Die EZB setzt ihren Zinserhöhungskurs im Kampf gegen die Inflation mit einer erneuten Anhebung der Schlüsselsätze fort. Die Währungshüter um Notenbankchefin Christine Lagarde beschlossen am Donnerstag, wie schon im Mai die Zinsen um 0,25 Prozentpunkte hoch zu setzen. Das ist bereits die achte Anhebung in Folge, seit die Notenbank im vergangenen Sommer nach Jahren der ultralockeren Geldpolitik auf einen Straffungskurs umgeschwenkt war.
Der Leitzins ist nun bei 4,0 Prozent angekommen. Der an den Finanzmärkten richtungsweisende Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, liegt künftig bei 3,50 Prozent – das höchste Niveau seit 22 Jahren. Die EZB teilte zudem mit, dass die künftigen Beschlüsse des EZB-Rats dafür sorgen werden, dass die Leitzinsen auf ein ausreichend restriktives Niveau gebracht werden. Dies soll eine zeitnahe Rückkehr der Inflation zum mittelfristigen Zwei-Prozent-Ziel ermöglichen.
Die Zinsen dürften weiter steigen
Die Euro-Wächter haben damit seit dem vergangenen Sommer die Schlüsselsätze um insgesamt 4,00Prozentpunkte angehoben. Die Arbeit der Europäischen Zentralbank (EZB) im Kampf gegen die Inflation in der 20-Ländergemeinschaft ist aber voraussichtlich noch nicht erledigt, obgleich der Zinsgipfel nach Einschätzung von Ökonomen immer näher rückt.
Denn die Inflation lag mit 6,1 Prozent im Mai zuletzt immer noch klar über der von der Notenbank angestrebten Zielmarke von zwei Prozent. Die viel beachtete Kernrate, bei der die schwankungsreichen Energie- und Rohstoffpreise herausgerechnet sind, beginnt zudem erst, sich langsam abzuschwächen. Mit 5,3 Prozent im Mai ist sie ebenfalls noch deutlich zu hoch. Die Kernrate gilt als guter Indikator für die zugrundeliegenden Inflationstrends und wird deshalb von den Währungshütern genau verfolgt.
Die Fed legte eine Pause ein
Die konjunkturelle Gemengelage ist für die Währungshüter nicht einfach. Denn die Wirtschaft in der Euro-Zone war im Winter in eine Rezession gerutscht, und für das Gesamtjahr erwarten Expertinnen derzeit nur ein bescheidenes Wachstum. Zudem beginnen die bisherigen Zinserhöhungen ihre Wirkung zu entfalten. So hat sich beispielsweise die Dynamik bei der Kreditvergabe bereits deutlich abgeschwächt.
Die EZB wird voraussichtlich weiter an der Zinsschraube drehen. Denn die EZB-Präsidentin hat für die nächste Sitzung im Juli eine weitere Anhebung in Aussicht gestellt. «Es ist sehr wahrscheinlich, dass wir die Zinsen im Juli weiter anheben werden», sagte Lagarde am Donnerstag im Anschluss an die Zinsentscheidung. «Wir sind noch nicht am Ziel», bekräftigte sie. «Wir denken nicht an eine Pause.» Die nächste EZB-Zinssitzung ist für den 27. Juli anberaumt.
Auf der anderen Seite des Atlantiks hat die US-Notenbank Fed nach zehn Zinserhöhungen in Folge erst einmal eine Pause eingelegt. Die Fed deutete aber an, dass sie noch bis zu zwei kleinere Schritte für dieses Jahr ins Auge fasst.
(reuters/awp/mbü)