Die Schweizer Wirtschaft ist gemäss den jüngst veröffentlichten Zahlen im ersten Quartal zwar überraschend stark gewachsen. Doch das könnte bereits Vergangenheit sein: Vorauslaufende Indikatoren wie etwa das KOF-Barometer oder der Einkaufsmanager-Index (PMI) zeigen für den aktuellen Stand der Konjunktur jedenfalls ein anderes Bild.
Das von der Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich veröffentlichte KOF-Konjunkturbarometer etwa ist im Mai deutlich gesunken. Der bekannte Frühindikator sank um hohe 1,8 Punkte auf noch 94,4 Zähler, wie die KOF am Mittwoch bekannt gab.
Die Mehrzahl der im Barometer erfassten Indikatoren tendierten nach unten. Eine negative Entwicklung wurde im Bank- und Versicherungsgewerbe, beim privaten Konsum und der Auslandsnachfrage ausgemacht. Aber auch für das Gastgewerbe und die übrigen Dienstleister trübten sich die Perspektiven ein.
Zwar verbesserten sich die Aussichten im Baugewerbe. Dennoch stehe die Geschäftslage im Produzierenden Gewerbe - also in der Industrie und im Bau - unter Druck, hiess es. Hinzu komme, dass auch die Beschäftigungsaussichten ungünstiger seien als bisher.
Erwartungs-Index gesunken
Ein weiterer am Mittwoch veröffentlichter Konjunktur-Indikator zeigte ebenfalls einen Rückgang. So fiel der sogenannte CS-CFA-Index, der die Erwartungen von Ökonomen für die Schweizer Konjunktur in den nächsten Monaten misst, mit -14,3 Punkten im Mai tiefer in den negativen Bereich. Das bedeutet, dass deutlich mehr der Befragen von einer Verschlechterung bei der hiesigen Wirtschaft ausgehen als von einer Verbesserung.
Auch weitere Indikatoren zeigen ein ähnliches Bild. So war etwa der Einkaufsmanager-Index (PMI) - ebenfalls ein breit beachteter Konjunkturindikator - im April erstmals seit Dezember 2015 unter die Schwelle von 50 Punkten gefallen. Dies ist insofern von Bedeutung, als die Wirtschaft bei einem Stand von über 50 Punkten insgesamt wächst, darunter aber schrumpft. Hier wird vor allem interessant sein, ob der Mai-Wert, der am nächsten Montag veröffentlicht wird, diese Entwicklung bestätigen wird.
Aussenhandel im April schwächer
Und nicht zuletzt zeigen auch die jüngsten Aussenhandelszahlen eine Verlangsamung. So sanken die Exporte im April im Vergleich zum Vormonat auf saison- und preisbereinigter Basis um 0,6 Prozent, nachdem sie in den drei Monaten davor jeweils zugelegt hatten.
Insgesamt kontrastieren diese Indikatoren aber stark mit den am Vortag veröffentlichten Wachstumszahlen. Demnach ist das reale Bruttoinlandprodukt (BIP) der Schweiz im ersten Quartal 2019 - im Vergleich zum Vorquartal - nämlich um 0,6 Prozent und damit überraschend stark gewachsen. Vor allem beim privaten Konsum und den Investitionen gab es erstaunlich positive Werte.
Zwar zeigte sich diese Entwicklung im Vergleich zum vierten Quartal 2018 auch bei anderen Ländern wie etwa in Deutschland. Die Industrie hatte sich dort allerdings aufgrund der nachlassenden weltweiten Nachfrage, speziell aus Asien, viel schwächer geschlagen. Unser Land hatte dagegen vor allem von guten Daten aus der Pharmaindustrie und dem Uhrensektor profitiert, während der Maschinensektor ebenfalls schwächelte.
Einmaliger Ausreisser
Aufgrund der internationalen Abschwächung gehen Ökonomen denn auch davon aus, dass das BIP hierzulande nicht in gleichem Tempo weiter wachsen wird und die jüngsten Konjunkturdaten entsprechend ein realistischeres Bild zeigen. Das starke Wachstum dürfte einmalig gewesen sein und sich in dieser Form kaum fortsetzen, hiess es etwa vom Staatsekretariat für Wirtschaft (Seco) zu den BIP-Zahlen.
Ähnlich die Ökonomen der VP Bank: Der BIP-Zuwachs des ersten Quartals habe eine hohe Messlatte gelegt, die in den kommenden Quartalen kaum übersprungen werden könne. Das globale Umfeld trübe sich auch aufgrund der fortwährenden Handelsstreitigkeiten ein, was den Unternehmen die Investitionslaune verderben könne.
Mit der Eskalation der Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und China dürften auch die politischen Unsicherheiten anhalten, was einen raschen Aufschwung der Weltwirtschaft in Frage stelle, meinte die UBS. Die Schweizer Wirtschaft dürfte deshalb in den nächsten Quartalen leicht schwächer als im Trend wachsen.
(awp/mlo)