Die aktuelle Verleihung des «Sveriges-Riksbank-Preises für Wirtschaftswissenschaft zur Erinnerung an Alfred Nobel» – oft als Nobelpreis bezeichnet – hat für aktuelle Entwicklungen weltweit eine besonders grosse Bedeutung. Ausgezeichnet wurden die Ökonomen Daron Acemoglu, James Robinson und Simon Johnson für ihre Arbeiten zur Bedeutung von Institutionen, die dafür verantwortlich sind, ob Länder ökonomisch Erfolg haben oder in Armut verharren.

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Mit Institutionen sind unter anderem ein funktionierendes Rechtssystem, eine Wettbewerbsordnung, politische und wirtschaftliche Freiheit, der Schutz von Eigentumsrechten und ein demokratisches System gemeint. Die Leistung der Preisträger – vor allem von Acemoglu – besteht vor allem darin, dass sie mit Blick auf die Geschichte eruiert haben, wieso sich an einigen Orten solche Institutionen durchgesetzt haben und an anderen nicht. Und ihre Arbeiten machen deutlich, dass Fortschritt nie gesichert ist.

Aktuell hat dies Bedeutung, weil sich global gesehen die genannten Institutionen auf dem Rückzug befinden – was vor allem für die Demokratie gilt, und das, obwohl das laufende Jahr für dieses Regierungssystem ein Jubeljahr sein müsste. Immerhin fanden oder finden in rund 70 Ländern Wahlen statt, die etwa die Hälfte der Menschheit umfassen. Von insgesamt rund 200 Ländern gelten rund 75 als Demokratien.

Demokratien halten ihre Versprechen immer weniger

Doch was sich Demokratie nennt, ist es oft nicht. Nur bei einer Minderheit der Länder, die sich so bezeichnet, entscheidet direkt oder indirekt tatsächlich das Volk. Schlimmer aber ist, dass die Ideale der Demokratie generell an Rückhalt verlieren. Darauf hat Daron Acemoglu hingewiesen, nachdem er von seiner Auszeichnung erfahren hat: Die Unterstützung für dieses Ideal sei auf einen historischen Tiefststand gefallen, erklärte er und verwies auf weltweite Umfragen, bei denen es galt, Staatsformen wie Autoritarismus, Diktaturen und eben Demokratien zu vergleichen.

Und wie erklärt der frisch gekürte Nobelpreisträger die wachsende Demokratieverdrossenheit? O-Ton Acemoglu: «Meine Erkenntnisse deuten darauf hin, dass Demokratien besonders dann schlecht abschneiden, wenn die Bevölkerung der Meinung ist, dass sie zu wenig leisten. Unter anderem halten sie ihre Versprechen in Bezug auf gute Regierungsführung, Korruptionsbekämpfung, Verringerung von Ungleichheit und Schaffung von gemeinsamem Wohlstand nicht ein.»

Dem kann man mit Blick auf die Entwicklung auch in vielen westlichen Demokratien schwerlich widersprechen. Diese Erkenntnis ist zwar weder überraschend noch neu, ebenso die Bemerkung von Acemoglu, dass auch die anderen genannten Institutionen überall, selbst in den USA und in Europa, immer schwächer werden.

Immerhin bietet der Nobelpreis die schwache Hoffnung, dass die Bedeutung der Grundlagen von Wohlstand und Freiheit wieder mehr Beachtung findet. Oder um es in den Worten von Preisträger Acemoglu zu sagen: «Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Länder sich wieder auf die Werte einer besseren und saubereren Regierungsführung besinnen und das Versprechen der Demokratie für eine breite Masse von Menschen einlösen.»