Der Ex-Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB), Philipp Hildebrand, sieht die aktuelle Wirtschaftskrise als nicht so gravierend an, wie die jüngste Finanzkrise im Jahr 2008. Er glaubt zudem nicht, dass Unternehmen ihre Arbeitsweise grundlegend ändern werden.
«Während der Finanzkrise machte der kumulierte Verlust der Wirtschaftstätigkeit in den Vereinigten Staaten im folgenden Jahrzehnt rund 50 Prozent des Bruttoinlandproduktes BIP des Jahres 2008 aus», sagte er in einem Interview, das am Montag von der Zeitung «Le Temps» veröffentlicht wurde. In Europa seien es bei dem Wert rund 120 Prozent des 2008er BIP gewesen. Während der Covid-19-Krise sollte diese Kennzahl deutlich niedriger sein, betonte Hildebrand.
Für ihn seien aber zwei Bedingungen notwendig, damit die Wirtschaft wieder durchstartet. «Die erste besteht darin, eine zweite Welle der Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern», sagte er. Als zweite Bedingung sei zu verhindern, dass die aktuelle Krise zu einer Bankenkrise werde, hiess es. Dank der Lehren aus der Finanzkrise und den neuen Vorschriften sei «das Finanzwesen heute in einer viel besseren Position als 2008», sagte er zudem.
«Just in case» statt «just in time»
Die Globalisierung werde zudem weitergehen. Der derzeitige Vizepräsident des amerikanischen Finanzkonglomerats BlackRock, ein weltweit führender Vermögensverwalter, glaubt nicht, dass die Pandemie die Arbeitsweise von Unternehmen gross verändern werde. «Die Globalisierung wird anders sein. Aber sie wird nicht verschwinden», sagte er.
Viele Unternehmen hätten sich aber zu sehr auf die Effizienz und Gewinnmaximierung konzentriert, sagte er. «Die Kosten eines übermässig effizienten Systems sind im Falle eines Unfalls zu hoch», kommentierte er. Von «just in time» werde es künftig wahrscheinlich zu einem System «just in case» übergehen. Viele Gegebenheiten, wie Rechenzentren in Indien oder die Abhängigkeit von chinesischen Zulieferern, würden künftig hinterfragt.
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(sda/gku)