Liebhaber salzigen Knabbergebäcks, Laktose- Allergiker und Freunde asiatischer Speisen bringen die Landwirtschaft in den kriegsgebeutelten nördlichen Provinzen der Elfenbeinküste wieder in Schwung.
Das westafrikanische Land dürfte Indien als führenden Erzeuger von Cashewnüssen ablösen. Der Anbau in der Elfenbeinküste verdreifachte sich im Laufe der letzten zehn Jahre und stieg vor allem nach dem Ende des Bürgerkriegs 2011 sprunghaft an, zeigen Branchendaten.
Steigende Preise
Gleichzeitig schossen die Preise dank eines steigenden Konsums in den Vereinigten Staaten, China und Indien in die Höhe. Während Cashews in der asiatischen Küche schon lange zu den Grundzutaten gehören, erfreut sich nun auch die rohe Nuss als Snack einer wachsenden Beliebtheit, und Unternehmen wie der US-Konzern WhiteWave Foods nutzen sie zur Herstellung von milchfreien Getränken und Eiscreme.
Die Menschen verzehren zwar noch immer weitaus mehr Erdnüsse - die eigentlich gar keine Nüsse sind - Cashews sind aber im Vergleich zu anderen Baumnüssen wie Pistazien, Walnuss und Haselnuss zu einem relativen Schnäppchen geworden.
Mandeln werden unerschwinglich
Die Mandelpreise erreichten wegen der anhaltenden Dürre in Kalifornien, dem grössten Anbaugebiet, einen Rekordpreis. Die Cashew-Lieferungen der Elfenbeinküste, bereits der führende Kakaoerzeuger der Welt, legten in diesem Jahr wertmässig um fast 50 Prozent zu, was die Nüsse zur zweitwertvollsten Anbaukultur des Landes werden liess.
«Cashewnüsse sind jetzt die billigsten Baumnüsse auf dem Markt», sagt Agarmarkt-Analyst Pierre Ricau bei N’Kalô Market Intelligence Services der gemeinnützige Organisation Rongead, die Schwellenländern landwirtschaftliche Beihilfe leistet. «Der Snack-Markt entwickelt sich weiter, doch die Branche hat den Wind in den Segeln, was die Nutzung als Zutat angeht.»
Asiaten essen immer mehr Cashew
Der globale Cashew-Markt wurde vom International Nut & Dried Fruit Council vergangenes Jahr auf ein Volumen von 4,69 Milliarden Dollar geschätzt, verglichen mit 8,32 Milliarden Dollar bei Mandeln, 7,33 Milliarden Dollar bei Pistazien und 6,45 Milliarden Dollar bei Walnüssen.
Die steigenden Einkommen in den Schwellenländern Asiens sind für Cashews ein wichtiger Nachfragetreiber. Das gilt besonders für Indien, wo die Nüsse in eine Paste gemahlen die Basis für Curry-Gerichte und Süsswaren sind. Die Nachfrage in dem Land, das auch Rohcashewnüsse für den Export weiterverarbeitet, hat sich seit 2004 auf 240’000 Tonnen Kerne mehr als verdoppelt, zeigen Daten der Afrikanischen Cashew-Initiative (ACI) in Accra, Ghana. In China erreichten die Käufe 50’000 Tonnen, während es vor einem Jahrzehnt noch fast gar nichts war.
Angebot wird knapp
«Der Markt hat eine enorme Wandlung erfahren«, sagt Rita Weidinger, Executive Director bei ACI. «Die Produktion kann nicht mithalten, was bedeutet, dass nur ein begrenztes Angebot zur Verfügung steht.»
Cashews gehören nicht zu den einheimischen Kulturen der Elfenbeinküste. Die Bäume wurden in den 1960er Jahren importiert, um den kargen Norden angesichts der nahenden Sahara gegen die Wüstenbildung aufzuforsten. Sie wurden als kommerzielles Gut weitgehend ignoriert, bis sich die verarmten Farmer in den 1990er Jahren nach Alternativen zu bodenschädigenden Kulturen wie Baumwolle und Süsskartoffel umschauten. Der Kakao-Anbau findet vor allem im Süden statt.
Segen für kriegsversehrtes Land
Das Wachstum der Cashew-Branche stützte die wirtschaftliche Erholung der Elfenbeinküste nach rund einem Jahrzehnt Bürgerkrieg zwischen den Rebellen im Norden und der Armee im Süden. Nach einer umstrittenen Wahl im Jahr 2010 flammte die Gewalt fünf Monate lang wieder auf und forderte 3000 Todesopfer. Seit 2011 ist die Wirtschaft im Jahresschnitt um neun Prozent expandiert und die Regierung peilt für dieses Jahr ein Wachstum von zehn Prozent an.
«Cashews geben dem Norden Hoffnung», erklärt Malamine Sanogo, Leiter des Branchenaufsehers Cashew & Cotton Council in einem Interview in Abidjan. «Alle erkennen an, dass sich die Lebensumstände verbessert haben.»
Produktion mehr als verdreifacht
Die Produktion an der Elfenbeinküste erreichte per 30. Juni 625’000 Tonnen Cashews in Schale, verglichen mit 185’000 Tonnen im Jahr 2005, wie Daten des Cashew & Cotton Council zeigen. Im kommenden Jahr will das Land 700’000 Tonnen erzeugen und bis 2017 Indien überholen, sagt Sanogo. Es gibt kaum Verarbeitungskapazitäten in der Elfenbeinküste, sodass die Nüsse zumeist in ihrer Schale verschifft werden, die dann in Asiens Fabriken entfernt und als Cashewkerne im Inland weiterverkauft oder weiterexportiert werden.
Die Landwirte erhalten in diesem Jahr durchschnittlich 410 CFA Francs (0,62 Euro) je Kilogramm, was 37 Prozent mehr sind als vergangenes Jahr. Die Rally liess die Einnahmen aus dem Cashew-Export in der bis Juni laufenden Saison um etwa 50 Prozent auf 327 Milliarden CFA Francs steigen, wie aus Regierungsdaten hervorgeht.
Arme Bauern profitieren
Nalourou Kone ist ein 47-jähriger Landwirt aus der nördlichen Ortschaft Dianra, der von einer Besserung der Lebensumstände der Menschen durch das Geld aus dem Cashew-Anbau berichtet. Die Dorfbewohner kauften nun Motorräder statt Fahrräder und bauten Häuser aus Backsteinen statt aus Stroh, sagt er. Seine 10 Hektar grosse Farm brachte ihm dieses Jahr 5,2 Millionen CFA Francs ein und damit das Dreifache der Summe von 2010. Kone denkt daher über die Ausweitung der Anbaufläche um 20 Hektar nach.
«Es hat viele Dinge in meinem Leben verändert«, sagt Kone, der vor dem Cashew-Anbau Traktoren auf Reisfarmen gefahren hatte. «Es hat mir dabei geholfen, meine Kinder in die Schule zu schicken und ein kleines Haus zu bauen.»
(bloomberg/mbü)