Japans Wirtschaft winkt laut der Regierung in Tokio der längste Boom seit rund einem halben Jahrhundert - auch dank der Geldflut der Notenbank und milliardenschwerer Konjunkturpakete. Die Aussichten stünden «sehr gut», dass es wieder einen 57 Monate andauernden Aufschwung wie zuletzt Ende der 60er Jahre geben werde, sagte Wirtschaftsminister Toshimitsu Motegi am Montag.

Laut Regierungsexperten fehlt dazu nur noch ein Monat, da die Wirtschaft nunmehr seit Ende 2012 wächst. Tokio ist zuversichtlich, dass sich der Aufwärtstrend verfestigt und die öffentlichen Investitionen weiter kräftig anziehen. Doch Experten warnen vor einem konjunkturellen Strohfeuer. Denn der Staat wirkt mit milliardenschweren Konjunkturprogrammen als Katalysator des Aufschwungs, doch stösst auch er irgendwann an Grenzen.

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Ihn drückt die höchste Schuldenlast unter allen Industrieländern: 2016 lag die entsprechende Quote bei mehr als 222 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) - dies ist weit mehr als in dem notorisch klammen Mittelmeerstaat Griechenland mit «nur» 179 Prozent des BIP.

Konjunkturhilfen, Geldflut und Reformen

Dank des ausgabefreudigen Staates und konsumfreudiger Bürger ist die Wirtschaft des Fernost-Landes im Frühjahr so schnell gewachsen wie seit mehr als zwei Jahren nicht mehr. Das BIP legte von April bis Juni auf das Jahr hochgerechnet um 4,0 Prozent zu. Damit wächst es stärker als in den USA und in der Euro-Zone.

Geprägt wird der Aufschwung durch die spezielle japanische Mischung aus Konjunkturhilfen, Geldflut und Reformen. Sie wird nach ihrem Urheber, dem Ministerpräsidenten Shinzo Abe, im Ökonomenjargon «Abenomics» genannt. Die Regierung flankiert mit zahlreichen Konjunkturprogrammen dabei die ultralockere Geldpolitik der Bank of Japan.

Die Währungshüter wollen ähnlich wie in der Euro-Zone mit der Geldflut die unerwünscht niedrige Inflation anheizen und damit auch für mehr Wachstum sorgen. Anders als Europa gilt Japan in Sachen Deflation als gebranntes Kind: Auf breiter Front fallende Preise hatten die Konjunktur lange gelähmt. Verbraucher halten sich in einer solchen deflationären Abwärtsspirale in der Hoffnung auf immer günstigere Angebote zurück, Löhne sinken und Firmen stellen Investitionen zurück.

Unzureichende Lohnentwicklung

Voriges Jahr wurden von Abes Kabinett zusätzliche Ausgaben von umgerechnet etwa 134 Milliarden Franken für Projekte auf allen staatlichen Ebenen beschlossen, mit entsprechender Schubwirkung für die Konjunktur: Im zweiten Quartal 2017 legten die Staatsinvestitionen um 5,1 Prozent zu. Doch dies könnte einen Bumerang-Effekt auslösen, warnt DekaBank-Experte Rudolf Besch: «Die Vermutung liegt nahe, dass es sich hierbei um Auswirkungen eines der vielen in der Vergangenheit beschlossenen Konjunkturpakete handelt. Üblicherweise folgen auf solch einem Schub Rückschläge in den Quartalen danach.»

Auch Analyst Stefan Grosse von der NordLB erwartet, dass es für Japan schwer wird, den Schwung zu halten - auch wegen der Spannungen zwischen den USA und Nordkorea einerseits und mit China andererseits: «Der von den Investoren in unsicheren Zeiten gesuchte starke Yen und die geopolitischen Risiken dürften die Laune des Konsumenten ebenso belasten wie die unzureichende Lohnentwicklung. Japan wird weiter wachsen – nur eben langsamer.»

Wirtschaftsminister Motegi erteilte jedoch vorsorglich Rufen aus der regierenden Liberaldemokratischen Partei nach einem Nachtragshaushalt mit höheren Ausgaben eine Absage: «Unter den gegenwärtigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen» sei für den Herbst nicht mit einem solchen Zusatz-Etat zu rechnen.

(reuters/gku)