Eigentlich sind Anleger mit dem Prozedere gut vertraut. Immer vierteljährlich beraten die Mitglieder der Deutschen Börse über die Daten am Aktienmarkt und entscheiden dann über Aufsteiger und Absteiger aus dem Dax, TecDax, MDax und SDax. Doch diesmal wird daraus eine grössere Übung. Denn das Gremium hat die Zusammensetzung der Indizes grundlegend reformiert. Ab dem 24. September, wenn die Umschichtung an der Börse passieren wird, bleibt kein Stein mehr auf dem anderen.
Die traditionelle, strenge Trennung zwischen dem TecDax, der eigentlich die Heimat für kleinere Tech-Titel ist, und den anderen Indizes wird aufgehoben. So ist es künftig möglich, dass TecDax-Unternehmen auch im Dax, MDax oder SDax kotiert sein können – und umgekehrt. Dafür werden MDax und SDax vergrössert. Somit finden sich 13 Unternehmen, die bislang ausschliesslich im TecDax waren, zugleich auch im Mid-Cap-Index MDax wieder. Darunter beispielsweise Qiagen, Siemens Healthineers, Freenet sowie die Software AG.
Umgekehrt werden auch die Titel von drei Tech- und IT-Konzernen aus dem Blue-Chip-Index Dax gleichzeitig in den TecDax aufgenommen. SAP, Infineon sowie Deutsche Telekom sind die neuen Schwergewichte. Die Aktien von Zahlungsdienstleister Wirecard wiederum werden in den Dax aufgenommen und bleiben dem TecDax zugleich erhalten.
Index mit völlig anderer Ausprägung
Die geplanten Umschichtungen wirbeln vor allem den beschaulichen TecDax gehörig durcheinander. Dessen Neuzugänge – SAP, Infineon, Deutsche Telekom zusammen mit Wirecard – werden ab dem 24. September gut 40 Prozent des Indexes ausmachen. In welche Richtung das künftig die Performance des TecDax treiben wird, darüber streiten die Investoren bereits heftig. Seit seiner Auflage 2003 kletterte der TecDax von 338 Punkten auf 2900 Zähler und schnitt damit deutlich besser ab als der Dax im selben Zeitraum. Es steht also einiges auf dem Spiel. Vor allem für ETF-Anleger, die in den TecDax investiert sind, bedeutet es, dass sie bald in einen Index mit einer völlig anderen Ausprägung investieren werden.
Die Anbieter von ETF wiederum müssen diese Änderungen nachbilden. Das bedeutet konkret: Die ETF, die einen Index physisch abbilden, müssen die entsprechenden Werte nachkaufen und andere verkaufen, was wiederum den Aktienkurs der betreffenden Unternehmen stützen beziehungsweise unter Druck setzen dürfte.
Beim ETF-Anbieter Black-Rock jedenfalls haben die Vorbereitungen für die anstehenden Umschichtungen bereits begonnen. Auf seiner iShares-Plattform bietet der weltweit grösste Vermögensverwalter einen TecDax-ETF, der über 1 Milliarde Euro schwer ist.
Da der 24. September ein Montag ist, werden die Änderungen bereits am Freitag, dem 21. September, nach Börsenschluss vollzogen.
Wichtig dabei ist, dass zuerst verkauft und dann nachgekauft wird, um ein sogenanntes Crossing zu vermeiden. Auch muss Blackrock in «Echtzeit» handeln, darf also keine Order im Voraus platzieren. Das Ziel ist eine «möglichst marktschonende» Vorgehensweise, wie Marc Bubeck, Blackrock-Sprecher in Frankfurt, erläutert. Am ersten Handelstag der Umschichtung jedenfalls sollten Anleger mit einiger Volatilität rechnen.
Commerzbank fliegt raus
Abgesehen vom TecDax steht auch beim Dax eine historische Bewegung an. Die Aktien von Commerzbank müssen nach der Aufnahme der Titel von Aufsteiger Wirecard in den MDax weichen. Damit verliert der Dax sogar eines seiner Gründungsmitglieder. Auch hier dürfte die Volatiltät kurzfristig hochgehen, wenn die ETF-Anbieter ihre Anpassungen vornehmen. Blackrock rechnet gemäss Bubeck beispielsweise damit, gut 7 Millionen Commerzbank-Titel zu verkaufen, um kurz darauf für die MDax-Nachbildung rund 2,5 Millionen Titel nachzukaufen. Das dürfte kaum spurlos am Aktienkurs vorbeigehen.
Mittelfristig dürften die Commerzbank-Aktien mit dem Einzug in den MDax zudem die Aufmerksamkeit internationaler Investoren verlieren. Commerzbank-Chef Martin Zielke zeigt sich im Vorfeld betont gelassen: «Es ist momentan einfach so, dass der Markt Fintechs höher bewertet als traditionelle Banken», sagt er. Allein eine Fusion mit der Deutschen Bank, worüber spekuliert wird, könnte den Titeln Schwung verleihen.
Anleger, die bevorzugt in aktive Fonds investieren, werden die Index-Umschichtungen übrigens weniger spüren. Ausser der Fondsmanager hat beispielsweise Commerzbank als grosse Position im Portfolio. Synthetische ETF wiederum können die Änderungen auch über Tauschgeschäfte nachvollziehen.