In dieser Woche traf seit mehr als zwei Jahren die erste Reisegruppe in Japan ein. Die sieben Besucherinnen und Besucher aus den USA werden unter anderem den Toshogu-Schrein in Nikko und den Zenkoji-Tempel in Nagano besichtigen und dabei zeigen, dass ein sicherer Tourismus wieder möglich ist.

Die Gruppe ist Teil eines Pilotversuchs der Regierung, die nach der langen Isolation schrittweise wieder zur Normalität übergehen will.

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Insgesamt rund fünfzig Personen aus den USA, Australien, Thailand und Singapur sollen in den nächsten Tagen das Land bereisen, auf festgelegten Routen und nach strengen Regeln. So müssen die Gäste an vielen Orten Masken tragen, und es ist ihnen nicht erlaubt, den öffentlichen Verkehr zu benutzen.

Japan ist gut durch die Pandemie gekommen

Die Regeln zeigen das Dilemma der Regierung: Einerseits braucht das Land dringend die wirtschaftlichen Impulse, die vom Tourismus kommen könnten. Doch anderseits ist die Bevölkerung weiterhin gespalten in der Frage, ob das Einreisen aus dem Ausland wieder normalisiert werden soll.

In einer Umfrage der Zeitung «Mainichi» sprachen sich im Mai 43 Prozent für eine Lockerung der Einreisebestimmungen aus und 41 Prozent dagegen. Das mag daran liegen, dass Japan mit der Abschottung der letzten zweieinhalb Jahre gut durch die Pandemie gekommen ist, was Erkrankungen und Todesfälle betrifft.

Aber inzwischen ist die geschlossene Grenze mit rationalen Begründungen kaum mehr zu verteidigen. Das Coronavirus – auch die Omikron-Variante – hat sich längst im Land etabliert und verbreitet sich ohne ein Zutun aus dem Ausland.

99 Prozent weniger Einreisen nach Japan

Der internationale Reiseverkehr sei für die wirtschaftliche Wiederbelebung äusserst wichtig, sagte Tourismusminister Tetsuo Saito kürzlich auf einer Pressekonferenz. Der genaue Öffnungsplan ist aber weiterhin unklar. Bisher weiss man, dass ab Juni 20’000 Ausländerinnen und Ausländer pro Tag einreisen dürfen – doppelt so viele wie jetzt. Ab dem 10. Juni werden zudem Reisegruppen wieder zugelassen, die aber eine vorher genehmigte Reiseroute nicht verlassen dürfen.

Ebenfalls ab Juni müssen Reisende aus Ländern und Regionen mit geringem Übertragungsrisiko zudem nicht mehr in Quarantäne oder Isolation – und dies unabhängig vom Impfstatus. Allerdings ist das Land für touristische Individualreisen weiterhin geschlossen, die Lockerungen gelten für Geschäftsreisen, andere begründete Einreisen und Reisegruppen.

Dabei sind die Kosten des ausbleibenden Tourismus aus dem Ausland gewaltig; Japan verzeichnete 2019 fast 32 Millionen ausländische Besucherinnen und Besucher und erreichte damit den höchsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen.

Pandemie in Japan statt Olympische Spiele und Wirtschaftsboom

Im Jahr 2020 wollte die damalige Regierung von Ministerpräsident Shinzo Abe die Marke von 40 Millionen ausländischen Gästen knacken. Doch statt Olympischen Spielen und einem Wirtschaftsboom gab es eine Pandemie, in der sich das Land fast so sehr abschottete wie vor der Öffnung im 19. Jahrhundert.

Die Sommerspiele in Tokio fanden nach der Verschiebung um ein Jahr ohne Fans aus dem Ausland statt, und 2021 verzeichnete Japan weniger als 250’000 ausländische Staatsangehörige, die ins Land kamen – ein Rückgang von über 99 Prozent gegenüber den Zahlen vor der Pandemie.

Masken sind weiterhin omnipräsent

Ohne die Restriktionen wären die Voraussetzungen für einen Tourismusboom gut. Der schwache Yen würde insbesondere Reisenden aus den USA zugutekommen, und an der hervorragenden Tourismusinfrastruktur hat sich in den letzten Jahren nichts geändert.

Gerade erst erreichte Japan im neuen Entwicklungsindex für Reisen und Tourismus des WEF den ersten Platz vor den USA und Spanien, die bereits wieder geöffnet haben – die Schweiz landete auf dem 6. Platz von 117 untersuchten Ländern.

Doch die japanische Bevölkerung tut sich nach zweieinhalb Jahren Pandemie schwer mit der Normalisierung. Das zeigt sich auch an den immer noch omnipräsenten Masken.

Im letzten September gaben bei einer Umfrage 88 Prozent der Befragten an, im Park eine Maske zu tragen, und 79 Prozent tragen sie sogar beim Velofahren. Diese Zahl hat sich wegen Omikron seither eher noch erhöht.

Viele Gegnerinnen und Gegner einer Öffnung dürften sich auch vor weniger Disziplin bei der Beachtung der Corona-Vorsichtsmassnahmen fürchten, die mit den Reisenden aus dem Ausland Einzug halten würde. Denn anders als im Westen basieren die Massnahmen im Inland nicht auf Zwang, sondern auf der freiwilligen Teilnahme der Bevölkerung.