Fast 120'000 Menschen sind weltweit bereits am Coronavirus gestorben, die Zahl der Infizierten nähert sich den drei Millionen. Volkswirtschaften kämpfen mit Produktionseinbrüchen und schlittern in die Rezession. Eine weitere Folge: Rund eine halbe Milliarde Menschen könnten nun zurückfallen in die Armut. Davor warnt der Hilfs- und Entwicklungsorganisationen-Verbund Oxfam.
Oxfam hat die Auswirkungen der Krise auf die globale Armut aufgrund schrumpfender Haushaltseinkommen und Konsumausgaben berechnet. «Die sich rasch entfaltende Wirtschaftskrise ist tiefer als die Weltfinanzkrise von 2008», so eine Einschätzung.
Globale Armut auf Niveau von 1990
Erstmals seit 1990 könnte die globale Armut wieder zunehmen. Die Krise könnte einige Länder auf ein Armutsniveau von vor drei Jahrzehnten zurückwerfen. Dabei spielen die Autoren mehrere Szenarien durch: Im Worst-Case-Szenario brechen die Einkommen um 20 Prozent ein, die Zahl der in extremer Armut lebenden Menschen würde um 434 Millionen Menschen auf fast 1,2 Milliarden weltweit ansteigen.
Die Weltbank definiert extreme Armut als ein Leben mit 1,90 Dollar pro Tag oder weniger. Die Zahl der Menschen, die unterhalb der Schwelle von 5,50 Dollar pro Tag leben, würde um 548 Millionen Menschen auf fast 4 Milliarden ansteigen.
Zudem seien Frauen stärker betroffen als Männer, da sie in Entwicklungsländern häufiger in der informellen Wirtschaft arbeiten und damit weniger abgesichert oder nicht krankenversichert sind.
Oxfam schlägt einen Sechs-Punkte-Aktionsplan vor, der Barzuschüsse und Rettungsaktionen für bedürftige Menschen und Unternehmen vorsieht.
In Hinblick auf die Jahrestagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und der Weltbank in dieser Woche fordert der Verbund zudem einen Schuldenerlass, mehr Unterstützung durch den IWF und mehr Hilfe. Die Besteuerung von Vermögen, ausserordentlichen Gewinnen und spekulativen Finanzprodukten würde dazu beitragen, die benötigten Mittel aufzubringen, fügt Oxfam hinzu.
Drohende Schuldenkrise in Schwellenländern
Die Verschuldung vieler einkommensschwacher Länder hat sich in den vergangenen Jahren verschärft, insbesondere seit 2008 haben sich viele Entwicklungs- und Schwellenländer immer weiter verschuldet. Nun fehlen vielen Ländern schlicht die Mittel, um die Corona-Krise zu bekämpfen. Auch Weltbank und IWF warnen seit längerer Zeit vor einer Schuldenkrise in Afrika südlich der Sahara. Seit dem Verfall der Rohstoffpreise ab 2015 sind diese Länder weiter unter Druck geraten.
Nun beraten die G20-Staaten über einen Schuldenerlass oder zumindest ein Moratorium, damit die ärmsten Länder der Welt ihre Schulden – mindestens bis Ende des Jahres – nicht zurückzahlen müssen. Diese Woche entscheiden die Finanzminister der G20 darüber.
(mlo)