Die Schweiz ist nicht auf der Beobachtungsliste des US-Finanzdepartements. Haben Sie dies erwartet?
Ich habe es gehofft. Gegenüber dem Dollar hat der Franken in den letzten zehn Jahren an Stärke zugelegt. Wenn die Lage sachlich betrachtet wird, gehört die Schweiz nicht auf die Liste.
Das US-Finanzdepartement betont, dass die Schweizerische Nationalbank ihre Devisenmarktinvestitionen zurückgefahren hat.
Das ist richtig. Die SNB hat vor allem gegenüber dem Euro interveniert. Gegenüber dem Dollar hat die SNB wenig in den Markt eingegriffen, dies geht auch aus der Entwicklung des Wechselkurses der letzten Jahre hervor.
Martin Naville ist CEO der Schweizerisch-Amerikanischen Handelskammer AmCham in Zürich. Die Organisation setzt sich für die Wirtschaftsbeziehung zwischen der Schweiz und den USA ein. Naville, Jahrgang 1959, leitet die Handelskammer seit 2004.
Wie wichtig ist es für die US-Schweizerische Handelsbeziehung, dass die Schweiz nicht mehr auf der Beobachtungsliste ist?
Die Nennung auf dieser grauen Liste durfte man nie überbewerten. Es wurden ja nie Konsequenzen angedroht, es war eine technische Eingliederung. Dass die Schweiz jetzt von der Liste fällt, ist ein positives Zeichen. Eines der möglichen Probleme bei der Diskussion über einen möglichen Freihandelsvertrag ist dadurch aus dem Weg geräumt.
Sie sprechen es an: Die Schweizer Wirtschaft hofft auf einen Freihandelsvertrag mit den USA. Wie stehen die Chancen für ein solches Abkommen?
Die Chancen stehen so gut wie seit 15 Jahren nicht mehr. Ob es gelingt, hängt auch davon ab, was der US-Handelsbeauftragte sonst noch auf der Agenda hat. Wenn das Verhältnis mit China noch komplizierter wird, hat er wenig Zeit für die Schweiz. Die Wahrscheinlichkeit ist aber sehr hoch, dass die exploratorischen Gespräche weitergeführt werden.
Vor zwei Wochen erhielt Bundespräsident Ueli Maurer überraschend eine Einladung von Donald Trump ins Weisse Haus. Wollte der US-Präsident mit Maurer wirklich in erster Linie über einen möglichen Freihandelsvertrag sprechen?
Die Diskussion über ein Freihandelsabkommen war sicher einer der Hauptgründe für die Einladung. Der Haupttreiber für einen solchen Deal ist der US-Botschafter in der Schweiz, Edward McMullen. Nachdem Donald Trump seinen Besuch am Weltwirtschaftsforum in Davos absagte, setzte sich der Botschafter dafür ein, dass Trump Maurer in Washington empfängt. Das war nun das Resultat. Trump hatte wohl ein offenes Zeitfenster.
Botschafter Edward McMullen gilt als sehr engagiert.
Edward McMullen ist ein sehr aktiver und dynamischer Botschafter, und er hat einen sehr guten Draht ins Weisse Haus – so gute Kontakte nach Washington hatte bis jetzt wohl noch kein US-Botschafter in Bern.