Chinas Wirtschaft wächst schneller als erwartet. Die zweitgrösste Volkswirtschaft legte im ersten Quartal um 6,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zu, wie das Statistikamt am Mittwoch in Peking mitteilte.
Das Wachstum zeigt sich damit im Vergleich zum letzten Quartal des vergangenen Jahres überraschend stabil. Experten hatten in den ersten drei Monaten dieses Jahres wegen der negativen Auswirkungen des Handelskrieges mit den USA und anderer Unsicherheiten ein langsameres Wachstum erwartet.
Viele Massnahmen zur Ankurbelung des Konsums
Doch zeigen die Steuersenkungen und andere Massnahmen der chinesischen Regierung zur Ankurbelung der Wirtschaft ihre Wirkung. So stieg die Industrieproduktion im ersten Quartal um 6,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die Einzelhandelsumsätze legten um 8,3 Prozent zu. Die Anlageinvestitionen, das heisst die Ausgaben unter anderem für Maschinen, Immobilien oder Infrastruktur, wuchsen um 6,3 Prozent.
Von einem kräftigen Wachstum in China profitiert auch die deutsche Wirtschaft, die viel nach China exportiert und stark auf dem chinesischen Markt engagiert ist. «Der Wirtschaft geht es besser», sagte die unabhängige chinesische Expertin Ye Tan. «Die Börse und der Immobilienmarkt entwickeln sich gut. Hinzu kommt die lockere Geldpolitik. All diese Massnahmen kurbeln den Konsum an.» Die Aussichten seien nicht schlecht: «Es gibt keine Anzeichen, dass sich die wirtschaftliche Entwicklung dieses Jahr verschlechtert.»
OECD warnt vor langfristigen Problemen
Das Wachstum liegt auch im Rahmen der Vorgabe der Regierung mit 6,0 bis 6,5 Prozent für dieses Jahr, was gleichwohl so langsam wie seit fast drei Jahrzehnten nicht mehr ist. Zuvor hatte es allerdings auch schon andere erfreuliche Wirtschaftsdaten gegeben, so dass der Währungsfonds (IWF) seine Vorhersage für China in diesem Jahr jüngst von 6,2 auf 6,3 Prozent nach oben korrigiert hatte.
Die Organisation der Industrieländer (OECD) warnte jedoch, dass die Konjunkturmassnahmen zwar kurzfristig das Wachstum in China voranbringen, aber langfristig die Bemühungen untergraben, die - auch für viele grosse OECD-Länder - hohe Schuldenlast zu reduzieren und strukturelle Verzerrungen zu korrigieren.
«Die Politik sollte sich auf langfristige Strategien konzentrieren, die Wirtschaft in Richtung höheren heimischen Konsums und Dienstleistungen zu bewegen, die Effizienz der Wirtschaft zu verbessern und sicherzustellen, dass zukünftiges Wachstum nachhaltiger, grüner und sozial gerechter ist», heisst es in einer Stellungnahme der OECD zu ihrem neuen Jahresbericht über China.
China trägt zu einem Viertel zum globalen Wachstum bei
Im Handelskonflikt mit den USA könnte das stabile Wachstum zunächst die Verhandlungsposition Chinas stärken. Doch dürften ein Scheitern der laufenden Gespräche und eine folgende neue Eskalation der Sonderzölle schwere negative Auswirkungen haben, warnte die OECD. Darunter hätte auch die Weltwirtschaft noch weiter zu leiden, da China zu einem Viertel zum globalen Wachstum beitrage.
Die beiden grössten Volkswirtschaft haben sich seit vergangenem Jahr gegenseitig mit Sonderzöllen überzogen. Inzwischen sind rund die Hälfte aller US-Einfuhren aus China mit zusätzlichen Zöllen belastet. Die USA wollen eine Verringerung des US-Handelsdefizits und fordern besseren Marktzugang, wirksameren Schutz gegen Produktpiraterie und zwangsweisen Technologietransfer. Auch stossen sich die USA an staatlicher Förderung chinesischer Firmen, was den Markt verzerrt.
Sollte es keine Einigung in den andauernden Handelsgesprächen geben, drohen neue Strafmassnahmen. Die amerikanischen Sonderzölle auf Importe aus China im Umfang von 200 Milliarden US-Dollar könnten dann von derzeit 10 auf 25 Prozent erhöht werden.
(sda/gku/mlo)