Wie investieren Eltern aus der Perspektive eines Erziehungswissenschaftlers am besten in ihre Kinder?
Philipp Gonon: Sie investieren am besten in die sozialen und emotionalen Fähigkeiten und die sogenannten familiären Kommunikationen. Das wirkt sich auf die psychische Stabilität und die sozialen Kompetenzen der Kinder nachhaltig aus. Eltern sollten darauf achten, dass sich bei Kindern nicht nur Fähigkeiten zur individuellen Nutzenmaximierung ausprägen, sondern dass auch die soziale gesamtverantwortliche Perspektive eine Rolle spielt. Eine solche Strategie fördert nicht nur die individuellen Kompetenzen, sondern wirkt sich letztendlich später auch auf die gesellschaftliche Wohlfahrt positiv aus.
An welche « Investments» denken Sie dabei konkret?
Eltern sollten nicht nur die engen, curricularen Fächer der Schule im Blick haben. Wichtig können darüber hinaus zum Beispiel Musikstunden oder Vereinssport sein. Auch dafür sollte Kindern Raum gelassen werden. Natürlich dürfen Eltern bei ihrer Planung und Versorgung von Zusatzkursen nicht übertreiben, das beobachten wir häufig. Kinder reagieren auf ein Überangebot manchmal sehr sensibel und ihre Wünsche sollten respektiert werden. Es muss nicht jede und jeder ein Konzertpianist oder Fussballchampion werden, es soll vor allem das Gemeinschaftliche und die Entwicklung von besonderen Fähigkeiten im Vordergrund stehen. Am besten so, dass es allen Beteiligten durchaus auch Spass macht.
Welche Rolle nehmen die Eltern dabei ganz genau ein?
Sie sollten mit ihren Kindern Zeit verbringen, sich auf sie einlassen, sie ernst nehmen und sich mit ihnen beschäftigen. Ich persönlich stufe die Rolle der Väter als sehr wichtig ein. Väter sollten nicht abwesend sein, damit beide Elternteile in der Erziehung markant präsent sein können. Es ist wohl die wichtigste Investition für einen späteren Bildungserfolg, wenn Väter über die Hausaufgaben auch Bescheid wissen. Aber nicht nur die Eltern sollten die Bezugspersonen sein. Freundschaftliche Kontakte sind für das gesamte Leben wichtig, dabei spielt auch elterliche Unterstützung eine Rolle. Die soziale Einbettung, die Verankerung in nähere und ferner Freundschaften über die Familie hinaus sind meiner Ansicht nach die wichtigste Voraussetzung für ein glückliches Leben.
Gibt es wissenschaftliche Studien, die das soziale Investieren in Kinder speziell untersucht haben?
Nein, kaum. Die noch wenig etablierte Bildungsökonomie forscht in diese Richtung. Und zur frühkindlichen Entwicklung und dem späteren Erfolg im Leben wurde einiges in den USA geforscht. Dort hat sich immer wieder bestätigt, dass sich die frühkindliche Förderung bei kleineren Kindern, die in sozial benachteiligten Brennpunkten leben, auszahlt. Je älter die Kinder sind, desto schwieriger wird es, die Dinge positiv zu beeinflussen.
Ist es eine gute oder schlechte Voraussetzung für die Entwicklung von Kindern, wenn sie mit dem Wissen aufwachsen, dass finanziell für sie gesorgt ist?
Das hat die sogenannte Eliteforschung untersucht. Es kann eine Wohlstandsverwahrlosung entstehen, vor allem wenn in solchen Fällen auch die schulischen Leistungen einbrechen. Aber zum Glück sehen wir ebenso das genaue Gegenteil: Auch Kinder mit einem starken finanziellen Hintergrund entwickeln im Laufe ihres Lebens starke soziale Fähigkeiten und engagieren sich beispielsweise in späteren Lebensphasen philanthropisch. Sicher ist dies nicht durchwegs die Regel, aber es gibt auch hier, wie überall, ein grosses Spektrum.
Immer wieder kündigen Prominente an, «unsere Kinder erben nichts, das Geld geht an eine Stiftung». Welche Signalwirkung soll das haben und wovor fürchten sich Eltern, die so entscheiden?
Diese Eltern wollen ihren Kindern etwas ganz bestimmtes vermitteln. Nämlich, dass es sich lohnt, hart zu arbeiten und eigenständige Initiativen zu ergreifen und dass Erfolg nicht vererbbar ist, sondern von eigener Anstrengung abhängig ist. Ökonomisch-rational wäre es natürlich, für die eigenen Kindern etwas Geld zurückzulegen und sei es nur für den Notfall.
Welche finanziellen Sorgen beschäftigten Eltern heutzutage am meisten? Was beobachten Sie?
Die Altersvorsorge und auch die Vorsorge für die eigenen Kinder wird immer mehr zu einem Problem. Unsere Sozialsysteme werden immer wackeliger, was an der demographischen Entwicklung liegt. Die Menschen werden immer älter. Für alle Eventualitäten kann man heutzutage gar nicht genug Geld zurück- oder anlegen. Das beschäftigt die Menschen und vor allem Eltern der Mittelschicht immer mehr.
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