Die Europäische Zentralbank sollte nach Ansicht des deutschen Bundesbankpräsidenten Joachim Nagel bei Massnahmen zur Begrenzung der Kreditkosten schwächerer Euro-Länder vorsichtig sein und diese nur unter strengen Bedingungen einsetzen.

Der als Falke geltende EZB-Rat äusserte sich am Montag erstmals öffentlich zu dem geplanten Instrument der Notenbank gegen die so genannte Fragmentierung der Eurozone. Die Agentur Bloomberg hatte bereits berichtet, dass er in einer Dringlichkeitssitzung des Entscheidungsgremiums Vorbehalte zum Ausdruck gebracht hatte.

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Voraussetzungen für Spreadausweitung eng definieren

«Allenfalls in Ausnahmesituationen und unter eng gesteckten Voraussetzungen lassen sich ungewöhnliche geldpolitische Massnahmen gegen Fragmentierung rechtfertigen», sagte Nagel bei einer Rede beim Frankfurt Euro Finance Summit. Nur ein «klar eingegrenztes Instrument» könne zum Einsatz kommen.

Mit Gewissheit festzustellen, ob eine Spreadausweitung fundamental gerechtfertigt ist, sei «so gut wie unmöglich», so Nagel. «Hier gerät man schnell in gefährliches Fahrwasser.»

Angst vor einer neuen Euro-Schuldenkrise

Im Vorfeld der ersten Zinserhöhung der EZB seit mehr als einem Jahrzehnt fürchten die Märkte eine Neuauflage der europäischen Schuldenkrise. Zu dem Eiltreffen des Rates und dem Beschluss zu einem neuen Instrument kam es unter dem Eindruck eines massiven Abverkaufs italienischer Staatsanleihen.

Auf derselben Veranstaltung skizzierte EZB-Vizepräsident Luis de Guindos einen Test, der anzeigen könnte, dass die vom Markt verlangten Risikoprämien überzogen sind.

«Für zwei gleichermassen solide Unternehmen im Euroraum sollte eine Änderung des geldpolitischen Kurses zu einer ähnlichen Reaktion bei ihren Finanzierungsbedingungen führen, unabhängig davon, in welchem Land sie ansässig sind», sagte de Guindos. «Sollte dies nicht der Fall sein, werden wir reagieren, um eine Fragmentierung zu verhindern, mit geeigneten Schutzmassnahmen, um Moral Hazard zu vermeiden.»

Drei Gründe, die das Instrument rechtfertigen würden

Nagels Kritik an den Plänen ist die bisher weitreichendste, die öffentlich geäussert wurde. Er warnte, dass sich die Zentralbanken «nicht von oft sehr kurzlebigen Entwicklungen an den Finanzmärkten treiben lassen» dürfe.

Der deutsche Währungshüter nannte drei Gründe, die «nachvollziehbar» vorliegen müssten, um das Instrument zu rechtfertigen:

Erstens, die Zinsabstände sind in der beobachteten Höhe fundamental nicht gerechtfertigt. Das heisst, sie sind das Resultat von Übertreibungen auf den Finanzmärkten.

Zweitens, die geldpolitischen Signale kommen in einzelnen Mitgliedstaaten nicht wie intendiert an. Das heisst, der Transmissionsmechanismus ist beeinträchtigt.

Und drittens, die Fähigkeit des Eurosystems, Preisstabilität für den Euroraum zu gewährleisten, ist dadurch eingeschränkt.

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(bloomberg/gku)