Die Europäische Zentralbank EZB offeriert den Banken neue Langfristkredite. Nach ihrer Zinssitzung in Frankfurt verkündete die Notenbank-Spitze, dass man von September 2019 bis März 2021 neue Geldspritzen anbieten werde. Die Laufzeit der Refinanzierungspakete für Europas Banken betrage jeweils zwei Jahre.
Zugleich meldet der EZB-Rat, dass die Leitzinsen unverändert bleiben – und dabei eröffnete das Team um EZB-Chef Mario Draghi sogar eine genauere Perspektive: Man gehe «inzwischen davon aus, dass die EZB-Leitzinsen mindestens über das Ende 2019 und in jedem Fall so lange wie erforderlich auf ihrem aktuellen Niveau bleiben werden», so die Mitteilung vom Donnerstag.
«Zeitpunkt überraschend»
Von den Geldsalven dürften insbesondere klamme Banken in Italien profitieren. Im Hintergrund steht aber auch, dass die Zentralbank ihre Erwartungen für das Wachstum im Europa senkte: Im laufenden Jahr dürfte das BIP im Euroraum noch um 1,1 Prozent zulegen; im Dezember hatten die Euro-Ökonomen noch ein Plus von 1,7 Prozent prognostiziert.
«Das Vorgehen zeigt, dass der extreme geldpolitische Krisenmodus zum Standard geworden ist.»
Marcel Fritzsche, DIW
«Der Zeitpunkt - nicht der Inhalt - der Ankündigung kommt doch überraschend und hat etwas von Panik», kommentiert Carsten Brzeski von ING-Deutschland. «Das Hauptziel der EZB ist aktuell zu verhindern, dass die Geldpolitik restriktiver wirkt. Das hätte man allerdings auch noch im April ankündigen können, denn letztendlich sind es vor allem technische Massnahmen.»
Uwe Burkert, der Chefvolkswirt der Württembergischen Landesbank LBBW, sagt:«Jetzt ist die Katze aus dem Sack. Die Leitzinsen sind bis mindestens Ende des Jahres festgeschrieben.» In Grundzügen sei dies so erwartet worden: «Die EZB macht sich ernste Sorgen über die Konjunktur, und sie hat eigentlich nur noch die Forward Guidance und gezielte Tender in ihrer Werkzeugkiste.
Zinswende am Sankt Nimmerleinstag
Marcel Fritzsche, der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, empfindet das neue Kreditprogramm der EZB dann doch als früher denn erwartet – und «deutlich expansiver». Dies werde zuerst wohl positive Folgen haben: «Die vierteljährliche Vergabe bis März 2021 mit einer zweijährigen Laufzeit wird es den Banken deutlich erleichtern, ihre Kreditvergabe fortzusetzen und auszubauen.»
«Die EZB hat die Leitzinswende für 2019 heute abgesagt», meint Alexander Krüger, der Chefökonom des Bankhauses Lampe: «Dadurch verschiebt sich die Zinswende wohl auf den Sankt Nimmerleinstag.»
Mit der Öffnung der Geldschleusen dürfte sie vor allem den angeschlagenen Bankensektor im Blick haben, insbesondere in Italien. «Das EZB-Vorgehen zeigt, dass der extreme geldpolitische Krisenmodus zum Standard geworden ist.»
(Reuters/rap)
Medienauftritt der EZB-Spitze unter Mario Draghi am 7. März 2019.