Die Schweizer Wirtschaft ist 2020 wegen Corona so stark eingebrochen wie nie mehr seit Mitte der 70er Jahre. Dank schnellen Lockerungen im Sommer schrumpfte das BIP dann allerdings weniger als anfänglich befürchtet.

Vor allem das zweite Quartal dürfte in die Annalen eingehen. Der umfassende Lockdown in der Schweiz wie aber auch in den meisten Weltregionen führte phasenweise zu einem fast Totalabsturz der hiesigen Konjunktur. Bekanntlich mussten ab Mitte März praktisch alle Einkaufsläden, Coiffeur-Salons, Restaurants, Theater, Sporteinrichtungen etc. schliessen. Aber auch der Unterbruch der internationalen Lieferketten in der Industrie oder der fast totale Stillstand im internationalen Tourismus trugen das Ihrige dazu bei.

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Grösster vierteljährlicher Einbruch

Das reale Bruttoinlandprodukt (BIP) sank gegenüber dem Vorquartal um massive 7,0 Prozent. Gemäss den Zahlen des Staatssekretariates für Wirtschaft (Seco) handelte es sich dabei um den grössten Einbruch seit Beginn der vierteljährlichen Aufzeichnungen im Jahre 1980.

Für einzelne Branchen waren die Einbussen aber noch viel massiver als für die Gesamtwirtschaft. So sank etwa die Wertschöpfung im Gastgewerbe in der Periode von April bis Juni 2020 um 53 Prozent, im Bereich «Kunst, Unterhaltung, Erholung» waren es -37 Prozent. Da Aussenhandel und internationale Reisetätigkeit längere Zeit darnieder lagen, brachen aber auch Exporte und Importe zweistellig ein. Und da viele Unternehmen wegen der Pandemie ihre Investitionen per sofort zurückfuhren, gab es auch bei den Ausführungsinvestitionen ein sattes Minus von gut 10 Prozent.

Dass der Aussenhandel und Investitionen bei einem internationalen Konjunktureinbruch leiden, ist für die Schweiz als offene Volkswirtschaft eigentlich nichts neues. Dass aber auch der private Konsum, der sonst in Krisen relativ stabil ist, einen Rückgang von über 8 Prozent erleiden musste, ist für die Schweiz bisher einmalig.

Nachholkonsum im Sommer

Fast so rasant wie der Einbruch war dann aber auch die Erholung im dritten Quartal. Die Wiederöffnung der Wirtschaft ab Mai führte zu einem Nachholkonsum bei Herrn und Frau Schweizer im grossen Stil. Viele Restaurants, Kinos, Theater oder Sportstätten waren plötzlich wieder rappelvoll.

Und die Tourismuskantone profitierten davon, dass Schweizerinnen und Schweizer ihre Sommerferien zuhause verbrachten und damit die fehlenden ausländischen Gäste vergessen liessen. Und nicht zuletzt erhielt auch die Industrie schnell wieder Schub, da sich der internationale Handel schnell wieder normalisierte und viele, vor allem asiatische Länder sich sehr schnell erholten.

Das Wachstum des BIP im dritten Quartal betrug denn auch horrende 7,2 Prozent. Das Gastgewerbe setzte im Vorquartalsvergleich gar um über 70 Prozent mehr um, und auch die Unterhaltungsbranche kam auf ein Plus von über 60 Prozent. Der private Konsum insgesamt legte um 12 Prozent zu, aber auch Exporte oder Investitionen hatten hohe Wachstumsraten.

Aufs Gesamtjahr Minus von 3 bis 3,5 Prozent erwartet

Das alles führte dazu, dass die Schweizer Wirtschaft im vergangenen Jahr zwar rekordverdächtig eingebrochen ist, aber doch nicht ganz so stark wie es Ökonomen noch im Frühsommer prognostiziert hatten. Damals wurden die Prognosen zum Teil fast wöchentlich gesenkt, und die grössten Schwarzmaler gingen von einem BIP-Rückgang von bis zu 10 Prozent aus.

Die genauen Zahlen bzw. die Werte für das vierte Quartal werden zwar erst Ende Februar bekannt, erwartet wird aber von den meisten professionellen Beobachtern für das Gesamtjahr ein Minus im Bereich von 3 bis 3,5 Prozent. Das wäre aber auch so der grösste Einbruch seit 1975, als die Schweizer Wirtschaft als Folge der internationalen Ölkrise gar einen Einbruch um 6,7 Prozent erlitten hatte.

Wie schnell sich die Wirtschaft dieses Jahr erholen wird, dürfte derweil vor allem vom Fortgang der Pandemie und der Entwicklung an der Impfstoff-Front abhängen.

(sda/gku)