Die Kälte stoppt die Arbeit am Bau: Die Experten des Baumeisterverbandes schätzen, dass die Hälfte bis zwei Drittel der Schweizer Baustellen, auf denen sonst im Winter gearbeitet wird, nun stillstehen.
Noch am vergangenen Donnerstag war der Verband von lediglich einem Drittel ausgegangen. «Wir hatten jetzt mehrere Tage deutlich unter minus 4 Grad», sagt Sprecher Martin Senn. «Da wird es schon etwas gröber.»
Bei den Aussenbaustellen schätzt die Gewerkschaft Unia sogar, dass so gut wie nirgendwo mehr gearbeitet wird. «In den vergangenen Tagen hat es Auseinandersetzungen auf Baustellen im Tessin, in Zürich, Bern und Basel gegeben, wo noch draussen gearbeitet wurde», sagt Sprecher Nico Lutz. «Aber mittlerweile haben die meisten die Arbeit unserer Einschätzung nach eingestellt.»
Betonieren nicht mehr möglich
Beim grössten Schweizer Baukonzern Implenia gibt man sich dennoch gelassen. «Bei extremer Kälte können an ein paar Baustellen bestimmte Arbeiten - wie Betonarbeiten oder Aushubarbeiten - dann nicht ausgeführt werden, wenn der Boden gefroren ist», sagt Sprecher Philipp Bircher. «Ein grosser Teil unserer Projekte, so im Bereich Innenausbau, ist aber von der Kälte nicht tangiert.»
Soweit die extreme Kälte nicht zu lange anhalte, sei so etwas in der Projektplanung berücksichtigt, so Bircher. Wie viele er rund 4000 Implenia-Baustellen in der Schweiz durch die Kälte Probleme haben, will der Sprecher aber nicht beziffern.
Auch bei der Karl Steiner AG will man keine Zahlen nennen, geht laut Sprecher Claude Sulser aber nicht von grösseren Beeinträchtigungen aus. «Die einzige Komponente, die die Bautätigkeit technisch erheblich einschränkt, ist der Beton», sagt Sulser. Denn Betonieren sei nur bis minus 6 bis minus 8 Grad möglich, mit chemischen Zusätzen bis minus 10 Grad.
Arbeiter leiden unter Kälte
Doch auch für die Arbeiter sind die extremen Minusgrade ein Problem. «Sie bekommen Kälteschutzkleidung und genügend lange Pausen in geheizten Räumen zum Aufwärmen», so Implenia-Sprecher Bircher. An manchen Baustellen werde auch heisse Suppe ausgeschenkt.
Unia-Sprecher Lutz warnt: «Bei diesen Temperaturen kann man nicht den ganzen Tag draussen arbeiten, das ist gesundheitsschädlich.» Ausserdem stelle sich die Frage nach der Bezahlung. «Entweder werden die Arbeiter ohne Geld nach Hause geschickt und müssen die Zeit später nacharbeiten», sagt Lutz, «oder der Betrieb meldet Schlechtwetterversicherung an und die Arbeiter bekommen nur 80 Prozent der Bezüge.»
Ein Blick auf die Wettervorhersage zeigt, dass der Bau sich wohl noch mindestens bis Anfang nächster Woche mit diesen Problemen wird herumschlagen müssen. Denn heute klettern die Temperaturen zwar nach oben, das ist jedoch nur von kurzer Dauer. Bereits am Donnerstag wird es wieder kälter.