Die «Handelszeitung» stellt die Immobilienwirtschaft ins Schaufenster: Jeden Freitag kommen spannende Persönlichkeiten aus der Branche zu Wort und schildern ihre Sicht auf den Markt. Diese Woche lesen Sie die Einschätzungen von David Hauptmann und Daniela Doychinova, dem Leitungs-Team der Immobiliengesellschaft Nobilis Estate mit Büros in Zug, Zürich und Fürstenau GR.
Sie bieten unter anderem Ferienimmobilien an. Welche Länder sind bei den Käuferinnen und Käufern beliebt?
Daniela Doychinova: Als Ferienregion ist in der Schweiz natürlich das Tessin im doppelten Wortsinne naheliegend. Dort bieten wir regelmässig spektakuläre Liegenschaften an.
Aber auch die angrenzenden Regionen Norditaliens und speziell die Toskana sind lebenswert und beliebt.
Als Klassiker unter den Ferienregionen schätze ich Spanien sehr, einschliesslich der Balearischen Inseln. Das Land ist von atemberaubender Schönheit, grenzt im Norden und Süden ans Meer, im Osten und Westen an Gebirge, hat einen vergleichsweise hohen Lebensstandard und hat sich gesellschaftlich als sehr stabil erwiesen.
Und welcher ausländischer Markt ist attraktiv, wird aber wenig beachtet – und kann folglich als Geheimtipp gelten?
Daniela Doychinova: Wirkliche Geheimtipps gibt es kaum, da sich diese im Zeitalter von Internet und Social Media nur schwer geheim halten lassen.
Wer bereit ist, Abstriche bei der Infrastruktur und den Lebensverhältnissen zu machen, findet selbst in den erwähnten Ländern noch Gegenden, in denen die Preise nicht so hoch sind, beispielsweise in den italienischen Gebirgsregionen (Apennin und Seealpen) oder in Spanien ausserhalb der klassischen Touristengebiete.
Dies sind aber auch Gegenden, die wirtschaftlich nicht so gut dastehen und verkehrsmässig nicht gut angeschlossen sind.
In unserem Portfolio bieten wir vor allem Liegenschaften in Gebieten mit guter Infrastruktur und hohem Lebensstandard an – leider ist es dort so gut wie unmöglich, Schnäppchen zu machen.
Die Zinsen steigen. Was sind die wichtigsten Folgen auf dem Immobilienmarkt?
David Hauptmann: Durch die steigenden Zinsen wird die Finanzierung von Wohneigentum für bestimmte Käufergruppen teurer und dadurch weniger erschwinglich. Gleichzeitig wird wieder mehr Geld in verzinste Anlagen fliessen und vom Immoblienmarkt abgezogen.
Voraussichtlich wird sich in den nächsten eins bis zwei Jahren der Markt dadurch im mittleren und unterem Segment ein wenig abkühlen.
Ich erwarte nur wenig Auswirkung auf das Premiumsegment, da es sich hier um Kunden handelt, denen eine Finanzierung wenig Probleme bereitet.
Es wird in Zukunft nicht ganz so rasant gehen, bis eine Liegenschaft verkauft ist. Aber nebenbei bemerkt: die Schweiz hat sich in Krisenzeiten immer als sicherer Hafen bewährt.
Wie lauten Ihre wichtigsten Tipps für Verkäuferinnen und Verkäufer?
David Hauptmann: Die Zusammenarbeit mit einem weltweit vernetzten Immobilienmakler ist zu empfehlen. Wenn die Liegenschaft zu einem möglichst guten Preis verkauft werden soll, erweitert man so die Zielgruppe sogar international. Nobilis ist Mitglied des Netzwerks «Leading Real Estate Companies of the World», wodurch wir weltweit werben können.
«Es wird in Zukunft nicht ganz so rasant gehen, bis eine Liegenschaft verkauft ist», sagt Nobilis-Estate-Gründer David Hauptmann.
Und was raten Sie Personen, die Wohneigentum erwerben möchten?
Daniela Doychinova: Auch hier hilft der richtige Makler an Ihrer Seite. Ein erfahrener Immobilienmakler kennt den Markt am besten und berät Sie kompetent. Der Erwerb von Wohneigentum ist ein «Bewusstwerdungsprozess», der von rationalen – beziehungsweise bewussten – aber auch unbewussten, «gefühlsmässigen» Komponenten beeinflusst wird.
Es ist sicher hilfreich, eine Wunschliste anzulegen, die nach Wichtigkeit der Anforderungen geordnet ist. Andererseits hilft es nichts, wenn die Liegenschaft zwar viele Anforderungen erfüllt, es sich aber nicht «richtig anfühlt».
Es wird immer ein paar Punkte geben, bei denen man Kompromisse eingehen muss, sei es bei der Lage, der Grösse oder bei der Ausstattung. Denn die ideale «Liebenschaft» gibt es nicht – aber vielleicht eine Liegenschaft, die dem Ideal sehr nahekommt.
Bauen auf der grünen Wiese wird immer schwieriger, die Raumplanung setzt immer höhere Schranken. Welche Fehler passieren beim Verdichten am häufigsten?
