Wir werden nach der Krise wohl alle etwas ärmer sein, ist die Einschätzung einiger Ökonomen in der Corona-Krise. Die Schweizer Konsumenten sind zwar seit Ende des Lockdowns wieder etwas kauffreudiger, wie der aktuelle Index der Konsumentenstimmung zeigt. Gleichzeitig sind die Menschen hierzulande jedoch sehr verunsichert – nicht nur in Bezug auf den weiteren Verlauf der Corona-Pandemie. Denn Viele fürchten um ihren Arbeitsplatz.
Die Angst vor Arbeitslosigkeit ist laut Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) so hoch wie zu Zeiten der globalen Finanzkrise. Seit April – dem bisherigen Höhepunkt der Pandemie in der Schweiz – ist diese sogar noch gestiegen, viele Leute halten ihren Arbeitsplatz nicht mehr für sicher.
Zu Recht, denn immer mehr Unternehmen kündigen Personalkürzungen an: Jüngst etwa Schindler, Sulzer und Sonova, aus der Reisebranche Hotelplan, Gategroup und Dufry sowie Unternehmen in der Uhrenindustrie.
Lage auf dem Arbeitsmarkt ist angespannt
Eine Umfrage der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (Kof) bestätigt, dass immer mehr Schweizer Unternehmen in den kommenden Monaten Stellen abbauen werden. Besonders schlecht sind die Aussichten im Gastgewerbe, doch auch für das Baugewerbe, den Detailhandel und weitere Dienstleistungsbranchen ist eine Entwarnung noch zu früh. Die fehlende Nachfrage aus dem Ausland belastet ebenso die Industrie, wo die Beschäftigungsaussichten derzeit so düster sind wie in der Finanz- und Wirtschaftskrise 2009.
Zwar stabilisierte sich die Arbeitslosigkeit zuletzt nach dem heftigen Anstieg seit Ausbruch der Pandemie leicht, aber die Auswirkungen der Corona-Krise werden vor allem durch die Kurzarbeit abgefedert – 18 Prozent aller Beschäftigten sind derzeit noch in Kurzarbeit. Waren im Juni 150'000 Menschen arbeitslos, schnellte die Zahl der Stellensuchenden weiter hoch: Fast eine Viertel Million suchen derzeit einen Job.
Diese Zahl verdeutlicht, dass die Arbeitslosigkeit in den kommenden Monaten weiter zunehmen dürfte, denn entlassene Arbeitnehmer werden beim RAV zunächst als stellensuchend gemeldet. Finden Sie nach Ablauf der Kündigungsfrist keinen Job, gelten sie als arbeitslos. Dass das Schlimmste am Arbeitsmarkt noch bevorsteht, zeigt auch die Reaktion der Behörden: Die RAVs stellen seit Monaten neues Personal ein, um sich auf die anrollende Entlassungswelle vorzubereiten.
Die Corona-Krise macht uns ärmer
Einige Ökonomen schätzen, dass bis Ende des Jahres bis zu 100'000 Jobs in der Schweiz verloren gehen. Entsprechend gross sind die Einkommensverluste: Das Wirtschaftsforschungsinstitut Bak rechnet damit, dass die Krise die Schweizerinnen und Schweizer um 1700 Franken ärmer macht.
Kein Wunder, dass die Konsumenten weiterhin vorsichtig sind und derzeit vor allem von grösseren Anschaffungen absehen. Allerdings wirkt sich die fehlende Sicherheit am Arbeitsplatz mit Verzögerung auf das Kaufverhalten aus: «Erst wenn Personen aus dem näheren Umfeld entlassen werden, wird der Konsum eingeschränkt. Man kann aber schon jetzt von einer dumpfen Angst sprechen,» erklärte der Ostschweizer Konjunkturforscher Peter Eisenhut in einem Interview mit dem «St. Galler Tagblatt» 2008.
Damals war die Konsumentenstimmung auf einem ähnlichen Tiefpunkt wie heute. Der Konsum dürfte in den kommenden Monaten demnach wieder abflauen und damit die Erholung der Schweizer Wirtschaft weiter hinauszögern.