Russland hat das Abkommen zur Ausfuhr von Getreide aus der Ukraine über das Schwarze Meer gestoppt. Das könnte besonders für Schwellen- und Entwicklungsländer verheerende Auswirkungen haben.
Denn die Ukraine und Russland gehören zu den wichtigsten Produzenten von Weizen, Gerste und Sonnenblumenöl. Eine Reduktion ihrer Exporte könnte die Weltmarktpreise für Nahrungsmittel erneut in die Höhe treiben, nachdem sich die Lage in den letzten Monaten gerade etwas entspannt hat.
Nahrungsmittelinflation hat nachgelassen
Der Nahrungsmittel-Preisindex der UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO ist seit der Spitze im März einen Viertel gesunken und hat den tiefsten Stand seit April 2021 erreicht.
Jetzt wird diese positive Entwicklung durch das Ende des Getreideabkommens abrupt gestoppt. Hinzu kommt, dass Indien den Export von weissem Reis mit Ausnahme von Basmati verbietet. Das gab die Regierung in Delhi heute Freitag bekannt. 40 Prozent der globalen Reisexporte kommen aus Indien. Mit anderen Worten: Zwei Treiber jagen die Preise am globalen Lebensmittelmarkt gleichzeitig nach oben.
Bis zu fünf Mal teurer
In den einzelnen Ländern liegen die Essenspreise trotz der Entspannung am Weltmarkt immer noch weit über dem Vorjahresniveau. Gemäss dem neusten Food Security Report der Weltbank ist die Situation in Venezuela, dem Libanon und in Simbabwe am prekärsten. Dort haben sich die Lebensmittelpreise im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdreifacht.
Auch in Argentinien beträgt die Lebensmittelpreisinflation immer noch mehr als 100 Prozent, in der Türkei und in Ägypten liegt sie bei über 50 Prozent.
In diesen Ländern ist die Inflation auch sonst sehr hoch, weil die Währung kollabiert ist.
Die Weltbank hat auch untersucht, in welchen Ländern die Lebensmittelinflation über der Gesamtinflation liegt. Sie nennt die Differenz der beiden Grössen die reale Lebensmittelpreisinflation.
Insgesamt liegen die Jahresraten der Lebensmittelpreisinflation in vier von fünf Ländern über der allgemeinen Teuerung. Am höchsten ist die reale Food-Price-Inflation in Simbabwe, gefolgt vom Libanon und von der Türkei.
Protestwellen und Regierungskrisen
Auf der Liste befinden sich aber auch Industrieländer wie Grossbritannien oder Griechenland. Auch da hat sich das Essen im Vergleich zu anderen Produkten besonders stark verteuert. In der Schweiz liegt die Nahrungsmittelinflation mit 5,1 Prozent ebenfalls deutlich über der Gesamtteuerung von aktuell 1,7 Prozent.
Die Industriestaaten können relativ gut mit etwas teureren Nahrungsmitteln leben, weil diese nur einen kleinen Teil der Konsumausgaben ausmachen. Doch in den ärmeren Ländern treiben die steigenden Essenspreise die Menschen auf die Strasse und sorgen für politische Instabilität. Das zeigen die jüngsten Proteste in Kenia, die ihren Ursprung ebenfalls in den hohen Preisen haben.
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