David Hauptmann: Ich bin in dieser Frage selbst zwiegespalten. Auf der einen Seite verstehe ich, dass die zunehmende Zersiedelung unserer Landschaft und Natur unterbunden werden sollte und die Nachverdichtung vorhandener Quartiere dafür ein geeignetes Mittel sein kann.
Aber ich kann auch die Bedenken der anderen Seite, der Immobilienbesitzer und Investoren, nachvollziehen. Im Premiumsegment will man keine Baustelle und Nachbarn direkt vor dem Fenster haben.
Ein Villenquartier verträgt nur ein gewisses Mass an Dichte, sonst ist es kein Villenviertel mehr. Hier kommen auch Aspekte des Ensembleschutzes und der Denkmalpflege ins Spiel.
Ausserdem muss weiterhin Wohnraum geschaffen werden, um die hohe Nachfrage erfüllen zu können. Das kann wahrscheinlich nicht ausschliesslich über Nachverdichtung geschehen, sondern auch durch Ausweisung neuer Baugrundstücke.
Gute Architektur hat einen ästhetischen Wert. Schafft sie auch einen finanziellen Mehrwert? Anders gefragt: Rechnet es sich für Investorinnen und Investoren, viel Geld für gute Architektur auszugeben?
Daniela Doychinova: Wir sind davon überzeugt, dass es sich langfristig rechnet. Da über die Jahre doch viele historische Gebäude, die nicht als wertvoll eingeschätzt werden oder in schlechtem Zustand sind, abgerissen werden, werden gut erhaltene historische Bauten tendenziell immer seltener.
Gleichzeitig steigt das Bewusstsein für das Aussergewöhnliche, sodass einzigartige historische Bauwerke zunehmend gesucht werden. Auch das Verständnis für Bauten, deren stilistische Eigenarten und historische Details durch Auflagen der Denkmalpflege besonders geschützt sind, wächst mehr und mehr.
David Hauptmann: Eine Liegenschaft ist eben nicht nur Renditeobjekt, sondern auch Kulturgut, Lebensmittelpunkt und Sehnsuchtsort – eben eine «Liebenschaft». Historische Bauten erfüllen Funktionen – stellen also Wohnraum zur Verfügung, wie andere Liegenschaften auch. Aber gleichzeitig bewohnt man ein Haus, das es so kein zweites Mal gibt.
Historische Bauten sind zunehmend gefragt, weil sich die Erkenntnis durchsetzt, dass sie Alleinstellungsmerkmale haben, die neuere Häuser meist nicht haben – sie sind eben alles ausser gewöhnlich.
Sie verkaufen häufig historische Gebäude. Welche Art von geschichtsträchtigen Bauten sind besonders gefragt?
David Hauptmann: Klassische historische Villen, zum Beispiel aus der Belle Epoque, entsprechen immer noch der Idealvorstellung eines exklusiven Wohnsitzes und erfreuen sich national und international grosser Nachfrage.
Eine solche Villa liegt als Einzelhaus inmitten eines parkartigen Umschwungs, sodass die Privatsphäre perfekt gewahrt bleibt. Die Villa ist gross genug, um zahlreiche grosszügige Räume zu beherbergen, die flexibel genutzt werden können.
Ansonsten gibt es aber nicht einen bevorzugten historischen Bautyp – es hängt immer vom Einzelobjekt ab, von der Einzigartigkeit, vom Erhaltungszustand und der Lage.
Können Sie uns einige Objekte beschreiben?
David Hauptmann: Die Palette reicht von exklusiven historischen Villen, über Eigentumswohnungen im mittelalterlichen Patrizierhaus für Paare oder eine Familie, Loftwohnungen in umgenutzten Industriehallen aus den 1920er Jahren für stilbewusste Singles bis hin zum barocken Schlossensemble als Familien- und Firmensitz.
Der historische Bau muss gleichzeitig flexibel nutzbar und in gutem Zustand sein. In der Schweiz wird zum Glück altes und historisches meist gepflegt und instandgehalten, sodass man oft bereits sanierte und gut erhaltene Objekte kaufen kann.
Sind Objekte, die unter Denkmalschutz stehen, schwieriger zu verkaufen?
David Hauptmann: Ich möchte mit den Vorurteilen aufräumen, die dem Denkmalschutz entgegengebracht werden – denkmalgeschützte Bauten seien zu teuer beim Renovieren, aufwendig im Unterhalt und der Denkmalschutz würde den Gestaltungsspielraum einschränken.
Dabei wird vergessen, dass es auch beim Erwerb von nicht geschützten Bauten und beim Neubau Überraschungen geben kann. Viel wichtiger: Man gewinnt sehr viel an Lebensqualität, wenn man eine denkmalgeschützte Liegenschaft sein Eigen nennt.
Meist lässt es sich mit den Vertreterinnen und Vertretern des Denkmalschutzes gut verhandeln, denn sie sind froh, dass sich ein engagierter Eigentümer gefunden hat
David Hauptmann und Daniela Doychinova beantworteten die Fragen schriftlich.