US-Notenbankchef Jerome Powell will sich bei der Entscheidung über eine mögliche Zinssenkung nicht vom Weissen Haus reinreden lassen. Seine Kollegen und er seien darauf fokussiert, den Zins auf das richtige Niveau zu setzen, betonte er am Dienstag in New York.
Mit Blick auf die anhaltenden Attacken von US-Präsident Donald Trump auf den Kurs der Notenbank fügte er hinzu: «Die Fed ist immun gegen kurzfristigen politischen Druck - das wird oft als unsere Unabhängigkeit bezeichnet.»
In den vergangenen sechs bis acht Wochen hätten sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bedeutend verändert. Die Schlüsselfrage sei nun, ob die Unsicherheit auch weiterhin auf dem Ausblick laste, sagte Powell und hielt damit die Tür für eine Zins-Senkung weiter offen.
Der Fed-Chef sagte, der Kongress habe den unabhängigen Status der Fed bewusst so gewählt. Denn es sei schädlich, wenn die Geldpolitik vor kurzfristigen politischen Interessen einknicke. «Zentralbanken in Demokratien grosser Länder weltweit geniessen eine ähnliche Unabhängigkeit», betonte Powell.
Trump kritisiert starken Dollar
Die Attacken Trumps auf die Notenbank gipfelten zuletzt in der Aussage des US-Präsidenten, dass er Powell degradieren könne. Aus dem Umfeld des Staatschefs hieß es nun, Trump plane dies nicht. Doch halte er den Dollar für zu stark.
Der Präsident setze darauf, dass die Fed mit ihrer Zinspolitik dieses Problem lindern könne. Wegen der anhaltenden Kritik steht die Fed unter Druck, dass eine Umstellung auf eine lockerere Geldpolitik an den Märkten nicht als Einknicken vor dem Präsidenten gewertet wird. Powell stellte jüngst klar, dass er sich nicht aus dem Amt drängen lassen werde.
Er hatte unlängst vor dem Hintergrund des eskalierenden Handelsstreits zwischen den USA und China Bereitschaft zu einer Zinssenkung signalisiert. Die Fed behielt den Leitzins allerdings in der vergangenen Woche in einer Spanne von 2,25 bis 2,5 Prozent. An den Märkten wird bereits für Juli mit einer Zinssenkung gerechnet.
Der Chef der Fed-Bezirks Dallas, Robert Kaplan, plädierte nun allerdings für eine abwartende Haltung. Es sei noch zu früh zu beurteilen, ob die Handelsstreitigkeiten und andere Unsicherheiten dem US-Wirtschaftswachstum schadeten. Er wolle deshalb die Entwicklungen in den kommenden Wochen und Monaten beobachten.
Handelsgespräche beim G20-Gipfel
Beim Handelsstreit richten sich nun alle Blicke auf ein geplantes Treffen zwischen Trump und seinem chinesischen Kollegen Xi Jinping am Wochenende am Rande des G20-Gipfels im japanischen Osaka. Im Mai war der Gesprächsfaden zwischen den beiden Handelsmächten abgerissen.
Die US-Seite hatte der Regierung in Peking vorgeworfen, von bereits gemachten Zusagen wieder abzuweichen. China und die USA haben sich gegenseitig mit Sonderzöllen überzogen, was die Konjunktur weltweit bremst. Trump wirft der Volksrepublik unfaire Handelspraktiken vor und hat mit weiteren Maßnahmen gedroht.
(reuters/mlo)