Ein Jahr ist es her, dass die Welt verblüfft nach China schaute: Dort wütete ein neuartiges Virus. Mit strikten Lockdowns und scharfen Restriktionen bekam das bevölkerungsreichste Land der Erde die Pandemie innerhalb von Monaten unter Kontrolle. Seit dem Sommer kam es nur noch vereinzelt zu Infektionen und kleineren Ausbrüchen – die Wirtschaft hat sich normalisiert. 

Das Ergebnis: Als einzige der grossen Volkswirtschaften auf der Welt ist China in letzten Jahr gewachsen. Das Bruttoinlandsprodukt legte um 2,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu, wie das Statistikamt in Peking mitteilte.

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Allerdings ist es das schlechteste Abschneiden seit 1976. In den Dekaden seither ist die chinesische Wirtschaft teilweise sogar zweistellig gewachsen, und 2019 hatte es noch zu einem Plus von rund 6 Prozent gereicht.

Dennoch: Im internationalen Vergleich steht China sehr gut da, kaum eine andere Volkswirtschaft konnte sich im Pandemie-Jahr derart schnell erholen. In der Schweiz etwa ist die Wirtschaft Schätzungen zufolge um mehr als 3 Prozent geschrumpft. 

China stellt Pandemie-Waren her

Im vierten Quartal 2020 schaffte das Reich der Mitte ein überraschend kräftiges Wachstum von 6,5 Prozent, nachdem es im Sommerquartal nur zu 4,9 Prozent gereicht hatte. Grund dafür ist einerseits die starke Nachfrage nach chinesischen Exporten: Im Dezember waren sie um 18 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Denn die chinesische Wirtschaft stellte sich schnell auf die veränderte Nachfrage in anderen Ländern ein. Das Land stellt viele Güter her, die in der Corona-Pandemie weltweit gefragt sind – etwa Medizinausrüstung wie Masken oder Laptops und Bildschirme für das Homeoffice. Davon profitiert der Exportweltmeister. 

Der zweite Grund sind staatliche Investitionen in die Infrastruktur des Landes. Um der Wirtschaft zu helfen, machte Chinas Staats- und Parteiführung massiv neue Schulden. Überall im Land werden neue Strassen, Flughäfen, Brücken, U-Bahnen und Kohlekraftwerke gebaut.

Gleichzeitig steigt nicht nur die öffentliche Verschuldung, auch die enorme Schuldenlast staatlicher Unternehmen bereitet Experten Sorge. 

Den starken Anstieg der Verschuldung versuchen die Behörden nun zu drosseln, während die Erholung einsetzt. Bei einem Treffen im Dezember, bei dem die wirtschaftlichen Ziele für 2021 festgelegt wurden, signalisierte die regierende Kommunistische Partei, dass die Stimulierungsmassnahmen allmählich zurückgefahren würden.

Konsum im Land hinkt hinterher

Hinzu kommt ein weiteres Problem: Der Konsum im Land selbst hat sich 2020 unterdurchschnittlich entwickelt. Die Pro-Kopf-Konsumausgaben fielen im Jahr 2020 um 4 Prozent. Die Binnennachfrage hat sich zwar vom starken Einbruch auf dem Höhepunkt der Pandemie erholt, wozu die Regierung mit Konjunkturprogrammen beitrug. Dennoch bleibt Corona auch im Reich der Mitte ein Risiko: Immer wieder kommt es zu regionalen Ausbrüchen und entsprechenden Lockdowns, was die Nachfrage im eigenen Land weiterhin dämpft. 

Peking will dem entgegenwirken: Der Leiter des Statistikbüros Ning Jizhe sagte nach bei Veröffentlichung der Daten, für 2021 sei es «notwendig, die Konsumfähigkeit der Einwohner zu verbessern, die Konsumpolitik und das Umfeld zu verbessern und mehr Konsumwachstumsmotoren zu kultivieren.»

Experten rechnen damit, dass China den Aufschwung in diesem Jahr fortsetzen wird: Der Internationale Währungsfonds (IWF) sagt China ein kräftiges Wachstum von fast 8 Prozent voraus. Denn angesichts der durch die Corona-Mutationen weltweit nochmals angefachten Infektionszahlen ebbt der Nachfrageboom für chinesische Gesundheitsausrüstungs- und Elektronikgüter erst einmal nicht ab. 

Der Internationale Währungsfonds sagt China für 2021 ein kräftiges Wachstum von fast 8 Prozent voraus. 

Motor für die Weltwirtschaft

Neue Impulse für die Wirtschaft werden auch durch den neuen Fünfjahresplan erwartet, welcher der Volkskongress im März verschieden wird. Damit könnte ein neuer Wirtschaftskurs eingeleitet werden, der stärker auf die heimische Nachfrage und eigene Innovationen setzt, um sich unabhängiger von den USA und dem Rest der Welt zu machen.

Einen weiteren Lichtblick für das Reich der Mitte dürfte diese Nachricht sein: Laut IWF-Prognosen wird China die USA bereits 2028 als grössten Volkswirtschaft der Welt überholen – zwei Jahre früher als bisher angenommen. Denn durch den globalen Produktionseinbruch konnte die Volksrepublik ihren Anteil an der Weltwirtschaft im vergangenen Jahr deutlich erhöhen. 

Dieser Moment wird eine Machtverschiebung von West nach Ost bedeuten, sagen Experten. Diese Tendenz zeichnet sich bereits seit Jahren ab. Doch nun wird Chinas wirtschaftliche Stärke besonders deutlich, denn die meisten anderen Staaten, vor allem die USA und Europa wirtschaftlich darben. 

Solange diese nicht zu Wirtschaftswachstum zurückfinden, dient China als wichtiger Motor für die Weltwirtschaft.