Die Verkaufspreise im deutschen Grosshandel sind im November in Rekordtempo gestiegen. Wegen teurer Rohstoffe und Vorprodukte lagen sie um 16,6 Prozent höher als ein Jahr zuvor, teilte das Statistische Bundesamt am Montag mit.

Das ist der kräftigste Anstieg seit Beginn der Datenerhebung im Jahr 1962. Damit beschleunigte sich der Preisauftrieb erneut deutlich: Im Oktober hatte die Teuerungsrate noch bei 15,2 und im September bei 13,2 Prozent gelegen.

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Die Entwicklung gilt als Indikator für zukünftige Inflationstendenzen, da der Grosshandel das Scharnier zwischen Herstellern und Endkunden darstellt. Deutschlands Inflationsrate liegt aktuell mit 5,2 Prozent so hoch wie seit fast 30 Jahren nicht mehr. Die «Wirtschaftsweisen» erwarten in ihrem Jahresgutachten für die Bundesregierung in Berlin für 2021 eine durchschnittliche Inflationsrate von 3,1 Prozent. Sie soll 2022 auf 2,6 Prozent fallen.

Aus der Politik werden Forderungen an die Europäische Zentralbank (EZB) laut, angesichts der starken Teuerung gegenzusteuern. «Grosshandelspreise explodieren», twitterte der Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler, ein Parteifreund es neuen Bundesfinanzministers Christian Lindner von der FDP. «Die EZB muss endlich eine Kurskorrektur ihrer lockeren Geldpolitik einleiten.»

EZB-Rat tagt am Donnerstag

Angesichts rasch steigender Preise könnten die Währungshüter die mit Ausbruch der Corona-Pandemie eingeleitete grosse Geldflut allmählich eindämmen. Für die Zinssitzung an diesem Donnerstag ist ein Beschluss des EZB-Rats zu erwarten, das als Kriseninstrument geschaffene Anleihenprogramm namens PEPP nach gut zwei Jahren ab April 2022 abzuschalten. Diese Liquiditätsschleuder mit einem Gesamtumfang von 1,85 Billionen Euro hat Wirtschaft und Finanzmärkte nach dem beispiellosen Pandemieschock über Wasser gehalten.

Zu den stärksten Preistreibern im Grosshandel zählten im November einmal mehr die Mineralölerzeugnisse. Sie kosteten durchschnittlich 62,4 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Altmaterialien und Reststoffe verteuerten sich gar um 77,4 Prozent, Erze, Metalle und Vorprodukte aus Metall um 60,3 Prozent. Erheblich gestiegen sind auch die Preise für Roh- und Schnittholz (plus 41,1 Prozent) sowie für Getreide, Rohtabak, Saatgut und Futtermittel (plus 30,3 Prozent).

Wegen der raschen Erholung der Weltkonjunktur von der Corona-Rezession steigen derzeit die Preise für viele Produkte rasant. Besonders die weltgrössten Volkswirtschaften USA und China wachsen in diesem Jahr recht stark, zumal dort grosse Konjunkturprogramme aufgelegt wurden. Dadurch kommt es zu globalen Engpässen, die zu steigenden Preisen führen.

Hinzu kommen gestörte Lieferketten, etwa durch Corona-Ausbrüche in China, wo die Behörden wegen eines einzigen entdeckten Falls schon mal ganze Fabriken und Häfen schliessen.

(AWP, rap)