Das Emirates Palace Hotel in Abu Dhabi gilt als eines der luxuriösesten Hotels der Welt. Geht man von dort die drei Kilometer lange Uferpromenade in nordwestlicher Richtung, stösst man nahe des Banken- und Geschäftsviertels auf einen futuristischen Glasturm. In dem schicken Bürokomplex an der Corniche Street verwalten Finanzexperten aus 40 Nationen den grössten staatlichen Investmentfonds der Welt.
Erst im November vergangenen Jahres hat die Abu Dhabi Investment Authority (ADIA) ihr neues Hauptquartier bezogen. So repräsentativ das Gebäude von aussen ist, so wenig dringt aus ihm heraus. Nicht einmal das tatsächliche Gesamtvolumen des Staatsfonds ist bekannt. Von 500 bis 875 Mrd Dollar reichen die Schätzungen. Experten gehen davon aus, dass der obere Wert der Realität entspricht.
Viel Geld nimmt viel Einfluss
Diese enorme Summe an Anlagevermögen, kombiniert mit der Verschwiegenheit der Scheichs über ihre Investmentstrategie, schürte in der Vergangenheit mancherlei Ängste. Mit 875 Mrd Dollar liesse sich schliesslich eine Menge Einfluss gewinnen. In der Tat: Die Investmentpolitik des Staatsfonds von Abu Dhabi ist in jüngster Zeit offensiver geworden. Da ist etwa der viel beachtete Einstieg bei der amerikanischen Citigroup im November 2007.
Der Schwenk in der Anlagephilosophie geht mit einem Generationenwechsel bei der Führung des Fonds einher. Vor vier Jahren starb Scheich Zayed bin Sultan al-Nahyan, jener Herrscher, der Abu Dhabi seit dem Beginn des Ölbooms am Golf zu Ansehen und Wohlstand geführt hatte. Damit ging nicht nur die Führung des Landes, sondern auch des staatlichen Investmentfonds in die Hände seines Sohnes Khalifa bin Zayed al-Nahyan über. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Einnahmen aus den Ölexporten gewinnbringend anzulegen und die Abhängigkeit des Wüstenstaats vom schwarzen Gold zu reduzieren. Abu Dhabi verfügt über etwa 10% der weltweiten Rohölreserven und ist das wohlhabendste Land der Vereinigten Arabischen Emirate.
Die junge Generation, die aktuell über die Verwendung des staatlichen Vermögens entscheidet, hat in den vergangenen Jahren eine Reihe von Beteiligungen erworben, die auf den Radarschirmen der Marktbeobachter aufgetaucht sind. «Auffallend dabei ist, dass ADIA trotzdem immer unter einer Schwelle von 20% bleibt», erklärt Sonja Marten, Staatsfondsexpertin der DZ Bank.
Infrastruktur und Biotech
Unter anderem hat sich der Fonds mit 16% an der in London gelisteten Eastern European Trust PLC beteiligt, die in Unternehmen aus Zentral- und Osteuropa investiert. Mit knapp 10% ist ADIA bei einem Infrastrukturfonds der australischen Macquarie Bank eingestiegen. Weitere Beteiligungen sind die ägyptische Suez Cement Company (7,6%) und die amerikanische Biopharmagesellschaft Ziopharm Oncology (5,1%). Doch über die genaue Zusammensetzung des Portefeuilles weiss nur ADIA Bescheid.
Freilich wissen auch die Verantwortlichen in Abu Dhabi mittlerweile, dass sie sich bei ihren Geldanlagen künftig stärker in die Karten schauen lassen müssen. Denn in vielen Ländern der westlichen Welt werden Investitionen von Staatsfonds misstrauisch beäugt.
In einem Statement erklärte ADIA-Direktor Hamad al-Suwaidi darum, dass der Staatsfonds dabei sei, «den öffentlichen Einblick in die Anlagestrategie des Staatsfonds zu verbessern». Und bereits letzten Sommer erläuterten die ADIA-Chefs einige grundsätzliche Anlagestrategien des Fonds. Dieser versuche vor allem, seine Asset-Allokation nach dem Vorbild erfolgreicher Stiftungsfonds wie Harvard oder Yale auszurichten.
Die Scheichs entschieden zudem, die Investments ihres Staatsfonds in Indexfonds von 45 auf 60% auszudehnen. Dies zeigt, wie sehr ADIA sich bei seinen Engagements auf Portefeuille-Gesichtspunkte konzentriert. Auch die Langfristigkeit der Vermögensanlagen spielt eine wichtige Rolle. «Staatsfonds sind sehr geduldige Investoren», erklärt DZ-Bank-Expertin Marten. Solche würden sich in der gegenwärtigen Finanzkrise viele Unternehmen und Nationen wünschen.