Das Wachstum der US-Wirtschaft hat sich im ersten Quartal angesichts der aggressiven Zinserhöhungen der Notenbank Fed mehr als halbiert. Das Bruttoinlandsprodukt legte von Januar bis März auf das Jahr hochgerechnet nur noch um 1,1 Prozent zu, weil Häusermarkt und Investitionen schwächelten, wie das Handelsministerium am Donnerstag in Washington mitteilte.
Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten mit einem Plus von 2,0 Prozent gerechnet. Im vierten Quartal 2022 reichte es noch zu einem Wachstum von 2,6 Prozent. «Den Zins- und Energiepreisanstieg bekommen auch in den USA die privaten Haushalte und Unternehmen zu spüren», erklärte NordLB-Analyst Bernd Krampen die nachlassende Konjunkturdynamik. Für die zweite Jahreshälfte wird eine Rezession von vielen Experten nicht ausgeschlossen.
Positiv überrascht haben zu Jahresbeginn die privaten Konsumausgaben, die trotz der hartnäckig hohen Inflation mit 3,7 Prozent deutlich zulegten. «Dabei profitierten die Haushalte von dem weiterhin starken Arbeitsmarkt sowie Sondereffekten wie der Rentenerhöhung und der Entlastung bei der Einkommensteuer», sagte Commerzbank-Volkswirt Christoph Balz. Die Exporte wuchsen sogar um 4,8 Prozent. Dafür legten die Investitionen der Unternehmen mit 0,7 Prozent nur noch schwach zu, während der Wohnungsbau erneut schrumpfte. Hier machten sich die höheren Zinskosten bemerkbar.
Ein besseres Ergebnis im ersten Quartal wurde zudem dadurch verhindert, dass die Unternehmen ihre Lager weniger stark auffüllten: Dieser Effekt bremste das Wirtschaftswachstum um kräftige 2,3 Prozentpunkte.
Kommt die Rezession?
Der weltgrössten Volkswirtschaft bleibt eine Rezession bislang erspart. Allerdings hat sich das Umfeld stark eingetrübt. So haben die Banken ihre Bedingungen für die Kreditvergabe nach den jüngsten Turbulenzen an den Finanzmärkten infolge der Pleite der Silicon Valley Bank verschärft. Das erhöht im Zusammenspiel mit den starken Zinserhöhungen der Notenbank Fed die Gefahr eines Abschwungs in der zweiten Jahreshälfte. Sie hat ihren Leitzins seit März 2022 von nahezu null auf aktuell 4,75 bis 5,00 Prozent angehoben, was Kredite teurer macht. «Die Unruhe im Bankensektor wird das Kreditangebot voraussichtlich zusätzlich dämpfen», erwartet KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib. «Somit ist mit einer weiteren Abkühlung der US-Konjunktur zu rechnen.»
Die Belastungen dürften auch für den privaten Konsum noch zunehmen, sagte Ökonom Bastian Hepperle von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank AG. «Für die kommenden Monate sieht es für die Konjunktur daher wenig freundlich aus.» Die restriktive Geldpolitik und strengere Kreditvergabebedingungen dürften immer nachteiliger wirken. «Die Signale stehen weiter auf Rezession, allerdings in milder Form», sagte Hepperle.
US-Wachstumszahlen werden annualisiert, also auf das Jahr hochgerechnet. Sie geben damit an, wie stark die Wirtschaft wachsen würde, wenn das aktuelle Tempo vier Quartale anhielte.
In Europa wird auf diese Vorgehensweise verzichtet, weshalb die Wachstumszahlen nicht direkt miteinander vergleichbar sind. Um auf eine mit Europa vergleichbare Wachstumsrate zu kommen, müsste man die US-Rate durch vier teilen.
(reuters/awp/mth)