Angesichts der hartnäckig hohen Inflation steht den USA die dritte kräftige Zinserhöhung in Folge ins Haus. Die Finanzmärkte stellen sich für die geldpolitische Sitzung der Notenbank Fed am Mittwoch auf einen weiteren Jumbo-Schritt von 0,75 Prozentpunkten ein.
Damit würde der Leitzins in einer Spanne von 3,00 bis 3,25 Prozent landen. Manche Investoren spekulieren sogar auf eine Anhebung um einen vollen Prozentpunkt, da der Preisdruck zuletzt nicht so deutlich nachgab wie erhofft. Fed-Chef Jerome Powell wird bei einer Inflationsrate von zuletzt 8,3 Prozent voraussichtlich geldpolitische Entschlossenheit demonstrieren, auch wenn die Wall Street ein Abwürgen des Konjunkturmotors fürchtet.
Wird Fed Zinsen bis auf 4,5 Prozent treiben?
Offenbar versuche die Notenbank nun, Versäumnisse wettzumachen, da sie die Zinswende trotz der stark steigenden Inflationsrate sehr zögerlich angegangen sei, meint Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner. Bis zum Jahresende werde die Fed den Leitzins voraussichtlich noch auf ein Niveau von 4,0 Prozent hochtreiben. «Die restriktivere Geldpolitik wird Anfang 2023 wohl eine Rezession in den USA auslösen. Diese dürfte aber eher moderat ausfallen», lautet die Prognose des Ökonomen.
Anlagestratege Brian Jacobsen vom Vermögensverwalter Allspring verweist allerdings darauf, dass an den Märkten mittlerweile darüber spekuliert wird, ob die Fed die Zinsen im aktuellen Straffungszyklus sogar auf 4,5 Prozent treiben könnte.
Powell hat Leitzinsen von 3,0 bis 3,5 Prozent als «moderat restriktives Niveau» bezeichnet, wobei die Wirtschaft bereits leicht gebremst wird. Dabei wird es laut Fed-Direktor Chris Waller aber nicht bleiben: Der Leitzins müsse auf ein Niveau steigen, das die Güternachfrage in der Wirtschaft deutlich zügele. Die Fed sei zu entschlossenem Handeln bereit, um die Inflation wieder auf den Zielwert von zwei Prozent zu drücken.
Keine Senkung vor 2024 zu erwarten
Die Ökonomen der BayernLB erwarten, dass die Fed-Vertreter am Mittwoch «unisono restriktive Töne» anschlagen werden. Dies auch, um Spekulationen zu dämpfen, dass die Notenbank 2023 einen geldpolitischen Schwenk vollziehen und ihre Straffungspolitik überdenken könnte. DWS-Volkswirt Christian Scherrmann geht davon aus, dass die Fed keine Senkung vor 2024 signalisieren wird. Fed-Chef Powell hatte erst jüngst bekräftigt, die Aufgabe der Fed sei noch nicht erfüllt. Zugleich dämpfte er Erwartungen, die Fed könne die Zinszügel in näherer Zukunft lockern. Die Geschichte diene als warnendes Beispiel, dass man die Geldpolitik nicht verfrüht lockern dürfe.
Die noch immer hohe Inflation in den USA schmälert die Kaufkraft und lastet wie ein Stein auf der stark vom privaten Konsum abhängigen Wirtschaft. Die Teuerungsrate fiel im August zwar auf 8,3 Prozent von 8,5 Prozent im Juli. Der Chefvolkswirt der Deka-Bank, Ulrich Kater, spricht in diesem Zusammenhang jedoch von "einer kalten Dusche für Börsianer", da der Rückgang geringer ausgefallen war als erwartet worden war.
«Dämpfung der konjunkturellen Entwicklung wird in Kauf genommen»
Allgemein wurde diese negative Überraschung laut dem Experten so interpretiert, dass das Inflationsproblem doch hartnäckiger sei, als die Zentralbanken bislang wahrhaben wollten: «Damit gerät auch die bisherige Annahme einer weichen Landung der US-Wirtschaft, also die Vermeidung einer Rezession, ins Wanken.»
Die Fed müsse aber sicherstellen, dass die hohe Inflation nicht dauerhaft sei und den langfristigen Wachstumspfad schädige, gibt Helaba-Experte Ulrich Wortberg zu bedenken: «Die kurzfristige Dämpfung der konjunkturellen Entwicklung ist dabei nötig und wird in Kauf genommen.»
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(reuters/gku)