Der G-7-Gipfel von Biarritz ist Geschichte. In Zeiten des neuen Wirtschaftsnationalismus wenig überraschend ist das Resultat: Die Entscheidungsträger der G-7, die sich als politisch Verantwortliche der führenden Wirtschaftsnationen der Welt präsentiert haben, konnten sich nicht zu einem gemeinsamen Entscheid durchringen, der die wirtschaftliche Entwicklung gesamthaft stärkt.
Der multilaterale Weg stockt weiterhin und beim Handelskonflikt zwischen den USA und China wird munter an der Eskalationsspirale gedreht. Die wachsenden Unsicherheiten und Verwerfungen zeigen Auswirkungen. Die Weltwirtschaft schwächelt, im schlimmsten Fall eines globalen Handelskriegs könnte sich ein Abflauen der gesamten Wirtschaftsleistung von über 5 Prozent ergeben.
Diese exogenen Faktoren zeigen auch Folgen in der Schweiz mit ihrer starken internationalen Verflechtung: Jede Abschwächung der Weltkonjunktur schlägt sich im Aussenhandel nieder. Zudem steigt der Aufwertungsdruck auf den Franken.
Aufgrund des geschwächten multilateralen Ansatzes und angesichts der internationalen Verflechtung müsste die aussenwirtschaftliche Devise der Stunde eigentlich Sicherung bestehender beziehungsweise Erweiterung und Schaffung neuer Marktzugänge heissen. Doch bei der zukünftigen Ausgestaltung der bilateralen Beziehungen zur wichtigsten Handelspartnerin, der EU, herrscht Entscheidungsstillstand, obwohl kein anderes europäisches Land (EU-Mitglieder inklusive) auch nur ansatzweise gleich hohe ökonomische Vorteile durch die Teilnahme am Binnenmarkt erzielt.
Peter Grünenfelder ist Direktor von Avenir Suisse, dem Think-Tank der Schweizer Wirtschaft. Zuvor war er unter anderem Staatsschreiber des Kantons Aargau und Präsident der Schweizerischen Staatsschreiberkonferenz. Er ist auch Lehrbeauftragter für Public Governance an der Universität St. Gallen.
Und für die Erweiterung von Marktzugängen bieten neue Freihandelsabkommen die beste Gewähr. Der potenzielle Wohlstandszuwachs wäre erheblich. Allein mit den USA, unserem zweitwichtigsten Handelspartner, wurden bis dato keine formellen Verhandlungen aufgenommen, obwohl bereits heute 13 Prozent des Handelsvolumens der Schweiz davon betroffen sind.
Dabei: Ein Freihandelsvertrag Schweiz–USA dürfte einen Anstieg des Warenhandels in zweistelliger Milliardenhöhe bringen, man könnte mit 41'000 zusätzlichen Stellen beidseits des Atlantiks rechnen. Schweizer Exporte könnten um 2,1 Prozent jährlich gesteigert werden. Ausserdem würde die Rechtssicherheit gestärkt, ein nicht zu unterschätzender Parameter angesichts des angeschlagenen multilateralen Handelssystems.
«Den Bauernverband plagt neuerdings das Umweltgewissen, obwohl der Agrarsektor Umweltkosten von jährlich 7,9 Milliarden Franken verursacht.»
Das Gleiche gilt für ein Abkommen mit den Mercosur-Staaten. Obwohl der definitive Vertragstext noch gar nicht vorliegt (auch nicht das Kapitel über Nachhaltigkeit), drohen die Grünen mit dem Referendum. Der Allianz der Fundamentalkritik schloss sich der Bauernverband an, den neuerdings das Umweltgewissen plagt, obwohl der Agrarsektor Umweltkosten von jährlich 7,9 Milliarden Franken verursacht.
Ungesagt bleibt, dass die Ablehnung von Freihandel auch erfolgt, weil man Mitbewerber fürchtet und auf einen isolationistischen Kurs setzt. Selbst wenn dies zulasten der restlichen 99,4 Prozent der Schweizer Wertschöpfung geht.