Gratisversicherung für Kinder, einkommensabhängige Prämien, weniger öffentliche Spitäler: Zu diesen und weiteren Reformvorschlägen für das Gesundheitssystem hat eine Umfrage dem Volk den Puls gefühlt. Überraschend viel Zustimmung erhielt eine Einheitskrankenkasse.

Noch im September 2014 sah das Bild ganz anders aus: Damals hatte das Schweizer Stimmvolk die Initiative «für eine öffentliche Krankenkasse« mit 61,9 Prozent Nein-Stimmen deutlich verworfen. Laut der Umfrage des Instituts M.I.S Trend und der Zeitung «Le Temps«, aus der am Mittwoch mehrere Medien zitierten, sprechen sich 67 Prozent der Befragten für eine Einheitskasse für die Grundversicherung aus – 28 Prozent sind dagegen.

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Deckelung des Haushaltseinkommens

Zu über einem Dutzend möglicher Massnahmen zur Reform des Gesundheitssystems haben die Meinungsforscher die Haltung der Bevölkerung erfragt. Je 62 Prozent der Befragten fanden zwei weitere Ideen sehr oder ziemlich interessant: Die Deckelung der Ausgaben für Prämien bei 10 Prozent des Haushaltseinkommens und die Einführung einkommensabhängiger Prämien.

Jeweils eine Mehrheit zeigte sich offen, Kinder von Krankenkassenprämien zu befreien (55 Prozent) oder Menschen mit ungesundem Lebenswandel mit höheren Prämien zu belegen (60 Prozent).

Skepsis gegenüber folgenden Vorschlägen

Mehrheitlich skeptisch waren die Befragen gegenüber folgenden Vorschlägen: Höhere Maximalfranchisen, höhere Prämien für physisch wenig aktive Personen, leistungsgebundene Pauschalerstattungen, die Reduktion der öffentlichen Spitäler, einen schmaleren Leistungskatalog der Grundversicherung, Reduktion der Leistungen an öffentlichen Spitälern auf unentbehrliche Behandlungen, die Aufhebung der freien Arztwahl, Subventionskürzungen für öffentliche Spitäler, Kürzungen bei zu teuren Behandlungen sowie eine Alterslimite für gewisse Behandlungen.

Parallel zur Bevölkerung wurden 348 Meinungsführer aus Politik und Wirtschaft befragt. Einig sind sich die beiden Gruppen nur bei einem Vorschlag: Jenem der höheren Prämien für Menschen mit ungesundem Lebenswandel. Am grössten sind die Differenzen bei der Einheitskrankenkasse, den einkommensabhängigen Prämien und der Prämiendeckelung, welche die Führungskräfte ablehnen. Im Gegenzug findet sich bei ihnen die grösste Zustimmung für die Konzentration öffentlicher Spitäler.

Verantwortung unterschiedlich verteilt

Auseinander gehen auch die Meinungen darüber, wer Schuld trägt an den stetig anwachsenden Gesundheitskosten im Lande. Während die Bevölkerung den schwarzen Peter in erster Linie der Pharmaindustrie, dann den Krankenkassen und an dritter Stelle der Alterung der Gesundheit zuschiebt, nennen die Meinungsführer die Alterung, die Fortschritte der Medizin und die Pharmaindustrie sowie das Spitalsystem als Hauptkostentreiber.

Beim Preis-Leistungs-Verhältnis des Gesundheitswesens stellen in beiden Gruppen über 70 Prozent der Befragten dem Schweizer System ein positives Zeugnis aus.

Die Umfrage wurde vom 13. bis 18. März 2017 bei 1282 Personen aus der Deutschschweiz, der Romandie und dem Tessin durchgeführt, was gemäss der Studie repräsentativ für die Schweizer Bevölkerung ist. Die über 18-jährigen Personen wurden per Internet befragt. Zudem wurden Stimmen von 348 Meinungsführern eingeholt. Die Fehlerquote liegt für die Deutschschweiz und die Romandie bei +/- 4 Prozent und für das Tessin bei +/- 7 Prozent.

(sda/me)