Über 42 Millionen Logiernächte verzeichnete die Beherbergungsbranche im vergangenen Jahr. Und damit – so freuen sich die Branchenvertreter – war 2024 das beste Jahr aller Zeiten. Fast zeitgleich teilt das Staatssekretariat für Migration mit, dass die Nettozuwanderung aus den EU- und Efta-Ländern 2024 bei knapp 54’000 Personen lag, wobei es betont, dass dies ein erheblicher Rückgang gegenüber dem Vorjahr sei. Allerdings liegen die Zahlen von 2024 in der Grössenordnung der Zahlen von 2022 und somit weiterhin deutlich über dem langjährigen Durchschnitt.
Doch was haben diese beiden Meldungen gemeinsam? Die Antwort: Die Schweiz ist zu billig geworden. Dass die Schweiz beispielsweise für US-Skitouristen günstiger ist als einheimische Destinationen, liegt am vergleichsweise tief bewerteten Franken. Das Gleiche gilt für die aktuell starke Nettozuwanderung aus den EU- und Efta-Ländern. Während Ersteres auf der Hand liegt, sind die Zusammenhänge bei der Zuwanderung komplizierter. Das Stichwort dazu lautet «Trilemma der Wechselkursregime».
Der Gastautor
Boris Zürcher war bis Ende 2024 Direktor für Arbeit beim Seco und ist neu regelmässiger Gastautor der «Handelszeitung». Die Ansichten der Gastautoren müssen sich nicht mit jenen der Redaktion decken.
Gemäss diesem Trilemma können bei freiem Kapitalverkehr die beiden Ziele einer autonomen Geldpolitik – sprich: die Zinsen festlegen und die Wechselkurse stabil halten – nicht gleichzeitig erreicht werden. Es geht nur entweder oder. Hier kommt die Nationalbank (SNB) ins Spiel. Zwar präsentiert sie anlässlich ihrer geldpolitischen Lagebeurteilung jeweils ihre Inflationsprognose und leitet daraus die Zinsentwicklung ab, jüngst weiter nach unten. Gleichzeitig merkt sie aber seit Jahren an, bei Bedarf auch weiterhin bereit zu sein, am Devisenmarkt aktiv zu werden.
Die SNB verfolgt eine gemischte Strategie: Sie will sowohl den Wechselkurs stabilisieren als auch die Binnenkonjunktur steuern. Gemäss Trilemma ein Ding der Unmöglichkeit. Weil sie der Wechselkursstabilisierung scheinbar ein höheres Gewicht einräumt und den Franken-Kurs stark am tendenziell schwächer werdenden Euro ausrichtet, nimmt sie zwangsläufig in Kauf, die Binnenkonjunktur laufen zu lassen.
Eine Folge davon ist ein kräftiges Beschäftigungswachstum. Offensichtlich bei den Logiernächten, denn mehr davon führt zu einem grösseren Personalbedarf. Vor allem die tiefen Zinsen erlauben aber den Unternehmen – insbesondere den staatsnahen – einen starken Personalausbau. Angesichts einer bereits sehr grossen Ausschöpfung der inländischen Potenziale übersetzt sich dieses Beschäftigungswachstum unmittelbar in eine regere Zuwanderung.
Mithin ist die «zu starke» Nettozuwanderung im Rahmen der Personenfreizügigkeit ein Kollateraleffekt der Geldpolitik. Durch eine andere Gewichtung hätte es die SNB in der Hand, die Zuwanderung zu bremsen – dafür braucht es keine Schutzklausel. Letztlich eine heikle Abwägung im Kontext der politisch umstrittenen Personenfreizügigkeit.