Auslandszukauf eines chinesischen Unternehmens. Der Chemieriese ChemChina habe keine Zugeständnisse angeboten, um mögliche Bedenken der Wettbewerbshüter gegen die Übernahme der Basler Syngenta zu zerstreuen, teilte die EU-Kommission am Montag nach dem Ablauf der entsprechenden Frist mit. Die Anleger befürchten nun, dass sich die 43 Milliarden Dollar schwere Übernahme des weltgrössten Herstellers von Pflanzenschutzprodukten zumindest verzögern könnte.
Die Syngenta-Aktie brach in der Spitze an der Schweizer Börse um über neun Prozent ein. Bei Börsenschluss notierte der Titel 5,9 Prozent im Minus auf 397,50 Franken.
Keine Konzessionen offeriert
Vertreter von Syngenta und ChemChina hatten sich vor einer Woche mit den EU-Aufsehern getroffen und versucht, mögliche Bedenken auszuräumen, dass die Übernahme Kunden und Konkurrenten schaden könnte.
Nachdem die beiden Unternehmen keine Konzessionen anboten, kann die EU-Kommission die Transaktion entweder bis Freitag ohne Auflagen durchwinken oder aber eine vertiefte Untersuchung einleiten, die bis zu fünf Monate in Anspruch nehmen kann. «Konstruktive Gespräche mit der EU dauern an», erklärte eine Syngenta-Sprecherin.
Mehr Informationen am Dienstag
Zum bisherigen Zeitplan, demzufolge die Transaktion bis Ende Jahr in trockenen Tüchern sein soll, wollte sich ein Syngenta-Sprecher nicht äussern. Der Konzern werde am Dienstag bei der Berichterstattung zum Geschäftsverlauf im dritten Quartal weitere Angaben zum Stand des Genehmigungsverfahrens machen.
Bei anderen Übernahmen in Europa stossen die Chinesen zunehmend auf Hindernisse. So will Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel die Übernahmepläne des Investors Fujian Grand Chip Investment (FGC) für den angeschlagenen Chip-Anlagenbauer Aixtron nochmals unter die Lupe nehmen lassen. Gabriel hatte in der Vergangenheit China unfaire Handels- und Übernahmepraktiken vorgeworfen.
Nicht die erste Krise
Seit der Ankündigung im Februar haben Anleger die Chancen des Syngenta-Deals mehrfach hinterfragt. Das kommt auch im Aktienkurs zum Ausdruck, der mit knapp 400 Franken deutlich unter der Offerte von ChemChina liegt. Der Konzern aus Peking bietet 465 Dollar pro Aktie zuzüglich einer Sonderdividende von fünf Franken.
Baader-Helvea-Analyst Markus Mayer rechnet erst im ersten Halbjahr 2017 mit einem Abschluss. Die EU wolle wohl Zugeständnisse etwa bei genetisch modifiziertem Saatgut oder allgemeinen Handelsfragen herausholen. Gefährdet sei die Transaktion aber nicht. Im schlimmsten Fall würde wohl BASF Interesse an Syngenta anmelden, sodass das Risiko eines Kurseinbruchs begrenzt sei.
(reuters/mbü)