Die Ansage war deutlich: Kioskbetreiberin Valora kündigte vergangenen Sommer an, gross in das rasant wachsende Geschäft mit Geldtransfers einzusteigen. Eine Partnerschaft mit der international im Geldversand tätigen Moneygram wurde bekannt gegeben. Schon bald sollten die Dienste an zahlreichen Kiosken in der Deutschschweiz aufgenommen werden, hiess es.
Doch Monate später ist der Startschuss immer noch nicht gefallen - derweil ist die Kooperation des Westschweizer Valora-Pendants Naville mit Western Union vor Monaten angelaufen.
Die Risiken unterschätzt?
Die Verzögerung erstaunt vor allem, weil jetzt Gelegenheit bestünde, die Position im rasch wachsenden Geschäft zu sichern. Die Schweiz zählt weltweit zu den interessantesten Märkten. Der hohe Anteil an Gastarbeitern sorgt für einen wachsenden Bedarf nach Geldtransfers in die Herkunftsländer. Nur in zwei Staaten ist die Nachfrage noch grösser (siehe Grafiken).
Gleichzeitig bergen Geldtransfers für die Anbieter aber hohe Reputationsrisiken. «Bargeld ist besonders anfällig für Geldwäsche; es spielt eine zunehmende Rolle bei Delikten mit Betäubungsmitteln und im internationalen Terrorismus», so Mark van Thiel, Inhaber der auf Compliance-Fragen spezialisierten TvT Compliance. Für Kioskbetreiber sei der Geldtransfer zudem ein brachenfremdes Geschäft, warnt Thiel. «Dies bedingt eine sehr gute Schulung des Personals.» Schon aus diesem Grund sei es fraglich, wie schnell das Konzept umgesetzt werden kann. So hat die SBB als Agentin des Moneygram-Konkurrenten Western Union jahrelange Erfahrung mit den Wechselstellen in den Bahnhöfen machen können. Dieses Know-how braucht es, um den hohen Anforderungen gerecht zu werden.
Valora stellt in Abrede, dass die Risiken des Projekts unterschätzt worden seien. Der Kioskkonzern will aber keinen Starttermin mehr nennen. «Wir sehen uns derzeit nicht in der Lage, ein exaktes Datum für den Abschluss der Gesuchsbearbeitung durch die Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma zu nennen», sagt Sprecherin Stefania Misteli. Bei der vor Kurzem in Steinhausen ZG gegründeten Zweigniederlassung des amerikanischen Geldüberweisungsriesen Moneygram stösst man ins selbe Horn. «Derzeit ist bei der Finma ein Gesuch zur Anerkennung als Finanzintermediär hängig», so Arpad Dioszegi, der Länderchef Schweiz von Moneygram. Bis zur Erteilung der Bewilligung gebe man keine weiteren Auskünfte mehr, so der Manager.
Das Gezerre um die Lizenz
Bis vor Kurzem klang es bei Valora noch völlig anders. Das Projekt sei startklar und man befinde sich in der Feinabstimmung mit den Geschäftspartnern.
Doch warum überhaupt will Moneygram eine Lizenz von der Finanzmarktaufsicht Finma? Die Behörde selber hält fest, dass es für das Projekt eine solche nicht zwingend brauche. Bislang haben die Agenturen der Geldtransferanbieter in der Schweiz auf ein anderes Modell gesetzt und sich Selbstregulierungsorganisationen angeschlossen, um sich gegen Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung zu wappnen. Diese Standesorganisationen werden ihrerseits von der Finma kontrolliert. Auch die bisherige Zusammenarbeit von Moneygram mit Migros Genf läuft über eine Westschweizer Selbstregulierungsorganisation.
Valora und Moneygram wählen jetzt aber die Direktunterstellung, obwohl sich Valora einer bestehenden Selbstregulierungsorganisation hätte anschliessen können. «Ich könnte mir vorstellen, dass ein internationaler Konzern wie Moneygram auf die Regulierung durch eine international anerkannte Behörde wie die Finma besteht», so Experte van Thiel. Valora verweist für Lizenz-Fragen auf Moneygram.
Die Selbstregulierungsorganisationen sind Vereine und somit eine rein schweizerische Erscheinung - trotzdem gelten sie in Sachen Geldwäschereibekämpfung als strikt und halten sich an dieselben Normen wie die Finma. Den Weg über die Selbstregulierung haben SBB und Post, zwei gewichtige Western-Union-Agenten, eingeschlagen. Beide Staatsbetriebe unterhalten je eine eigene Organisation.
Naville springt für Western Union ein
Auch Naville ist nicht darauf angewiesen, dass sich Partner Western Union von der Finma regulieren lässt. Denn das Unternehmen hat sich gleich selbst der Behörde unterstellt und tritt als Agent des Moneygram-Konkurrenten auf. Das wird sich so bald nicht ändern, denn am Europasitz von Western Union winkt man bezüglich einer Bewilligung als Finanzintermediär dankend ab: «Es ist nichts Derartiges geplant.»