Nach zwei Jahren im Tal der Tränen geht es mit der Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie (MEM) wieder steil bergauf. Das Vorkrisenniveau dürfte nach Einschätzung des Branchenverbandes Swissmem im zweiten Semester deutlich übertroffen werden.
Von Januar bis Ende Juni 2021 habe sich für das Gros der MEM-Unternehmen die Lage deutlich verbessert, erklärte der Branchenverband am Dienstag in einer Online-Medienkonferenz. Damit hat die rund zweieinhalbjährige Talfahrt der Branche ein Ende.
Denn die Krise hatte nicht erst mit dem Corona-Ausbruch im vergangenen Jahr begonnen. Bereits seit Mitte 2018 war es für die MEM-Industrie abwärts gegangen.
Seit Anfang Januar sprudeln Umsätze, Exporte und Auftragseingänge aber wieder. Insgesamt sind die Umsätze laut Swissmem im ersten Halbjahr um 9,3 Prozent gestiegen. Damit lägen sie nur noch knapp unter dem Vorkrisenniveau. Die Aufträge kletterten derweil sogar um knapp ein Viertel.
Besonders im zweiten Quartal fiel das Plus gegenüber der schwachen Vorjahresperiode sehr stark aus, als wegen dem weltweiten Lockdowns die Geschäfte eingebrochen waren. Nun schossen die Umsätze um ein Fünftel nach oben, die Aufträge zwischen April und Ende Juni gar um die Hälfte.
20 Prozent unter dem Höhepunkt
Die Exporte verbesserten sich im ersten Halbjahr um 15,6 Prozent auf 33,4 Milliarden Franken. Insbesondere die Lieferungen in die EU zogen an. Aber auch nach Asien und Amerika konnten die Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallunternehmen mehr verkaufen.
Sämtliche Warengruppen hätten vom Aufschwung profitiert, erklärte Swissmem. Die Exporte bei den Metallen, Präzisionsinstrumenten, in der Elektronik und Elektrotechnik sowie im Maschinenbau legten mit zweistelligen Wachstumsraten zu.
Aber zu einstigen Glanzzeiten fehlt noch einiges. Trotz der jüngsten Erholung sei man noch rund 20 Prozent unter dem Höhepunkt von Mitte 2018 entfernt, sagte Swissmem-Direktor Stefan Brupbacher vor den Medien.
Firmen fehlen wichtige Teile
Der Aufschwung wirkt sich auch auf die Kapazitätsauslastung in den Betrieben aus. Diese betrug Ende Juni 85,6 Prozent, nachdem sie vor zwölf Monaten auf 80,9 Prozent gefallen war. Gemäss der jüngsten Umfrage der ETH-Konjunkturforschungsstelle KOF erreichte die Auslastung im Juli gar 87,2 Prozent, womit sie über dem langjährigen Mittelwert von 86,1 Prozent lag.
Das sei erstaunlich angesichts der Lieferkettenprobleme, mit denen viele Unternehmen kämpfen würden, sagte Brupbacher. Es gebe Firmen, die ein bis zwei Monatsumsätze verlieren würden, weil sie keine Teile bekämen, sagte der neue Swissmem-Präsident Martin Hirzel.
Corona vernichtete 9000 Jobs
Bei der Beschäftigung liegen noch keine Halbjahreszahlen vor. Im ersten Quartal 2021 arbeiteten 313'500 Personen in der MEM-Branche. Damit sind innert zwölf Monaten gut 9000 Jobs verschwunden.
Aber: «Swissmem geht davon aus, dass sich die Anzahl Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufgrund der positiven Geschäftsentwicklung in den nächsten Monaten erhöhen wird.»
Nach den pandemiebedingten Einbrüchen im vergangenen Jahr, habe sich die Lage für die Mehrheit der MEM-Firmen deutlich verbessert. Fast 90 Prozent der Unternehmen beurteile die aktuelle Geschäftslage als befriedigend bis gut.
Politische Unsicherheit
«Die hohen Auftragseingänge deuten darauf hin, dass im zweiten Halbjahr die Umsätze in der MEM-Industrie das Vorkrisenniveau deutlich übertreffen werden», sagte Brupbacher. «Nach dem schwierigen 2019 und dem sehr schlechten letzten Jahr ist dieser Aufschwung bitter nötig, um vergangene Verluste auszugleichen sowie Mittel für die Innovation und die Digitalisierung zu erarbeiten».
Wie hoch das Wachstum im zweiten Semester ausfalle, könne er nicht beziffern. Dazu seien die Unsicherheiten wegen der Pandemie und der Politik zu hoch. Als Beispiel nannte Swissmem die Konflikte zwischen den USA und China.
Für die kommenden zwölf Monate erwarteten 53 Prozent der Unternehmer höhere Auftragseingänge aus dem Ausland. Lediglich 11 Prozent der Firmenchefs würden von sinkenden Aufträgen ausgehen, hiess es.
(awp/gku)