Der Export nach Grossbritannien aus der Schweiz brach im letzten Jahr um einen Drittel ein – und zwar im langjährigen Vergleich. Das Phänomen sei vorübergehend, sagten die Briten zunächst. Der Handel werde sich wieder einrenken, sobald man sich an die neuen Handelshürden zwischen London und der EU gewöhnt habe.

Dies sagte zuletzt auch der britische Handelskommissär Chris Barton zur «Handelszeitung». Nun hat ein Forschungsinstitut der London School of Economics and Political Science in einer breit angelegten Studie diese Vermutung widerlegt. Über 1200 Produkte wurden vor und nach dem Brexit angeschaut.

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Sie kommt zum Schluss, dass sich viele kleine Exporteure aus der EU aus dem Geschäft zurückgezogen haben – und zwar nachhaltig. «Das neue Handelsabkommen hat 2021 zu einem raschen und anhaltenden Importeinbruch um 25 Prozent geführt», schreiben die Autoren des Centre for Economic Performance der Elite-Universität.

Brexit führt zu Schock

Zwar hätten die Importe in die EU nicht sehr gelitten. Aber die Exporte seien in der Breite und «durch den Wegfall vieler kleinerer Exportmengen» reduziert worden. Mit anderen Worten: Die Vielfalt der importierten Produkte in Grossbritannien hat gelitten. Der Brexit führte zu einem «Schock im Export der EU nach Grossbritannien».

«Das Brexit-Abkommen führte zu einem Schock im Export der EU nach Grossbritannien.»

Studie der London School of Economics and Political Science

Damit bestätigt die Studie die Befürchtungen kleinerer und mittelgrosser Firmen aus EU-Ländern, dass die neuen Handelshürden vor allem ihnen schade. Sie kämpfen laut der Studie mit den Zollkontrollen, der Mehrwertsteuer (VAT) und weiteren neuen Zulassungsauflagen.

Eine vergleichbare Untersuchung gibt es in der Schweiz nicht für KMU. Aber der scharfe Einbruch, den die Handelsstatistik zeigt, deutet auf ein ähnliches Phänomen hin. Die Exporte haben sich im Zeitraum 2015 bis 2021 um 32 Prozent reduziert. Sämtliche Schweizer Exportsektoren waren betroffen. Auch indirekt war der Export betroffen, weil der Umfang der Exporte in die EU für Produkte, die nach Grossbritannien weiterexportiert wurden, ebenfalls einbrach.

Zu den Ursachen gehen die Meinungen weit auseinander. Die einen Experten sagen, dass die Briten zunehmend ihre Industrie abschaffen und hauptsächlich zu Dienstleistern werden. Dies zeigt zuletzt auch eine Analyse Baden-Württembergs von 2019. Dieser Prozess hat in den 1990er Jahren begonnen und sich auch 2015 fortgesetzt.

Die Folge: Die britische Industrie fragt seltener als früher neue Maschinen, Roboter und Präzisionsgeräte nach. Diese sind eine Spezialität der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie. Auf diese These deuten auch die rückläufigen Exporte nach Grossbritannien aus Deutschland und den USA hin.

Fehlende Anerkennung und Zolldiskriminierung

Andere sagen, dass vor allem das Brexit-Abstimmungsergebnis im Juni 2016 etliche Investoren vergrault habe. Sie stornierten seitdem ihre Projekte in Grossbritannien. Dies führte zu einem langjährigen Nachfrageeinbruch von Investitionsgütern. Dieser Trend beschleunigte sich noch 2019, als die Verhandlungen zwischen London und Brüssel im vollen Gange waren. Zuletzt hat Economiesuisse eine vertiefe Analyse über die Probleme im Handel durchgeführt.

Und schliesslich gibt es solche, die sagen, dass die durch den Brexit errichteten neuen Handelsbarrieren den Handel mit Grossbritannien massgeblich bremsen. Der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU geht für Schweizer Unternehmen unweigerlich mit neuen Handelshürden in Europa einher.

Es harzt an der gegenseitigen Anerkennung von Standards. Mit Grossbritannien als Teil der EU bestanden zwanzig Abkommen über den Abbau von Handelshemmnissen bis zum Austritt. Seitdem sind es nur noch deren drei (für Autos, Labors und die Herstellung). Die CE-Zertifizierung nützt für Exporte nach Grossbritannien ab 2022 nichts mehr. Die Briten wollen eine eigene Zertifizierung.

Und schliesslich sind die Schweizer Wertschöpfungsanteile in europäischen Produkten teurer – beispielsweise Komponenten für in Deutschland gefertigte Maschinen, die nach England gehen. Dies macht schweizerische Vorprodukte in EU-Produkten preislich weniger attraktiv als früher.