An der grössten Anti-AKW-Kundgebung seit 25 Jahren haben rund 20'000 Personen am Sonntag im Kanton Aargau gegen die Atomenergie demonstriert. Der von der Gruppe "Menschenstrom gegen Atom" organisierte Protestmarsch verlief friedlich.

Die Organisatoren, ein Zusammenschluss von 150 linken und ökologischen Gruppierungen, und die Aargauer Kantonspolizei machten gleichlautende Angaben zur Zahl der Demonstrierenden. Die Gruppe "Menschenstrom gegen Atom" hatte mit 10'000 Personen gerechnet.

Der Protestmarsch ist damit die grösste Kundgebung gegen die Atomenergie seit 25 Jahren. Im Nachgang zur Katastrophe in Tschernobyl hatten 1986 in der Schweiz rund 30'000 Menschen an einer Kundgebung teilgenommen.

Der Aufmarsch sei "grossartig", sagte Leo Scherer, vom Organisationskomitee. "Das ist wirklich mehr als wir erwartet haben." Die 20'000 Personen seien jedoch "nur die Spitze des Eisberges". Sie zeigten, dass ein breiter Teil der Bevölkerung keine AKW mehr wolle, sagte Scherer gegenüber der Nachrichtenagentur SDA.

Jung und Alt an Protestmarsch

Die Demonstranten forderten an der bunten Kundgebung den Ausstieg aus der Atomenergie. In der Schweiz dürften keine neuen AKW gebaut werden. Stattdessen sollten erneuerbare Energien gefördert werden. Die älteren AKW Mühleberg BE und Beznau AG müssten vom Netz genommen werden.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Unter den Teilnehmenden am Protestmarsch befanden sich viele junge Menschen und Familien, aber auch ältere AKW-Gegner. Sie waren am Morgen in Sonderzügen und -bussen zur Demonstration aus der ganzen Schweiz und dem benachbarten Ausland in die Region des AKW Beznau im Ostaargau gereist.

"Die Zukunft ist erneuerbar", "AKW, Nein Danke" oder "AKW Stopp" - diese Slogans standen auf den zahlreich mitgeführten Transparenten. Politische Parteien wie SP und Grüne verteilten Fahnen und sammelten Unterschriften für eine Volksinitiative zum Atomausstieg.

Stimmung wie an Openair

An der Abschlusskundgebung auf einer grossen Wiese in Kleindöttingen herrschte am Nachmittag eine friedliche Stimmung wie an einem Volksfest oder an einem Openair.

Fukushima sei und werde noch für Jahrzehnte eine "menschliche Tragödie sondergleichen" bleiben, sagte Cédric Wermuth, Vizepräsident der SP Schweiz. Deshalb sei es wichtig, dass heute die politischen Konsequenzen aus "einem der grössten Skandale der Menschheitsgeschichte" gezogen würden.

Nationalrat Geri Müller (Grüne/AG) bezeichnete die Beznauer Atomreaktoren als "Schrottkraftwerke".
Unter den Rednern waren auch Veteranen der Anti-AKW-Bewegung wie der Kabarettist Franz Hohler. Er zeigte sich "berührt" wegen des grossen Aufmarsches, wie er der Nachrichtenagentur SDA sagte. "Ich hoffe, dass es nicht zu rasch wieder verfliegt."

Polizei lobt Organisatoren

Der Kommandant der Aargauer Kantonspolizei, Stephan Reinhardt, zog eine erste positive Bilanz. Die Kundgebung sei absolut friedlich verlaufen. Reinhardt lobte die Organisatoren. Die Polizei stand mit einem Grossausgebot im Einsatz.

Nach Angaben der SBB seien bis zu 13'000 Demonstranten mit dem Zug angereist, sagte Reinhardt. Zusammen mit den individuell Angereisten hätten bis zu 20'000 Menschen an der Kundgebung teilgenommen.

(rcv/sda)