Die rückläufige Inflation und die überwiegend positiven Unternehmenszahlen im Euroraum haben es schon angedeutet: Die Europäische Zentralbank (EZB) senkt den Leitzins erneut um 0,25 Prozentpunkte, wie die Währungshüter um Präsidentin Christine Lagarde (68) am Donnerstag mitteilten. Neu liegt der richtungsweisende Einlagenzins, den Banken auf ihr bei der Notenbank geparktes Geld erhalten, bei 3,25 Prozent.

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Den Weg für den dritten Schritt nach unten seit der Zinswende im Juni hat die zurückgegangene Teuerung geebnet. Die Inflation in der Euro-Zone reduzierte sich im September auf noch 1,7 Prozent, wie die EZB kurz vor dem Zinsentscheid bekannt gab. Das ist die niedrigste Rate seit April 2021. Im August hatte die Teuerung noch 2,2 Prozent betragen.

Märkte legen am Donnerstag zu

Überraschend ist die Zinssenkung nicht. Sie galt am Markt bereits im Vorfeld als ausgemachte Sache. Entsprechend verzeichneten die zentralen Aktienmärkte Europas am Vormittag allesamt Kursgewinne. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 legte bis zur Mittagszeit 0,8 Prozent zu. Der deutsche Dax kletterte um 0,75 Prozent – und erreichte fast das vor zwei Tagen aufgestellte Rekordhoch.

Auch ausserhalb des Euroraums gab es an den Börsen Zugewinne. Der Schweizer SMI stieg um 0,8 Prozent, der britische FTSE um 0,4 Prozent.

Auch Fed hat Zinswende eingeleitet

Nach der Abkehr von zwei Jahren mit hohen Zinsen im Sommer setzt die EZB nun also den Kurs mit einer lockereren Geldpolitik fort – wie dies auch für andere Zentralbanken gilt. Die Schweizerische Nationalbank vollzog den dritten Zinsschritt nach unten bereits im letzten Monat. Ebenfalls im September senkte auch die US-Notenbank Fed erstmals seit 2022 die Zinsen – gleich mit einem grossen Schritt von 0,5 Prozentpunkten.

Für die Aktienmärkte entscheidend ist nun, welche Zinspläne die EZB für die kurz- und mittelfristige Zukunft hegt. Es gibt durchaus Mahner, die vor einer allzu schnellen Reduktion des Leitzinses warnen. So beträgt die viel beachtete Kerninflation ohne schwankungsanfällige Preise für Energie-, Nahrungs- und Genussmittel weiterhin 2,7 Prozent. Der EZB-Rat werde die Leitzinsen «so lange wie erforderlich ausreichend restriktiv» halten, um das Ziel einer Inflation von 2 Prozent zu erreichen, drückten die Währungshüter in ihrer Stellungnahme auf die Euphoriebremse. Das Schreckgespenst Teuerung ist also noch nicht ganz vertrieben.

Andererseits lahmt der Motor der Wirtschaftsmacht Deutschland. Und generell entwickelte sich die Wirtschaft im Euroraum zuletzt schwächer als erwartet. Entsprechend könnte die EZB mit einem weiteren Zinsschritt Impulse geben. Sinkende Zinsen können die Finanzierungsbedingungen verbessern und so zu mehr Wirtschaftswachstum führen. Analysten halten einige weitere Schritte noch in diesem Jahr und dann 2025 für wahrscheinlich.