Nigeria bleibt wohl auch in diesem Jahr der wichtigste Erdöllieferant für die Raffinerie in Cressier NE. Kasachstan, das 2014 noch fast gleich viel Erdöl in die Schweiz lieferte wie Nigeria, holt jedoch nach dem starken Einbruch 2015 wieder auf.
Vom grössten afrikanischen Erdölexporteur stammten 2016 mehr als ein Drittel der Schweizer Erdölimporte. Auch im laufenden Jahr blieb Nigeria unangefochten an der Spitze. Aus diesem bevölkerungsreichen aber auch durch Misswirtschaft und Korruption geprägten Land stammten gemäss der Statistik der Eidg. Zollverwaltung in den ersten fünf Monaten sogar rund 45 Prozent der Importe.
Kasachstan wird wichtiger
Auf den weiteren Plätzen hat sich dagegen einiges verändert. Einen steilen Wiederaufstieg legte Rohöl aus Kasachstan hin. 2015 waren die Importe aus dem zentralasiatischen Land auf einen Anteil an den gesamten Öleinfuhren von 8 Prozent eingebrochen. Danach erholten sie sich 2016 auf 16 Prozent. In den ersten fünf Monaten in diesem Jahr explodierte der Anteil nun förmlich auf 45 Prozent. Von Januar bis Mai deckten mit Nigeria und Kasachstan also nur gerade 2 Länder 90 Prozent der gesamten Schweizer Rohölnachfrage ab.
Stark rückläufig waren die Importe hingegen aus den USA und Mexiko. Lieferten diese zwei Länder 2016 zusammengezählt noch einen Drittel des Rohöls, hat Cressier in diesem Jahr nur noch geringe Mengen aus dieser Region importiert. Offensichtliche Gründe dafür gibt es nicht. «Für Raffinerie-Betreiber sind grundsätzlich vor allem der Preis und die Qualität für die Wahl der Erdöllieferanten entscheidend«, sagt David Suchet von der Erdöl-Vereinigung (EV).
Libyen weniger gefragt
Er verweist zudem darauf, dass die Anteile der Herkunftsländer innerhalb eines Jahres stark schwanken können. Im Fall der USA sei allgemein anzumerken, dass die Vereinigten Staaten die Erdölförderung in den letzten Jahren stark gesteigert haben.
Eingebrochen ist aufgrund der schwierigen politischen Situation die Erdölförderung in Libyen. Mit einiger Verzögerung und auf Umwegen zeigt sich das auch in der Schweiz. 2014 war das nordafrikanische Land mit einem Anteil von über 35 Prozent für die Schweiz noch der wichtigste Rohöllieferant. 2016 machte das libysche Öl dagegen nur noch 2 Prozent der Importe aus. Direkte Ursache dafür ist die im April 2015 erfolgte Schliessung der zweiten Schweizer Raffinerie in Collombey, die dem libyschen Staatsfonds Libyan Investment Authority gehört. Dieser betreibt unter der Marke Tamoil in Europa sowohl Tankstellen wie auch Raffinieren.
Kein saudisches Öl
Die Schweiz hat in den letzten Jahren aus rund einem Dutzend Länder Rohöl importiert. Ein prominenter Abwesender auf der Liste ist Saudi-Arabien – immerhin der grösste Erdölproduzent weltweit.
Diesmal liegt der Grund nicht in den Besitzverhältnissen, sondern in der Qualität. «Die Schweizer Raffinerie verarbeitet nur leichtes, schwefelarmes Rohöl, das zu leichten Produkten wie Benzin, Diesel oder Heizöl verarbeitet werden kann», sagt Suchet. Saudi Arabien dagegen fördere vor allem schweres, schwefelreiches Rohöl, das zwar günstiger im Preis, jedoch aufwändiger in der Raffinierung sei.
Drei Viertel werden importiert
Dass in der Schweiz nur leichte Ölsorten verarbeitet werden, heisst jedoch nicht, dass Schweizer Treib- und Brennstoffe nicht aus saudischem Rohöl stammen können. Die Raffinerie in Cressier deckt nämlich nur rund ein Viertel des Schweizer Bedarfs an Rohöl-Produkten. Drei Viertel davon werden importiert. Über die Hälfte dieser Einfuhren sind Lieferungen aus Deutschland. Der Rest stammt mit Anteilen zwischen 9 und 14 Prozent aus Frankreich, Italien, Niederlanden und Belgien.
(sda/mbü/jfr)