Auf der ganzen Welt steigen die Preise wegen der Lieferengpässe und des Ukraine-Kriegs. Der neueste Preisindex für die Schweiz zeigt keine Entspannung an - im Gegenteil.
So ist der Produzenten- und Importpreisindex (PPI) im April noch einmal schneller gestiegen als im Vormonat März, wie das Bundesamt für Statistik am Donnerstag mitteilte. Gegenüber dem April 2021 sind die damit gemessenen Preise um 6,7 Prozent in die Höhe geschnellt.
Der Index zeigt seit über einem Jahr einen klaren Aufwärtstrend. Zur Erinnerung: Bis im März 2021 hatte er noch ein negatives Vorzeichen aufgewiesen, kletterte dann aber bis auf +6,1 Prozent im März 2022. Und nun kam es also im April zu einer weiteren Beschleunigung.
Mineralölprodukte treiben
Der PPI misst die Preise, welche Unternehmen zu bezahlen haben, und gilt als Vorlaufindikator für die Entwicklung der Konsumentenpreise. Denn normalerweise werden die Kosten der Produktion auf die Konsumentenpreise abgewälzt.
Der PPI hat allerdings deutlich höhere Ausschläge und ist aufgrund der hohen Abhängigkeit von Rohstoffen viel volatiler. Die Konsumentenpreis-Inflation betrug zuletzt in der Schweiz 2,5 Prozent.
Der Hauptgrund für den Anstieg des PPI im Jahresvergleich sind die stark gestiegenen Preise für Öl und Gas sowie in der Folge für Mineralölprodukte. Markant teurer wurden aber auch Metalle, Kunststoff oder landwirtschaftliche Produkte.
Ökonomen nicht ganz einig
Ökonomen sind sich bei der Beurteilung der neusten Zahlen nicht ganz einig. Laut den Experten von Raiffeisen ist der Anstieg «aufgrund des Rohstoffpreisschubs und des generell hohen globalen Preisdrucks keine Überraschung».
Für die Fachleute der Zürcher Kantonalbank hingegen fiel der Anstieg höher aus als erwartet. «Es sind nicht so sehr einzelne Komponenten, die hervorstechen, als vielmehr der breit abgestützte Preisanstieg», sagte ZKB-Chefökonom Schweiz David Marmet der Nachrichtenagentur AWP.
Er befürchtet denn auch negative Folgen für die Konsumentenpreise. «Die Schweizer Inflationsraten werden länger hoch bleiben als bislang erwartet», lautet seine Prognose. «Der April-Wert von 2,5 Prozent war noch nicht der Höhepunkt.»
Er begründet dies nicht zuletzt mit den Folgen auf die administrierten Preise (Strom und ähnliches), bei welchen sich die jetzigen Steigerungen der Produzenten- und Importpreise erst verzögert auswirken würden. Weil diese zum Teil nur einmal pro Jahr angepasst würden, werde der Effekt des hohen PPI «länger nachhallen».
Konsumenteninflation dürfte weiter steigen
Konkret erwartet Marmet für die nächsten Monate Inflationsraten zwischen 2,5 und 3 Prozent. «Erst gegen Ende Jahr werden wir uns wieder der 2-Prozent-Marke von oben annähern.» Voraussetzung für dieses Szenario sei, dass der PPI-Anstieg im zweiten Halbjahr den Höhepunkt überschreiten werde. Ein positives Zeichen sei, dass die Preise für importiertes Erdöl und Erdgas vom März auf April gesunken seien.
Deswegen meinen auch die Ökonomen von Raiffeisen, dass die Jahresrate der Produzentenpreise ihren Höhepunkt langsam erreicht haben könnte. Die Verkaufspreiserwartungen der Unternehmen seien aber auf einem Rekordhoch. «Damit sind für die kommenden Monate definitiv weitere Preisüberwälzungen auf die Endverbraucherpreise vorgezeichnet.»
Entsprechend werde die Konsumentenpreis-Inflation «erst einmal eher weiter in Richtung 3 Prozent wandern», befürchten die Raiffeisen-Experten. Eine Trendumkehr vor dem nächsten Jahr sei nicht zu erwarten.
Etwas optimistischer ist Swiss-Life-Chefökonom Marc Brütsch. Er geht nach wie vor davon aus, dass im laufenden Jahr die durchschnittliche Jahresteuerung bei 1,9 Prozent zu liegen kommt - also klar unter den aktuellen Werten. Nicht mehr ganz wohl ist ihm hingegen mit der Prognose für 2023 von +0,7 Prozent. Eine Aufwärtsrevision werde derzeit überprüft, sagte er auf Anfrage.
So oder so bleibe die Inflation in der Schweiz im globalen Vergleich moderat, betonten die Raiffeisen-Experten und verwiesen etwa auf die neusten Zahlen aus Estland, wo die Jahresinflation im April um 19 Prozent nach oben geschossen war. In den USA legten die Konsumentenpreise im April um 8,3 Prozent zu, in der Eurozone betrug das Plus 7,5 Prozent.
(sda/tdr)