Für die Anbieter neuartiger Zahlungsdienstleistungen sollen nicht länger dieselben strengen Vorschriften gelten wie für Banken. Der Bundesrat will für die Finanztechnologie-Branche spezielle Regeln erlassen, damit diese sich entwickeln kann. Finanzminister Ueli Maurer hatte die Pläne im Oktober angekündigt. Am Mittwoch hat der Bundesrat nun die Eckwerte festgelegt und das Finanzdepartement beauftragt, eine Vernehmlassungsvorlage auszuarbeiten.
Die Branche ist noch jung, doch gibt es bereits rund 160 Fintech-Unternehmen in der Schweiz. Diese entwickeln etwa Apps für mobile Peer-to-Peer-Zahlungen, programmieren virtuelle Vermögenswerte oder eröffnen Crowdfunding-Plattformen.
Banklizenz ist teuer
Die Möglichkeiten sind heute aber beschränkt, da die Firmen für viele Dienstleistungen eine teure Banklizenz benötigen. Der Bundesrat will nun die Auflagen lockern. Zum einen soll der regulierungsfreie Raum vergrössert werden, zum anderen will der Bundesrat eine spezielle Fintech-Lizenz schaffen. Darüber hinaus plant er, die Bestimmungen zu sogenannten Abwicklungskonten in der Bankenverordnung zu ändern.
Schon heute gelten Gelder auf Konten, die einzig der Abwicklung von Kundengeschäften dienen, nicht als Einlagen. Die Finanzmarktaufsicht Finma hat jedoch festgelegt, dass das Geschäft innerhalb von höchstens sieben Tagen abgewickelt sein muss. Für das Crowdfunding – die Finanzierung eines Projekts oder Produkts über eine Vielzahl von Kapitalgebern – reicht das nicht. Deshalb will der Bundesrat die Frist für das Verwahren von Geldern auf Abwicklungskonten auf 60 Tage verlängern.
Gelder bis zu einer Million
Die Vergrösserung des bewilligungsfreien Raums betrifft die Zahl der Kunden. Heute darf ein Anbieter ohne Bewilligung höchstens von 20 Personen Gelder entgegen nehmen. Künftig soll es erlaubt sein, Gelder von unbeschränkt vielen Personen entgegen zu nehmen – bis zu einem Gesamtwert von einer Million Franken. Die Anbieter müssten ihre Kunden aber informieren, dass sie nicht von der Finma beaufsichtigt werden.
Das Finanzdepartement spricht von einem «Sandkasten»: Die Erweiterung der bewilligungsfreien Tätigkeit ermögliche Banken und Nicht-Banken die Erprobung innovativer Geschäftsideen, ohne aufwendige Vorschriften einhalten zu müssen.
Eigene Fintech-Lizenz
Mit der Fintech-Lizenz schliesslich will der Bundesrat eine neue Bewilligungskategorie schaffen für Unternehmen, die zwar Gelder entgegennehmen, aber anders als Banken beispielsweise keine Kredite vergeben. Weil das Risiko geringer ist als im klassischen Bankengeschäft, sollen die Auflagen weniger streng sein.
Das Mindestkapital soll nach dem Willen des Bundesrates fünf Prozent der Publikumseinlagen betragen, mindestens aber 300'000 Franken. Die Publikumseinlagen dürften insgesamt den Wert von 100 Millionen Franken nicht überschreiten.
Für «Nicht-Banken»
Die Finma, welche die Lizenz vergeben würde, könnte auch einen höheren Schwellenwert zulassen. Die Einlagen dürften indes nicht angelegt oder verzinst werden. Das Risiko trügen die Kunden: Ein Einlegerschutz ist nicht vorgesehen.
Was ein Unternehmen anbieten muss, um eine solche Lizenz zu erhalten, will der Bundesrat offen lassen. Vorgesehen ist lediglich eine Abgrenzung zur Bankentätigkeit. Die Sorgfaltspflichten gegen Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung jedoch sollen auch für die Fintech-Unternehmen gelten.
Rasche Umsetzung möglich
Die geplanten Änderungen könnten rasch Tatsache werden: Die Abwicklungsfrist verkürzen und den bewilligungsfreien Raum erweitern kann der Bundesrat in eigener Regie, da dafür keine Gesetzesänderungen nötig sind. Für die Schaffung einer Fintech-Lizenz braucht es zwar eine Gesetzesänderung.
Möglicherweise beschliesst das Parlament diese aber, bevor der Bundesrat die Vernehmlassung dazu durchgeführt hat. Die Wirtschaftskommission des Ständerates beantragt ihrem Rat nämlich, bei den anstehenden Beratungen zum Finanzdienstleistungsgesetz und dem Finanzinstitutsgesetz eine neue Bewilligungskategorie für Fintech-Unternehmen zu schaffen.
Chance für den Finanzplatz
Die Fintech-Branche selbst hatte auf ein rasches Vorgehen gedrängt. Weil die Politik eine Chance für den Schweizer Finanzplatz wittert, will sie dem Wunsch entsprechen. Auch im Ausland sind im Zuge der Digitalisierung im Finanzbereich Regulierungen geschaffen worden.
(sda/mbü)