Der amerikanische Hedge-Fund-Titan Ray Dalio sagt schon seit einiger Zeit voraus, dass die Notenbanken immer schwächer werden: Ihre Versuche, die Märkte und die Gesamtwirtschaft zu stimulieren, verlieren mehr und mehr an Wirkung. Dies könnte uns in eine brenzlige Lage bringen.
Der Chef von Bridgewater, dem weltgrössten Hedge Fund, führte sein düsteres Zukunftsbild nun an der Future Investment Initiative in Saudi-Arabien weiter aus. Die Weltwirtschaft werde nun durch eine explosive Mischung bedroht. Erstens: die Geldpolitik der Zentralbanken werde ineffektiv – das billige Geld entfaltet je länger, je weniger Wirkung in der Realwirtschaft. Zweitens: der Graben zwischen Arm und Reich verbreitert sich. Und hinzu kommt nun – drittens – der Klimawandel.
Dieser Mix werde in den nächsten Jahren zu einer beängstigenden Situation führen, so Dalio in Riad. «Die technologische Entwicklung, der Einsatz von Künstlicher Intelligenz und eine steigende Produktivität wird auch die Vermögensungleichheit deutlich erhöhen, den Graben bei den Jobs, den Reichtum zwischen den Staaten und die Konflikte innerhalb», so Dalio.
Schwieriges Jahr
Dalio baute seinen Ruf und sein Vermögen darauf, die Märkte unter einer sehr langen, historisch geprägten Perspektive zu betrachten. Das bereitete ihm zuletzt allerdings auch Probleme: Der wichtigste Bridgewater-Fonds büsste im laufenden Jahr knapp 5 Prozent des Wertes ein (nachdem er im Vorjahr mit einem Netto-Plus von knapp 15 Prozent noch zu den erfolgreichsten grossen Hedge Funds gehört hatte). Ein Grund der jüngsten Schwäche lag eben in der vorsichtig-pessimistischen Grundhaltung, die von den Märkten trotz weltweit schwächerer Konjunkturdaten bislang nicht geteilt wird.
Dalio hatte schon vor wenigen Tagen, beim IWF-Treffen in Washington, düster bemerkt, dass sich die Weltwirtschaft in einem «grossen Durchhänger» befinde: «a great sag». Und dabei sei es nun zu spät, als dass die Zentralbanken gegen einen Abschwung noch viel unternehmen könnten. Mehr Geld und tiefere Zinsen würden jetzt kaum mehr stimulieren.
1. Die Grundlage: Die Wirtschaft durchläuft längere Phasen, in denen gewisse Erfahrungen und Regelsysteme herrschen – Paradigmen. Aber solche Phasen kommen an ein Ende.
Stand jetzt: Seit der Finanzkrise 2008 und der Euro-Krise gilt: Die Notenbanken arbeiten daran, mit tiefen Zinsen und Quantitative-Easing-Programmen sowohl die Finanzmärkte als auch die Gesamtwirtschaft dauerzubeleben.
2. Die Prognose: Das kann nicht ewig so weitergehen. Denn das billige Geld wirkt in der Realwirtschaft immer weniger; und die Verschuldung erreicht Rekordwerte. Der Wind wird drehen, sobald mehr Anleger einsehen, dass sie mit Obligationen und Staatsanleihen de facto Geld verlieren; und sobald zugleich grössere Schuldensummen zur Umschichtung anstehen.
3. Die Folgen: Wenn der Trend bricht, werden sich Steuererhöhungen, Währungsabwertungen und noch höhere Staatsdefizite kaum vermeiden lassen. Es wird zu intensiven Konflikten kommen.
4. Der Preis: In dieser Lage wird man kaum noch die Möglichkeit haben, sein Vermögen bar oder in Staatsanleihen zu horten. Denn jeder muss damit rechnen, dass sein Geld am Ende wertloser ist.
5. Die Alternative: Als Anlagemöglichkeit bleibt Gold. Es gewinnt traditionell an Wert, wenn es mehr Kämpfe gibt auf der Welt und wenn die Währungen unsicher werden.
6. Der Zeitpunkt: Der paradigm shift sei «pretty close», sagt Ray Dalio.Ohne sich aber genauer festzulegen.
Ray Dalio, geboren 1949, ist Gründer der Investmentgesellschaft Bridgewater Associates. Er gehört seit Jahrzehnten zu den erfolgreichsten Geld-Managern, Bridgewater ist – je nach Ranking – auch der grösste Hedge-Funds der Welt. Dalio lag unter anderem bei seinen Prognosen zur letzten Finanzkrise richtig, er reiste 2007 selber nach Washington, um die Entscheidungsträger in Finanzministerium und Weissem Haus zu warnen – ohne Erfolg. Mit einem Vermögen von 19 Milliarden Dollar («Forbes»-Ranking 2019) zählt er zu den reichsten Amerikanern.
(rap – «Bloomberg», mit Material von CNBC)